Die Linzer Niemandsleut
Die Coronakrise hat den unwürdigen Umgang mit Mitarbeitern im Linzer Schlossmuseum noch verstärkt.
Wir erinnern uns an die Neuerungen rund um das Schlossmuseum Linz. Unter der Leitung von Alfred Weidinger gehört es seit April zur OÖ Landes-Kultur GmbH. Wir erinnern uns auch, dass dieses Datum in die Coronavirus-Pandemie gefallen ist. Das konnte niemand vorhersehen. Es konnte auch niemand vorhersehen, dass jene Arbeitnehmer, die dort über eine Leasingfirma angestellt waren, von einem Tag auf den anderen ihre Arbeit verlieren werden. Bereits Wochen zuvor wurde ihnen keine andere Wahl gelassen, als die eigene Kündigung mit Aussicht auf einen darauf folgenden und ab 1. April 2020 gültigen Dienstvertrag von der OÖ Landes-Kultur GmbH zu denselben Konditionen zu unterschreiben.
Doch dann kam die Coronakrise, und den ehemaligen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die im Schlossmuseum Linz über eine Leasingfirma angestellt waren, wurde am Vorabend des 1. April telefonisch mitgeteilt, dass sie sich ab dem nächsten Tag arbeitslos melden müssten, was wiederum einer fristlosen Kündigung sehr nahekommt. Während der Coronakrise konnte es zu keinen neuen Verträgen kommen.
Für viele der ehemaligen Arbeitnehmer, die im Schlossmuseum Linz über eine Leasingfirma angestellt waren, bedeutete die Arbeitslosigkeit erhebliche finanzielle Konsequenzen. Sie wurden im Auftrag der Geschäftsführung der OÖ LandesKultur GmbH lediglich mit einer Kurznachricht von Alfred Weidinger abgespeist. In dieser stand zwar, dass man „die ehemaligen Leasingkräfte in den Bereichen Aufsicht und Veranstaltungsmanagement der OÖ Landesmuseen und des Kulturquartiers nach Maßgabe der durch die Coronakrise ausgelösten Veränderungen und gemäß den gesetzlichen und organisatorischen Möglichkeiten als Aufseher und/ oder Veranstaltungsassistenten einzustellen beabsichtigt“, doch im Grunde ist es nur eine Absichtserklärung und als solche halt- und gehaltlos. Seit dieser Kurznachricht von Weidinger vom 7. April wurden den ehemaligen Arbeitnehmern, die über eine Leasingfirma im Schlossmuseum Linz angestellt waren, keine weiteren Informationen mehr erteilt. Etliche Anfragen via Mail und Telefon wurden vonseiten der Personalleitung komplett ignoriert und nicht beantwortet, als wären sie Niemandsleut.
Wo bleibt die Rebellion?
Doch die Niemandsleut rotteten sich zusammen, um den Aufstand beim Personalleiter zu proben. Es hätte eigentlich eine Schlossstürmung werden müssen, ein maßloses Aufbegehren und Aufschreien. Eine Rebellion. Stattdessen fand ein Gespräch im gesitteten Rahmen statt, kreisrund und mit Masken über Nase und Mund, und diejenigen, denen der Henkel der Maske vom vielen Tragen schon gerissen war, hielten sich die Maske mit der Hand vor den Mund. Die Masken gaben das Bild für das Setting ab. Niemand versuchte zu widersprechen, weil die Angst vor einem endgültigen Arbeitsverlust groß war. Seitens der Personalleitung wurden wieder nur Vertröstungen ausgesprochen. Im Grunde genommen war nach dem Gespräch vor dem Gespräch. Im Grunde genommen hätten die Niemandsleut einen Aufstand wie Jeanne d’Arc mit Heu- und Mistgabeln machen oder zumindest eine Aktion setzen müssen, hätten sich an Bäume binden oder an Pfosten ketten müssen. Vielleicht wäre ihnen so mehr Aufmerksamkeit zuteil geworden, oder sie wären, an Bäume und Portale gebunden, weiterhin ignoriert worden, weil sich niemand für die Niemandsleut interessiert.
Andrea Drumbl studierte dt. Philologie und vergl. Literaturwissenschaften, lebt heute als Autorin in Linz. Zuletzt „Die Einverleibten“(Edition Atelier, 2015).
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