Ziele auf einen Zettel aufschreiben
Porträt. In den Telekom-Bereich kam Michael Jungwirth eher zufällig, jetzt gehört er der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland an. Österreichs Markt sei dafür eine gute Vorbereitung gewesen.
Vor gut 17 Jahren tauchte Michael Jungwirth in die Welt der Telekommunikation ein. Eher zufällig, wie er sagt. Helmut Kukacka, wie er ein Oberösterreicher, hatte ihn ins Staatssekretariat im Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie geholt. Zunächst, sagt der heute 40-Jährige, habe er von der Materie wenig Ahnung gehabt. Schließlich hatte es den studierten Handelswissenschaftler zunächst in den Bankensektor gezogen: als Vorstandsassistent von Ludwig Scharinger in der Raiffeisenlandesbank Oberösterreich. „An seiner Seite habe ich sehr viel gelernt“, sagt Jungwirth, beinahe rund um die Uhr, auch an den Wochenenden.
In Wien wuchs er schnell in das neue Fachgebiet, nicht zuletzt, weil er auch mit der Verhandlung des neuen Telekommunikationsgesetzes befasst war. „2003 gab es enormes Wachstum in der Mobiltelefonie – vor allem im Osten. Es herrschte regelrechte Goldgräberstimmung.“Einmal in den Fachbereich eingearbeitet, dachte er sich: Da kannst du weitermachen.
2007 wechselte er zu A1 Telekom ins Vorstandsbüro von Boris Nemsiˇc,´ 2011 stieg er zum Leiter des Regulierungsbereichs und 2015 zusätzlich zum Personalchef auf. 2016 schließlich folgte er Hannes Ametsreiter nach Düsseldorf, wo er seit April der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland angehört.
„Man muss Telekom im Detail verstehen, um es auch Entscheidungsträgern verständlich machen zu können“, beschreibt Jungwirth die Herausforderung für den Regulierungsbereich. Das heiße: Sachverhalte und Zusammenhänge verstehen, zusammenfassen, auf den Punkt bringen, um Entscheidungsfindung zu unterstützen. Ganz Ähnliches gelte für den Außenauftritt und die gesamte Kommunikation, die er ebenfalls verantwortet. „Man braucht ein gewisses Maß an Abstraktionsfähigkeit – man muss es zugespitzt auf den Punkt bringen können mit einem Satz, der hängen bleibt.“
Tempo sei etwas, was er von Mitarbeitern verlange und auch selbst vorlebe, um die gemeinsam vereinbarten Ziele schnell und eigenständig umzusetzen. Und so verstehe er auch das Thema Führung, die rund die Hälfte seiner Zeit in Anspruch nimmt, nämlich: die Eigenverantwortung zu stärken. „Wichtig ist: Du brauchst Fokus.“Wichtig sei auch, zu entscheiden, was man nicht tut. Da helfe es ihm, „am Anfang des Geschäftsjahres auf einen Zettel aufzuschreiben, was ich erreichen will. Und öfters wieder draufzuschauen.“
Seinen Wechsel nach Deutschland bereut Jungwirth nicht, und das, obwohl er zwischen Deutschland und Österreich – seine Familie lebt in Wien – pendelt. Man solle sich vor so einem Schritt aber gut überlegen, was der Familie zumutbar sei, wie es gelinge, die Arbeit dann am Wochenende auf ein Minimum zu reduzieren, wie oft man aus dem Home-Office arbeiten könne und wie viel Zeit man an den verschiedenen Standorten verbringen müsse. „Deutschland ist so groß, ebenso die Zahl an Stakeholdern.“Er selbst könne bei Weitem nicht alle betreuen, „dafür habe ich ein exzellentes Team aufgebaut“.
Apropos Home-Office: Das sei schon vor Covid-19 gut gelebte Praxis gewesen. Was über die vergangenen Wochen hinaus das Arbeiten verändern werde, sagt er, seien die Bürozeiten: „Sie werden sich verschieben, Anwesenheiten werden fluider werden. Routinen
(40) ist seit April Mitglied der Geschäftsleitung von Vodafone Deutschland, für das Unternehmen ist er seit vier Jahren tätig. Als Director External Affairs leitet er die Bereiche Public Affairs, Regulatory, External Communications und Sustainability. Vodafone Deutschland macht mit ca. 16.000 Mitarbeitern rund zwölf Mrd. Euro Umsatz und ist nach eigenen Angaben mit einem Ertragsanteil von rund 50 Prozent das wichtigste Land der in 90 Ländern aktiven Vodafone-Gruppe. werden sich ändern, und Flexibilität wird noch stärker gefragt sein.“
Als Manager aus Österreich, so seine Erfahrung, werde man offen aufgenommen. „Klar, du musst deine Leistung bringen“, sagt er, Österreich aber sei in der Branche eine gute Schule, weil der Markt enorm wettbewerbsintensiv sei.
Mit jedem reden
Was an den Österreichern geschätzt werde, seien „die pragmatischen Ansätze und der Zug zum Tor – der hilft“. In Deutschland sei man gewohnt, stark zu planen und zu elaborieren. Und manchmal hierarchisch zu denken. Da stelle man sich vorher oft die Frage, ob das Gegenüber „die Schulterklappen habe“und sich das Gespräch tatsächlich lohne. Diese Hierarchiebarrieren seien vor vier Jahren, als er nach Deutschland kam, deutlich spürbar gewesen. Österreicher, sagt er, seien es gewohnt, offen mit jedem zu reden – ein wahrscheinlich nicht unwichtiger Zugang eines Director External Affairs.