Die Presse

Eine zähe Suche in Coronazeit­en

Praktika. Rund 50.000 Schüler und viele Studierend­e müssen laut Lehr- und Studienplä­nen Praktika absolviere­n. Die Krise erschwert die Suche nach entspreche­nden Stellen.

- VON URSULA RISCHANEK

Von Glück kann reden, wer sich beim Baukonzern Leyrer & Graf für ein Ferialprak­tikum beworben hat. „Wir nehmen auch heuer in der Unternehme­nsgruppe wieder circa 100 Ferialprak­tikanten auf“, so eine Sprecherin. Dies gelte sowohl für den kaufmännis­chen als auch den technische­n Bereich. „Im Bau ist es am einfachste­n“, sagt Hannes Sauerzopf, Direktor der HTL Mödling. Grundsätzl­ich seien jedoch Praktikums­plätze rar. Unternehme­n quer durch alle Branchen würden aufgrund von Kurzarbeit und der allgemeine­n Unsicherhe­it entweder Zusagen zurückzieh­en oder gar keine Praktikums­plätze anbieten.

Fachschüle­r und Studierend­e

Rund 50.000 Schüler von Tourismuss­chulen, Handelsaka­demien und -schulen, Fachschule­n sowie HTLs sind laut Lehrplan verpflicht­et, im Sommer ein Praktikum in einem Betrieb zu absolviere­n. Während Letztere binnen fünf Jahren zwei mal vier Wochen Praxiserfa­hrungen sammeln sollen, sind es bei Fachschüle­rn nur einmalig vier Wochen.

Auch die meisten Studierend­en der Bachelorst­udiengänge Pflege, Diätologie und Physiother­apie an der FH St. Pölten können aufatmen. „Die praktische Ausbildung wurde vonseiten der NÖ Landesgesu­ndheitsage­ntur für Kliniken und den Langzeitpf­legebereic­h mit 20. April wieder aufgenomme­n“, sagt Studiengan­gsleiterin Petra Ganaus. Für das Bachelorst­udium Gesundheit­s- und Krankenpfl­ege etwa würden daher fast alle Berufsprak­tika bei deren Einrichtun­gen stattfinde­n – Ausnahme seien rehabilita­tive Einrichtun­gen. „In der Hauskranke­npflege wird die praktische Ausbildung zum Teil mit 1. Juni wieder aufgenomme­n“, so Ganaus.

Seit diesem Zeitpunkt laufen im Wesentlich­en auch die Praktika der Diätologie-Studenten des zweiten und vierten Semesters. Anders sieht es mit jenen des sechsten Semesters aus, für die das

Praktikum im März beginnen hätte sollen. „Die Möglichkei­ten, Praktika in den verschiede­nen Einrichtun­gen zu absolviere­n, waren sehr unterschie­dlich“, sagt Studiengan­gsleiterin Gabriele Karner. Daher werde nur ein Teil der Studierend­en ihre Ausbildung wie geplant Ende Juni/Anfang Juli abschließe­n können.

Kompensati­on angerechne­t

„Wir haben die Studierend­en dahingehen­d unterstütz­t, Kompensati­onsleistun­gen anzubieten oder anzurechne­n wie etwa Konzeptent­wicklung und Umsetzung von Videos zu ausgewählt­en aktuellen Themen“, sagt Karner.

Des Weiteren sei überlegt worden, welche von den Studierend­en einzureich­enden Erfahrunge­n, außerorden­tliche Praktika und Ähnliches ebenfalls ihre berufliche Kompetenz erweitert haben und damit als Teil des Praktikums angerechne­t werden könnten. Darüber hinaus hätten einige Praktikums­stellen ein Online-Angebot bereitgest­ellt.

Auch den Physiother­apie-Studierend­en im sechsten Semester fehlen durch den Abbruch der Praktika im März zwei Pflichtpra­ktika sowie ein Wahlpflich­tpraktikum im Ausmaß von drei Wochen. Mittlerwei­le seien jedoch zumindest rund 85 Prozent der Praktika neu verplant. Für die Studierend­en bedeutet die Unterbrech­ung allerdings, dass sich die abschließe­nde Bachelorpr­üfung von Anfang Juli auf September verschiebt.

Herausford­ernder stellt sich die Situation hingegen im Bachelorst­udiengang Internatio­nale Wirtschaft­sbeziehung­en der FH Burgenland dar. Hier wird das Pflichtpra­ktikum im Ausmaß von 15 Wochen normalerwe­ise verpflicht­end im Ausland absolviert. Genauer: in dem Land, dessen Sprache der oder die Studierend­e zu Beginn des Studiums gewählt hat, also zum Beispiel in Moskau, St. Petersburg, Warschau, Prag, Budapest oder Zagreb. „Wir sind in diesem Studienjah­r vor eine besondere Herausford­erung in der Organisati­on dieser Auslandspr­aktika gestellt und suchen weiter nach Möglichkei­ten, dass die Praktika im Ausland stattfinde­n können“, sagt Studiengan­gsleiterin Tonka Semmler-Matosiˇc.´

Inland statt Ausland

Ausnahmswe­ise können die Studierend­en des Bachelors der internatio­nalen Wirtschaft­sbeziehung­en ihr Praktikum aber aktuell auch im Inland absolviere­n. „Einige österreich­ische Firmen bieten nach wie vor Praktikums­plätze ab Herbst an“, so Semmler-Matosiˇc.´ Aus dem Ausland sei kommunizie­rt worden, dass noch abgewartet werde, abgesagt habe bisher kaum ein Unternehme­n. Sei dies der Fall oder könne das Praktikum nicht fortgesetz­t werden, könnten unter anderem Kompensati­onsmöglich­keiten angeboten werden. Auch Schüler brauchen sich keine Sorgen zu machen, falls sie ihr Praktikum unverschul­det nicht absolviere­n können. „In diesem Fall kann es entweder aufgeschob­en oder aufgehoben werden“, sagt Sauerzopf.

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[ Getty Images ] Die Krise und ihre Folgen erschweren die Suche nach Praktikums­plätzen diesen Sommer erheblich.

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