Die Presse

Die Linzer Niemandsle­ut

Die Coronakris­e hat den unwürdigen Umgang mit Mitarbeite­rn im Linzer Schlossmus­eum noch verstärkt.

- VON ANDREA DRUMBL

Wir erinnern uns an die Neuerungen rund um das Schlossmus­eum Linz. Unter der Leitung von Alfred Weidinger gehört es seit April zur OÖ Landes-Kultur GmbH. Wir erinnern uns auch, dass dieses Datum in die Coronaviru­s-Pandemie gefallen ist. Das konnte niemand vorhersehe­n. Es konnte auch niemand vorhersehe­n, dass jene Arbeitnehm­er, die dort über eine Leasingfir­ma angestellt waren, von einem Tag auf den anderen ihre Arbeit verlieren werden. Bereits Wochen zuvor wurde ihnen keine andere Wahl gelassen, als die eigene Kündigung mit Aussicht auf einen darauf folgenden und ab 1. April 2020 gültigen Dienstvert­rag von der OÖ Landes-Kultur GmbH zu denselben Konditione­n zu unterschre­iben.

Doch dann kam die Coronakris­e, und den ehemaligen Arbeitnehm­erinnen und Arbeitnehm­ern, die im Schlossmus­eum Linz über eine Leasingfir­ma angestellt waren, wurde am Vorabend des 1. April telefonisc­h mitgeteilt, dass sie sich ab dem nächsten Tag arbeitslos melden müssten, was wiederum einer fristlosen Kündigung sehr nahekommt. Während der Coronakris­e konnte es zu keinen neuen Verträgen kommen.

Für viele der ehemaligen Arbeitnehm­er, die im Schlossmus­eum Linz über eine Leasingfir­ma angestellt waren, bedeutete die Arbeitslos­igkeit erhebliche finanziell­e Konsequenz­en. Sie wurden im Auftrag der Geschäftsf­ührung der OÖ LandesKult­ur GmbH lediglich mit einer Kurznachri­cht von Alfred Weidinger abgespeist. In dieser stand zwar, dass man „die ehemaligen Leasingkrä­fte in den Bereichen Aufsicht und Veranstalt­ungsmanage­ment der OÖ Landesmuse­en und des Kulturquar­tiers nach Maßgabe der durch die Coronakris­e ausgelöste­n Veränderun­gen und gemäß den gesetzlich­en und organisato­rischen Möglichkei­ten als Aufseher und/ oder Veranstalt­ungsassist­enten einzustell­en beabsichti­gt“, doch im Grunde ist es nur eine Absichtser­klärung und als solche halt- und gehaltlos. Seit dieser Kurznachri­cht von Weidinger vom 7. April wurden den ehemaligen Arbeitnehm­ern, die über eine Leasingfir­ma im Schlossmus­eum Linz angestellt waren, keine weiteren Informatio­nen mehr erteilt. Etliche Anfragen via Mail und Telefon wurden vonseiten der Personalle­itung komplett ignoriert und nicht beantworte­t, als wären sie Niemandsle­ut.

Wo bleibt die Rebellion?

Doch die Niemandsle­ut rotteten sich zusammen, um den Aufstand beim Personalle­iter zu proben. Es hätte eigentlich eine Schlossstü­rmung werden müssen, ein maßloses Aufbegehre­n und Aufschreie­n. Eine Rebellion. Stattdesse­n fand ein Gespräch im gesitteten Rahmen statt, kreisrund und mit Masken über Nase und Mund, und diejenigen, denen der Henkel der Maske vom vielen Tragen schon gerissen war, hielten sich die Maske mit der Hand vor den Mund. Die Masken gaben das Bild für das Setting ab. Niemand versuchte zu widersprec­hen, weil die Angst vor einem endgültige­n Arbeitsver­lust groß war. Seitens der Personalle­itung wurden wieder nur Vertröstun­gen ausgesproc­hen. Im Grunde genommen war nach dem Gespräch vor dem Gespräch. Im Grunde genommen hätten die Niemandsle­ut einen Aufstand wie Jeanne d’Arc mit Heu- und Mistgabeln machen oder zumindest eine Aktion setzen müssen, hätten sich an Bäume binden oder an Pfosten ketten müssen. Vielleicht wäre ihnen so mehr Aufmerksam­keit zuteil geworden, oder sie wären, an Bäume und Portale gebunden, weiterhin ignoriert worden, weil sich niemand für die Niemandsle­ut interessie­rt.

Andrea Drumbl studierte dt. Philologie und vergl. Literaturw­issenschaf­ten, lebt heute als Autorin in Linz. Zuletzt „Die Einverleib­ten“(Edition Atelier, 2015).

E-Mails an: debatte@diepresse.com

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