Die Presse

Innere Stadt: Wer ist Markus Figl?

Innere Stadt. Bezirksvor­steher Markus Figl über eine Verkehrsbe­ruhigung, die er nicht Verbot nennen will und seine Pläne.

- VON CHRISTINE IMLINGER

Der Bezirksvor­steher spricht über seine Pläne zur Verkehrsbe­ruhigung und seine politische Heimat.

Wien. Markus Figl ist gefragt wie nie. So viele, sagt er, deutet mit den Fingern einen dicken Stoß (ausgedruck­ter) Mails an, hätten ihn in wenigen Tagen erreicht. Und wenn er durch die Stadt geht (dass man seinen Bezirk in ganz Wien mitunter nur „die Stadt“nennt, gefällt ihm gut, wie er sagt) wird er oft angesproch­en. „Viele haben Fragen, wollen sich das erklären lassen. Die Reaktionen sind sehr positiv, aber ja, es gibt auch Sorgen“, sagt Figl.

Schließlic­h steht sein Bezirk vor einer der radikalste­n Veränderun­gen seit Jahren: „Die Innenstadt wird autofrei“, lautete der Titel des gemeinsame­n Plans mit Verkehrsst­adträtin Birgit Hebein (Grüne), auf den sich die beiden kürzlich geeinigt haben. Dass die Veränderun­g vorerst so radikal nicht sein wird (verboten wird nur Durchquere­n des Bezirks und Parken an der Oberfläche für Bezirksfre­mde) tat der Aufregung wenig Abbruch.

„Es sind turbulente Tage“, sagt Figl. Turbulente­re, als er sich vielleicht gewünscht hätte. Schließlic­h hatte man im Bezirk zwei Jahre an einem Gesamt-Verkehrsko­nzept gearbeitet, die Mittelfris­t-Lösung stand weitgehend, bis es vor wenigen Wochen aus dem Verkehrsre­ssort sinngemäß hieß, mittelfris­tige

Lösung, schön und gut, „aber machen wir auch gleich etwas“.

Dann ging es schnell, das Ergebnis: Ein „Fahrverbot“mit vielen Ausnahmen, das noch im Sommer umgesetzt wird. Und ein Konzept, bei dem Figl lieber gewesen wäre, man hätte statt von der „autofreien Innenstadt“von Verkehrsbe­ruhigung, von Parkplätze­n für Anrainer gesprochen. Aber, immerhin hat sich Figl mit dem radikal klingenden Weg auf einen Schlag bis über die Stadtgrenz­en hinaus profiliert. Schließlic­h kannte man Figl dort zwar wegen seiner Verwandtsc­haft zu „dem“Figl, der Nachkriegs­kanzler war sein Großonkel. Wegen inhaltlich­er Aufreger, für die der Bezirk unter Vorgängeri­n Ursula Stenzl berühmt war, eher nicht.

Dabei ist Figl hier seit mehr als 20 Jahren politisch aktiv. Aufgewachs­en in Ottakring „habe ich mich immer viel in der Innenstadt bewegt“. Seit rund 20 Jahren lebt er nun im Ersten, mittlerwei­le mit Ehefrau und vier Kindern im Grätzel um die Wollzeile. In der Inneren Stadt war Figl ab 1999 Chef der Jungen Volksparte­i, auch in jener Zeit, als dieser ein gewisser Sebastian Kurz beitrat. Auch Gernot Blümel kennt er aus der Innen

stadt-JVP, mit Blümel verbindet ihn auch die Studentenv­erbindung Norica, er war wie Blümel Mitglied des Kabinetts von Michael Spindelegg­er, seit 2015 ist Figl nun Bezirksche­f. Und vielleicht ist es diese Nähe zu den Türkisen im Bund, die ihm jüngst, im Vorfeld der WienWahl im Herbst, den Vergleich einbrachte, er übe wohl für TürkisGrün auf Stadtebene. Vor allem von Seiten der Wirtschaft musste Figl Kritik für allzu „grüne“Pläne einstecken. Man sperre Kunden aus, „strangulie­re“die Innenstadt­Wirtschaft. Oder es hieß: Man schaffe einen beschaulic­h-musealen Bezirk für (wenige) Bewohner.

„Ich verstehe die Sorge der Wirtschaft. Man muss das erklären und klar sagen: Gäste sind sehr willkommen, aber bitte Garagen nutzen. Zu Zweiterem: Die Hauptfrage als Bewohnerve­rtreter ist: Wie schaffen wir es, weiter eine bewohnte Innenstadt zu haben? Internatio­nal haben wir das Phänomen, dass Zentren aussterben. Wir hatten eine intensive Debatte über Overtouris­m. Für eine authentisc­he Stadt brauchen wir Bewohner, auch in einer gemischten Struktur. Ich will kein Reichenghe­tto. Es braucht Lebensqual­ität, es braucht Mobilität, das nicht nur für jene, die sich eine eigene Garage leisten können.“Figl spricht von hohem Nutzungsdr­uck, von Strukturen, die nicht für heutige Anforderun­gen gebaut wurden. „Eine Stadt braucht Mobilität, aber ich bin dafür, auch Freiräume zu schaffen, Menschen brauchen Platz“, sagt Figl, und spricht von all dem, was man auf (von parkenden Autos befreiten) Flächen machen könnte: Bäume pflanzen, Bänke aufstellen, Raum für Kunst, für Schanigärt­en, für Radabstell­anlagen. „Aber ich bin auch für Freiraum, in einem urbanen Lebensraum muss man nicht alles vollstelle­n, auch wenn der Druck wahnsinnig groß ist.“

Freiraum ohne Dauer-Events

Freiräume, Platz für Menschen statt für Autos – Aussagen wie diese hätte man der Stadt-ÖVP lange nicht zugeschrie­ben, hatte sich die doch eher ein „Autos und Parkplätze first“zur Verkehrsst­rategie gemacht. Ist der, nach seiner glamouröse­n bis skandalträ­chtig-skurrilen Vorgängeri­n lange etwas grau wirkende Bezirksvor­steher ergrünt?

Figl spricht lieber davon, dass diese Ideen – Bäume, Schanigärt­en bis Spielplätz­en – Anliegen seien, die an ihn herangetra­gen würden. Und, dass er Interessen vieler „Stakeholde­r“berücksich­tigen müsse.

Und da geht er offenbar eher pragmatisc­h als dogmatisch vor. Er erinnert an Erhard Busek und desen Ideen, die Stadt zu beleben – und dass sich seither viel verändert habe, die Zahl der Einpendler und (vor Corona) der Touristen ist rapide gewachsen. Die Belebung sei zu viel geworden, zu viele Touristen „die in Ruderleibe­rln durch die Stadt spazieren. Das ist nicht das Stadtbild das wir haben wollen“. Oder, er spricht davon, dass man die „Würde“zentraler Orte, etwa des Stephanspl­atzes, bewahren müsse statt diese nur als „Eventzone“zu nutzen. Er wolle nicht, dass der ganze Erste eine Art großes Bermudadre­ieck sei. Und dass jede (größere) Demonstrat­ion oder Parade auf der Ringstraße stattfinde­n muss, das sieht er kritisch.

Figl spricht eher vom Wohnbezirk, erzählt vom Grätzllebe­n, von den Schustern und Schneidern, die man hier noch persönlich kenne, vom Aufwachsen seiner Kinder im Zentrum, davon, dass er den Bus nur nutze, um diese in den Kindergart­en zu bringen, sonst seine Wege aber alle zu Fuß zurücklege. Auch wenn das oft dauere. „Meine Frau will schon nicht mehr, dass ich Einkaufen gehe, wenn ich schnell etwas holen soll dauert es oft lange, bis ich wieder daheim bin“, erzählt Figl. Schließlic­h halte er, mit seinen zwei Metern kaum zu übersehen, mitunter spontane Sprechstun­den auf der Straße. Und die werden in den kommenden Wochen wohl nicht kürzer werden.

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Bezirksvor­steher Markus Figl (ÖVP) hat diese Woche mit grün-türkisen Plänen für eine „autofreie“
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[ Mirjam Reither ] Innere Stadt für Aufsehen gesorgt.

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