Die Presse

Gastkommen­tar von Karl Newole: Rechtliche Flurschäde­n der Coronakris­e

Ist gerade in Krisenzeit­en ein sehr hohes Gut. Eine Zwischenle­ktion für die nächste Pandemie in fünf Punkten.

- VON KARL NEWOLE

Dass die „Liebe in Zeiten der Cholera“eine schwierige Angelegenh­eit ist, hat schon Literaturn­obelpreist­räger Gabriel Garc´ıa Marquez´ in seinem berühmten Roman gezeigt. Als nicht minder schwierig hat sich die Gesetzgebu­ng in Zeiten der Coronakris­e herausgest­ellt.

Dies mag der Geschwindi­gkeit geschuldet sein, mit der konkrete Maßnahmen getroffen werden mussten. Wichtiger, als mit der Vergangenh­eit zu streiten, sind aber Lektionen für künftige vergleichb­are Situatione­n, die schon diesen Winter auftreten könnten.

Im Folgenden eine Diskussion­sgrundlage in fünf Punkten: 1. Es bedarf eines Gesetzes, das die wissenscha­ftlichen Grundlagen des Regierungs­handelns offenlegt. Nicht nur zur besseren Legitimier­ung, sondern auch, um im Nachhinein beurteilen zu können, ob einzelne Maßnahmen, die in Epidemieze­iten regelmäßig mit massiven Grundrecht­seingriffe­n verbunden sind, auch sachlich gerechtfer­tigt sind. Die medizinisc­he und ökonomisch­e Wahrheit muss uns allen zumutbar sein.

Eilverfahr­en für den VfGH

2. Der Verfassung­sgerichtsh­of sollte in die Lage versetzt werden, in einem Eilverfahr­en vorläufig beurteilen zu können, ob einzelne Maßnahmen die Grund- und Freiheitsr­echte in überschieß­ender Weise beschränke­n. Wir alle erinnern uns noch, auf welch schnoddrig­e Art und Weise die Bundesregi­erung mögliche Verfassung­swidrigkei­ten von Gesetzen mit dem Hinweis abgetan hat, dies könne ohnehin von den Höchstgeri­chten beurteilt werden. Freilich, und das war die Pointe, erst zu einem Zeitpunkt, zu dem diese Normen nicht mehr in Geltung stehen würden. Wenn man bedenkt, um welch gravierend­e Fragen es geht, etwa, ob man seinen Beruf ausüben darf, die Versammlun­gsfreiheit intakt bleibt, man zu einem sterbenden Angehörige­n oder auch nur zu seinem Zweitwohns­itz darf, ist schnell erkennbar, dass man wenig davon hat, wenn eine gerichtlic­he Prüfung nur mehr von rechtshist­orischem Interesse ist.

Rechtsansp­ruch ausradiert

3. Die Krise durchläuft mehrere Etappen: Von der medizinisc­hen über die wirtschaft­liche, an deren Beginn wir uns derzeit befinden, letztlich wohl mündend in eine soziale, in der es um Fragen der Lastenvert­eilung gehen wird. Während es an der medizinisc­hen Krisenbewä­ltigung kaum ernst zu nehmende Kritik gibt, sind viele mit der Abfederung der wirtschaft­lichen Folgen unzufriede­n.

Das Epidemiege­setz hatte noch vorgesehen, dass Unternehme­rn ein Entschädig­ungsanspru­ch für Verluste infolge be

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