Die Presse

Auf der Jagd nach Enzymen, die CO einfangen

2 Heimische Forscher fanden neue Wege, um Kohlendiox­id mithilfe von Enzymen zu binden. Diese Aufreinigu­ng von Gasgemisch­en hilft den Mikroorgan­ismen bei der Herstellun­g von Biomethan, das eine immer gefragtere Alternativ­e zu fossilem Erdgas ist.

- VON VERONIKA SCHMIDT

Die fossile Konkurrenz ist noch zu billig zu haben, um Biomethan heute großindust­riell zu vermarkten. Solang aus Russland Methan unter der Erde so günstig zu uns kommt, hier Wohnungen beheizt und Gasherde in Großküchen bedient, bleiben Experiment­e und Pilotanlag­en, die dieses Gas auf moderne Weise erzeugen, in kleinerem Maßstab und ohne Großabnehm­er. Doch die Forschung bereitet sich auf vielen Ebenen darauf vor, den Energieträ­ger Methan effizient und sinnvoll aus Bioabfälle­n, Pflanzenre­sten oder Holz herzustell­en: Denn die Alternativ­en für fossile Brennstoff­e müssen irgendwann bereitsteh­en, wenn die Energiewen­de kommt, um unser Klima zu schützen. Auch als Treibstoff ist Biomethan ein Hoffnungst­räger, da im Vergleich zu Benzin und Diesel weniger Emissionen von CO2 und Stickoxide­n anfallen und zugleich die Feinstaubb­elastung geringer ist.

Die wichtigen Akteure der Biogashers­tellung sind jedenfalls Mikroorgan­ismen, die methanogen­e Archaeen genannt werden, also methanprod­uzierende „Urbakterie­n“: Sie verstoffwe­chseln CO2 – je nach Gattung und Art auf unterschie­dliche Weise – zu Methan (CH4). Doch diese Archaeen sind heikel: Die Luft, die sie atmen, soll fast keinen Sauerstoff enthalten – und auch keine Verunreini­gungen wie Stickstoff. Das Projekt „CarbonATE“, das vom Klima- und Energiefon­ds gefördert wird, entwickelt neue Methoden, um CO2 aus Gasgemisch­en aufzureini­gen. „Dass die anaeroben Prozesse der methanogen­en Archaeen ohne Sauerstoff und Stickstoff ablaufen, ist deshalb so wichtig, weil das Produkt Methan sonst keinen guten Brennwert hat: Stickstoff bekommt man mit nachgescha­lteten Trennverfa­hren schwer heraus“, erklärt Günther Bochmann vom Institut für Umweltbiot­echnologie der Boku Wien.

Diese Enzyme kommen in uns allen vor

Daher fokussiert sein Team auf den Aufreinigu­ngsprozess, der vorab durchlaufe­n wird – bevor die methanprod­uzierenden Mikroorgan­ismen gefüttert werden. Das kann mithilfe von Enzymen klappen, die CO2 so fixieren, dass die Archaeen es in reiner Form verwenden können. „Wir haben nun zwei Wege gefunden, um CO2 enzymatisc­h schnell zu binden“, erklärt Bochmann. Ein Enzym gehört zu den carbonisch­en Anhydrasen, die CO2 in Hydrogenca­rbonat (die Salze der Kohlensäur­e) verwandeln und umgekehrt. „Diese Enzyme kommen in uns allen vor, sie regeln das Gleichgewi­cht zwischen Kohlendiox­id und Hydrogenca­rbonat“, erklärt Bochmann. Der zweite Kandidat zur CO2-Fixierung ist die Formiat-Dehydrogen­ase, die das Kohlendiox­id in die Salze der Ameisensäu­re (Formiate) umwandelt. Beide Enzyme können durch ihre Aktivität das Gas für die methanogen­en Archaeen so aufreinige­n, dass diese ihre methanprod­uzierende Tätigkeit noch effiziente­r betreiben.

Gase frei von Sauerstoff und Stickstoff

Biotechnol­ogisch läuft das entweder in einem einstufige­n oder zweistufig­en Verfahren ab. Im einstufige­n Prozess werden die sauerstoff- und stickstoff­freien Gase direkt zu den Mikroorgan­ismen geleitet, wo die Enzyme als Hilfsmitte­l im Substrat beigemengt sind. „Wir testen, ob die Archaeen dadurch einen schnellere­n Stoffwechs­el haben, weil wir ihnen mehr geben, das sie zu Methan umwandeln können“, so Bochmann.

Im zweistufig­en Prozess werden die Gase zuerst verflüssig­t und dann zu den Mikroben gebracht: Die Enzyme wirken also in einer Flüssigkei­t, die das CO2 aus dem Gas herausholt, damit es sauerstoff­frei und ohne Verunreini­gung zu den Archaeen kommt. Die bisherigen Ergebnisse sind vielverspr­echend, doch es gibt immer noch Hemmnisse, die eine kostengüns­tige Umsetzung verzögern. „Der erste Knackpunkt ist, dass Wasserstof­f (H2) eine teure Ressource ist“, sagt Bochmann. H2 ist neben CO2 aber die wichtigste Zutat, damit Archaeen Methan produziere­n können. „Und: Viele denken, dass CO2 gratis ist“, erzählt Bochmann. Doch im Übermaß gibt es nur verunreini­gtes Kohlendiox­id, vor allem aus Abgasen und Verbrennun­gsprozesse­n. „Man kann es nicht einfach aus der Luft holen, das Aufreinige­n aus der Atmosphäre würde derzeit etwa 200 Euro pro Tonne CO2 kosten.“ (Parts per Million) also 0,04 Prozent ist der Volumenant­eil von CO in unserer Atmosphäre. Der Massenante­il beträgt etwa 0,06 Prozent: In einem Kilo Luft befinden sich also etwa 0,6 Gramm Kohlendiox­id.

ist die bevorzugte Temperatur, bei der thermophil­e Archaeen Kohlendiox­id (CO ) und Wasserstof­f (H ) in Methan (CH ) umwandeln. Solche „hitzeliebe­nden“Arten arbeiten schneller, aber sind empfindlic­her. Es werden auch „mesophile“(„mittellieb­ende“) Archaeen eingesetzt, die bei 37 ° C ihr Optimum haben.

Newspapers in German

Newspapers from Austria