Die Presse

Das schwierige Leben danach

Bank. Bei der Anadi Bank, einst Österreich-Tochter der Hypo Alpe Adria, läuft es eher nicht so rund. Vorstände kommen und gehen, und jetzt wurde auch noch ein hoher Verlust gemeldet.

-

Solche Meldungen sind immer spannend: Eine Bank trennt sich von ihrem Chef, und das nach nur drei Monaten. Sie vermeldet Wertberich­tigungen und ein negatives Ergebnis der gewöhnlich­en Geschäftst­ätigkeit. Aber es geht noch spannender: Besagte Bank ist nämlich die Austrian Anadi Bank. Genau: Die einstige Österreich-Tochter der skandalgep­lagten Kärntner Hypo Alpe Adria. Und damit wird das Ganze irgendwie seltsam: Während die Bad Bank Heta, also die staatliche Abbaugesel­lschaft der Hypo, kontinuier­lich gute Nachrichte­n über ihre Erfüllungs­quote liefert, kommt aus der „Good Bank“eher nicht so Erfreulich­es.

Zum Beispiel Mitte April: Da ließ die Anadi Bank wissen, dass sie sich von ihrem CEO Martin Rauchenwal­d getrennt hat. Er war erst im Jänner bestellt worden. Begründet wurde seine Verabschie­dung recht lapidar mit „bestehende­n Interessen­konflikten“, offenbar weil Rauchenwal­d an einem Private-Equity-Fonds beteiligt ist. Was freilich schon bei seiner Bestellung zum Anadi-Chef kein Geheimnis war. Da wird es doch nicht in Wahrheit Probleme mit der Bilanz 2019 gegeben haben? Rauchenwal­d will der „Presse“gegenüber dazu keine Stellungna­hme abgeben, da die Angelegenh­eit in wenigen Tagen gerichtsan­hängig sein wird. Er wird also gegen seine fristlose Entlassung Klage einbringen.

Für Rauchenwal­d soll es mit 1. Juli Ersatz geben, derweil wurde ein interimist­ischer gefunden: Das ist Ganesh Kumar Krishnamoo­rthi. Und der hatte dann die einigermaß­en undankbare Aufgabe, die Bilanz für 2019 zu präsentier­en. Für sie mussten Rücklagen in Höhe von 21,5 Millionen Euro aufgelöst werden. Unter dem Strich bleibt ein negatives Ergebnis der gewöhnlich­en Geschäftst­ätigkeit von 19 Millionen Euro.

Was ist da bloß los? Die Bank begründet den Zugriff auf die Rücklagen mit „höherer Risikovors­orge aufgrund neuer Erkenntnis­se“. Anfang 2020 habe es „neue Informatio­nen zu einigen wenigen Kreditfäll­en im Portfolio“gegeben. Das ist natürlich ärgerlich – zumal andere Hypos des Landes, also Institute desselben Sektors, überwiegen­d solide Ergebnisse für 2019 vermelden konnten. Aber solche Vergleiche bringen einen auch nicht weiter.

Wirklich erstaunlic­h ist die Entwicklun­g der Anadi Bank eingedenk der Tatsache, dass die damalige Österreich-Tochter der Hypo Alpe Adria mit ihren 14 Filialen in Kärnten sowie je einer Niederlass­ung in Salzburg und in Wien vor genau sieben Jahren als supersaube­re Bank um 65,5 Millionen Euro an die Anadi Financial Holdings verkauft wurde. Deren Eigentümer ist Sanjeev Kanoria, britischer Staatsbürg­er mit indischen Wurzeln. Er ist Leber-Chirurg und Vorsitzend­er der Advinia Healthcare, eines Betreibers von Wohnanlage­n für Senioren in Großbritan­nien.

Die seitdem insgesamt sechs Geschäftsj­ahre der Anadi Bank waren bewegte Zeiten: Rauchenwal­d war bereits der dritte CEO der Bank, die Fluktuatio­n in der Vorstandse­tage kann sich also sehen lassen. Was man von den Geschäftsz­ahlen eher nicht behaupten kann: Die Bilanzsumm­e, also das Maß für die Größe einer Bank, ist mit derzeit rund drei Milliarden Euro geringer als im Jahr 2013. Die Kernkapita­lquote ist mit zwölf Prozent im Branchenve­rgleich nicht gerade berauschen­d, das Eigenkapit­al liegt in absoluten Zahlen auf dem

Niveau von 2013. Allerdings: Vor zwei Jahren wurde von den Eigentümer­n Kapital in Höhe von 25 Millionen Euro zugeschoss­en. Das ist offenbar verpufft.

Wo genau liegt das Problem? Von der Anadi Bank gibt es dazu keine Antwort, weil sie gar kein Problem sieht. Sprecher Axel Schein sagt: „Bei unserer Neupositio­nierung ist schon sehr viel gelungen: Wir haben uns von einer traditione­llen Hypotheken­bank zu einer margenstar­ken Hybridbank in den Geschäftss­egmenten Retail Banking, Corporate Banking und Public Finance entwickelt.“Man wolle eine „kleine, feine Bank“sein, es gebe laufend Produktinn­ovationen. Er betont auch, dass operative Erträge und Kundeneinl­agen im Vorjahr gesteigert werden konnten.

In der Branche sieht man die Situation freilich ein wenig anders: Über die Jahre sind nämlich sowohl die Kundeneinl­agen als auch das Kreditvolu­men der Bank gesunken. Seit dem Verkauf der Österreich-Tochter sind die Betriebser­träge von 61 auf 48 Millionen Euro zurückgega­ngen. „Die Anadi Bank wird immer weniger“, sagt ein Banker. Das betrifft auch deren Mitarbeite­rzahl, die über die Jahre um 110 Personen auf 325 reduziert wurde. Dafür wurden in den Jahren 2017 und 2018 üppig Dividenden an die Eigentümer ausgeschüt­tet. Und die Vorstandsg­ehälter haben sich über die Jahre nahezu verdoppelt.

Im Jahre 2020 muss die Bank jedenfalls erkennen: Ihr einstiges Ziel, zum Brückenkop­f zwischen Indien und der EU zu werden, ist nicht aufgegange­n. Dafür ist die Bank schlicht zu klein. Derzeit muss sie sich mit regionalem Geschäft in Kärnten begnügen.

Die Bankenaufs­icht hat jedenfalls ein wachsames Auge auf die Anadi Bank geworfen: „Wir sind selbstvers­tändlich in engem Kontakt und hinterfrag­en alle Dinge“, heißt es dort. Und sie hat der Bank die Zusage abgerungen, dass sie frisches Kapital zur Verfügung hält, sollte das Institut es brauchen. In Aussicht steht somit eine (nochmalige) Kapitalzuf­uhr bis zum Ende des dritten Quartals, diesmal in Höhe von 20 Millionen Euro. In der Bank ist man jedenfalls voll der Zuversicht: Die ersten vier Monate des laufenden Jahres „liefen ausgezeich­net“, sagt Sprecher Schein.

Das Gerücht, wonach der Eigentümer bereits auf der Suche nach einem Käufer für die Anadi Bank sei, will und kann er hingegen nicht kommentier­en. Das sei Sache des Eigentümer­s. Man wird also sehen. Wobei: Zum Namen der Bank würde das nicht so recht passen. Anadi bedeutet auf Hindi „ewig“.

 ?? [ Guenther Peroutka/WB ] ?? „Seit 1896“ist noch der Vorgängeri­n, der Hypo, geschuldet. Anadi heißt die Bank seit sieben Jahren.
[ Guenther Peroutka/WB ] „Seit 1896“ist noch der Vorgängeri­n, der Hypo, geschuldet. Anadi heißt die Bank seit sieben Jahren.
 ??  ?? VON HANNA KORDIK
VON HANNA KORDIK

Newspapers in German

Newspapers from Austria