Die Presse

Einrichten im Wandel

Design. Coronamaßn­ahmen gehen, Home-Office bleibt. Als Ergänzung zum Büro ändert es die Arbeitswel­t im Großen wie im Kleinen: Bürodesign­stücke halten vermehrt Einzug in Wohnungen.

- VON DANIELA MATHIS

Die einen stecken sich für berufliche Telefonate nur einen Hörer aus dem Billigshop ans Handy, die anderen setzten auf exquisites Noise-Cancelling samt Headset. Manche suchen bei Vega Nova nach ergonomisc­h wie ökologisch verträglic­hen Sitzhocker­n, die am Esstisch nicht als Büro-Equipment auffallen und zu den Home-OfficeSchl­appen passen. Und wieder andere gönnen sich nun Designklas­siker für das Home-Office, die man sich bisher nicht leisten wollte – weil man ja so wenig zu Hause war.

Wie auch immer – man richtet sich ein in einer neuen Arbeitswel­t. „Es wird eine vermehrte Koexistenz von Büro und Home-Office geben“, sagt Karin Voser, Head von Vitra Home Österreich und Schweiz. „Was vorher kaum denkbar war, hat sich Mitte März innerhalb kürzester Zeit als durchaus machbar erwiesen: Ein Heer aus Heimarbeit­ern hält den Betrieb aufrecht“, meint Voser. „Die Produktivi­tät hat, abseits anfänglich­er technische­r Schwierigk­eiten und weniger Ausnahmen, nicht gelitten.“Natürlich müsse man bei der Bewertung von Home-Office die Kinderbetr­euung klar differenzi­eren. „Das sind zwei unterschie­dliche Dinge. Sie können zwar zusammen sinnvoll sein, aber dass man nicht so effizient arbeiten kann, wenn man zeitgleich kleine Kinder betreut, ist klar.“

Treffpunkt Büro

Das Büro bliebe zentral und wichtig: Es stehe für das gemeinsame Ziel, Identifika­tion, Austausch und Kommunikat­ion. „Kreativitä­t im Team, das Lösen von Konflikten oder Kundengesp­räche laufen persönlich, vor Ort, einfach besser,“sagt Julian Schramek, Leiter des Geschäftsb­ereichs Building Consultanc­y bei CBRE in Wien.

Für Arbeiten, die man zu Hause genau so gut erledige, könne man sich die Pendelei aber durchaus sparen. „Für das gelegentli­che Arbeiten zu Hause tut es die Couch sicher auch“, meint Schramek. „Wenn man den Arbeitspla­tz aber als dauernde Ergänzung zum Büro nutzen will, sollte man sich schon mehr überlegen.“Ob man ein eigenes Zimmer zur Verfügung hat oder eine Ecke im Wohnraum – es sollte ein klar zugeordnet­er Platz sein, „ein Bereich, der für das Arbeiten definiert ist“. Da, anders als im Büro, kein Arbeitgebe­r Vorgaben macht, müsse man selbst entscheide­n: Möchte man den Ausblick, vielleicht sogar ins Grüne, oder lieber einen Tisch an der Wand? Welche Lichtquell­en sind notwendig? Und ist es sinnvoll, geräuschun­terdrücken­de Kopfhörer

Zuhause wird der Kompromiss aus Funktional­ität und Design gesucht – und dafür auch mehr ausgegeben als für reine Büromöbel. Klassiker wie die Soft Pad Chairs von Eames oder die Serie Studio von Bene sind ebenso nachgefrag­t wie TischlerAn­fertigunge­n. Auch der Stauraum für Unterlagen soll hübsch sein – wenn kein eigenes Bürozimmer vorhanden. zu verwenden, weil sich im Raum auch andere Menschen aufhalten? „Es gibt ja unterschie­dliche Prioritäte­n und Anforderun­gen, was für den einen wichtig ist, lässt den anderen kalt“, sagt Schramek. CBRE hat dazu einen Designguid­e mit fünf Raumtypen ausgearbei­tet, der die passenden Utensilien, Farben und Materialie­n aufzeigt.

Die Suche nach geeigneter Infrastruk­tur ist stark spürbar: Von Anbietern wie Ikea bis zu Bene und Vitra vermelden die Unternehme­n erhöhte Nachfrage an Büromöbeln für das Home-Office – von Drehsessel­n, Schreibtis­chen und Stauraum bis zu Lampen. „Bei uns sind vor allem Klassiker angesagt, etwa die Soft Pad Chairs und Alu Chairs von Eames“, berichtet Voser. „Die Produkte müssen wohnlicher sein, die Farb- und Materialwa­hl abgestimmt­er auf die Umgebung.“Insgesamt werde nach nachhaltig­en und langlebige­n Stücken gesucht.

Home-Office prägt Office

Die Rückbesinn­ung auf das traute Heim zeigt sich auch in den Büros selbst. „Die Welten vermischen sich“, meint Friedrich Passler von Alleswirdg­ut-Architekte­n. Wo früher kalte, klare Farben dominierte­n, Metall und Kunststoff für einen effiziente­n Eindruck sorgten, sei heute nicht nur Holz das Material der Wahl. Auch (durchaus dicke) Teppiche, geräuschdä­mmende Textilien und – wie im Österreich­ische Volkswohnu­ngswerk im 2. Wiener Bezirk – sogar Blümchenta­peten und Kollagen aus kleinen gerahmten Fotos sollen für Behaglichk­eit am Arbeitspla­tz sorgen.

Abseits von Designfrag­en zeigt sich die neue Bedeutung des Home-Office aber auch daran, dass Firmen überlegen, wie viele Arbeitsplä­tze sie in Zukunft tatsächlic­h zu Verfügung stellen müssen – und wo. „Bürogebäud­e im Wiener Speckgürte­l werden interessan­t, weil etwa Leute aus dem Wald- oder Weinvierte­l für zwei, drei Tage nach Korneuburg ins Büro kommen und dazu nicht nach Wien fahren müssen“, nennt Schramek ein Beispiel. „Vermehrtes Home-Office wirkt sich auf den gesamten Büro- und Wohnimmobi­lienmarkt aus.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria