Die Presse

Weniger Mehrwertst­euer auf Essen, Trinken und Kultur

Krisenbewä­ltigung. Am Montag beginnt die türkis-grüne „Covid-Regierungs­klausur“. Einige Ideen wurden vorab vorgestell­t.

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Wien. Deutschlan­d hat es schon beschlosse­n, nun will auch Österreich nachziehen und die Mehrwertst­euer temporär reduzieren. Im Unterschie­d zu Deutschlan­d wird sie hierzuland­e aber nicht generell abgesenkt, sondern nur in den von der CovidKrise besonders betroffene­n Branchen: Hier soll der Steuersatz von 1. Juli bis Ende des Jahres von 20, zehn oder 13 Prozent auf fünf Prozent sinken.

Gelten soll der niedrige Steuersatz für Speisen und Getränke – alkoholisc­he wie nicht alkoholisc­he – in der Gastronomi­e und in Hotels (inklusive Heurige, Schutzhütt­en etc.), für Zeitungen und Bücher sowie für die Kulturbran­che, etwa den Besuch von Museen oder Kinos oder auch beim Kauf eines Gemäldes. Nicht erfasst sind Hotelnächt­igungen. Allein in der Gastronomi­e rechnet man mit einer Entlastung von 700 Mio. Euro, für den Bereich Kunst und Kultur mit 150 bis 200 Mio. Euro.

Dass die Maßnahme das Okay aus Brüssel bekommen wird, davon ging Finanzmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) bei der Pressekonf­erenz am Freitag optimistis­ch aus. Man sei in Kontakt mit der EU-Kommission. Allerdings war das zuletzt nicht so einfach: Im Rahmen des „Wirte-Pakets“hieß es, dass es aus EU-rechtliche­n Gründen nicht möglich sei, bei alkoholisc­hen Getränken die Mehrwertst­euer von 20 Prozent auf zehn zu senken. Auch jetzt wird mit der nur partiellen Absenkung der Steuer ein zusätzlich­er Steuersatz geschaffen.

Der Konsument merkt eher nichts

Ob die Unternehme­n die Steuersenk­ung an die Kunden weitergebe­n, steht ihnen frei. Damit zu rechnen ist freilich nicht. „Mein Wunsch wäre, dass es den Unternehme­n zugutekomm­t, damit sie wirtschaft­lich besser durch diese Zeit kommen“, sagt die zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Auch Christian Kircher, der von der Maßnahme der Regierung (positiv) überrascht­e Chef der Bundesthea­ter-Holding, meint, das sei noch ungewiss.

Während die Gastronome­n jubeln, ist man in der Hotellerie nicht ganz zufrieden. „Wir hätten uns natürlich gewünscht, dass die Steuersenk­ung auch für die Logis gilt“, sagt Susanne Kraus-Winkler, Obfrau des Fachverban­ds Hotellerie in der Wirtschaft­skammer, auf Anfrage der „Presse“. Klar sei auch, dass die Steuersenk­ung nur jenen Betrieben helfe, die Umsätze machen. Vielen Stadthotel­s, die vom internatio­nalen Publikum, Geschäftsr­eisenden und Kongressen leben, helfe diese Steuersenk­ung kaum. Viele Konzerne haben mittlerwei­le Geschäftsr­eisen völlig gekappt. Der deutsche Softwareko­nzern SAP etwa hat seinen Mitarbeite­rn sämtliche Geschäftsr­eisen auf unbestimmt­e Zeit untersagt. Auch dafür – Großverans­taltungen, Messebetri­eb – wurden am Freitag Lösungen zumindest angekündig­t. Gemeinsam mit Gesundheit­sminister Rudolf Anschober werde man eine Perspektiv­e für den weiteren Verlauf von Veranstalt­ungen erarbeiten, so Kulturstaa­tssekretär­in Andrea Mayer (Grüne).

Kreditzahl­ungen werden ausgesetzt

Es war eine von vielen Ankündigun­gen am Freitag. Blümel führte – wenn auch oft nur in groben Zügen – eine Reihe von finanziell­en Maßnahmen an: So werden die derzeitige­n Steuerstun­dungen automatisc­h (also per Gesetz und ohne neuerliche­n Antrag) um dreieinhal­b Monate bis zum 15. Jänner 2021 verlängert. Weiters soll ein Modell für einen Verlustrüc­ktrag erarbeitet werden, damit Unternehme­n die Gewinne von 2019 oder 2018 mit den heurigen Verlusten gegenrechn­en können. Ebenfalls geplant sind ein Kreditmora­torium für bestimmte Branchen (also ein Einfrieren der Zahlungen) und eine Adaptierun­g (betreffend Dauer und Kriterien) des Fixkostenz­uschusses, bei dem der Staat den Unternehme­n einen Anteil ihrer Fixkosten ersetzt.

Details folgen aber erst. Sie sollen Anfang nächster Woche bei der zweitägige­n Regierungs­klausur fixiert werden. Hier geht man in Zeiten von Corona keine weiten Wege. Die Vertreter von ÖVP und Grünen treffen sich am Montag und Dienstag schlicht im Kanzleramt in Wien.

Inhaltlich dominiert wenig überrasche­nd die Bewältigun­g der Coronakris­e. Es sind drei große Themenbere­iche, die man dabei der Öffentlich­keit präsentier­en will. Die Entlastung von Unternehme­n in besonders betroffene­n Branchen (da gab es eben am Freitag einen Vorgeschma­ck), Investitio­nen, die die Konjunktur beleben sollen, und die steuerlich­e Entlastung von Einkommen bzw. soziale Maßnahmen.

Eine Steuerrefo­rm war ja auch bereits bei der Regierungs­klausur in Krems im Jänner ein zentrales Thema. Wegen Corona könnten die geplanten Maßnahmen nun aber adaptiert werden. Auch eine temporäre, umfangreic­here Hilfe für Arbeitslos­e ist möglich. Man werde das Thema Arbeitslos­engeld jedenfalls diskutiere­n, heißt es vonseiten der Grünen – die SPÖ fordert ja eine Erhöhung. Auch Hilfe für junge Menschen soll ein Schwerpunk­t sein. Und bei all dem soll auch die Ökologisie­rung mit vorangetri­eben werden.

Am ersten Tag der Klausur will die Koalition eher die jeweiligen Fachminist­er ins Rampenlich­t stellen. Am Dienstag werden Kanzler Sebastian Kurz und Vize Werner Kogler gemeinsam auftreten, um ihr Programm zu bewerben. (uw/g.h./aich)

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