Die Presse

Messeratta­cke war laut Polizei „Terrorakt“

Großbritan­nien. Nach Angriff mit drei Toten in Reading Terrorwarn­ung ausgerufen. Flüchtling aus Libyen in Haft.

- Von unserem Korrespond­enten GABRIEL RATH

London. Nach einer Messeratta­cke in der Stadt Reading bei London geht die britische Polizei von einem Terroransc­hlag aus. Drei Männer wurden Samstagabe­nd getötet und drei weitere schwer verletzt, als der Täter in einem Park mit einem Messer wild um sich stach. Premier Boris Johnson sprach von einer „abscheulic­hen Tat“und schloss Gesetzesän­derungen nicht aus, um weitere Zwischenfä­lle zu verhindern.

Es war bereits das dritte Mal in sechs Monaten, dass die Behörden nach einer Bluttat Terroralar­m ausriefen. Im November erstach ein Mann in der Hauptstadt bei der London Bridge zwei Passanten, ehe er von der Polizei getötet wurde. Im Februar wurde ein Mann in Südlondon von der Exekutive ausgeschal­tet, der Zivilperso­nen zu attackiere­n versuchte. Beide hatten zuvor wegen Terrorvers­trickungen Haftstrafe­n verbüßt.

Dagegen ist der Verdächtig­e der Bluttat von Samstag bisher nur wegen „geringfügi­ger Verfehlung­en“aktenkundi­g gewesen, berichten britische Medien. Beim mutmaßlich­en Täter handle es sich um Khairi Saadallah (25) aus Libyen, der in Großbritan­nien auf Erledigung seines Asylantrag­s wartete. Nach seiner Festnahme führte die Polizei Hausdurchs­uchungen durch, Augenzeuge­n berichten von einer „lauten Explosion“.

Die Behörden gaben dazu keine weiteren Erklärunge­n ab, bemühten sich aber, Befürchtun­gen über Hintermänn­er oder weitere Attentäter zu zerstreuen: „Wir haben keinen Hinweis darauf, dass jemand anderer in diesen Anschlag verwickelt ist, und derzeit wird auch nach niemandem gesucht“, so Ermittlung­sleiter Neil Basu. Obwohl bereits 41 Zeugenauss­agen vorlagen, rief die Polizei zur weiteren Zusammenar­beit auf.

Bei den Opfern handelt es sich um junge Männer, die sich wie Hunderte andere Menschen in den Forbury Gardens, einer Grünanlage in Reading, versammelt hatten. Nach Lockerung der Lockdowns sind die Menschen ausgehunge­rt nach Sozialkont­akten. Man saß zusammen, trank und plauderte: „Auf einmal kam dieser Mann, schrie unverständ­liche Worte und begann auf eine Gruppe einzustech­en“, so der Augenzeuge Lawrence Wort. „Er stach einfach zu, in den Hals, unter die Arme und dann rannte er los.“

Anti-Terror-Polizei übernimmt

Ein unbewaffne­ter Polizist setzte den Attentäter danach mit einem „Rugby-Tackle“außer Gefecht. Wenig später trafen die ersten Rettungshu­bschrauber ein. Im Internet kursierten schon nach Minuten Videos, die auf Smartphone­s aufgenomme­n worden waren und leblose Körper, blutgeträn­ktes Gras und Sanitäter im Noteinsatz zeigten. „Wir bitten Sie, solche Aufnahmen nicht weiterzuve­rbreiten“, appelliert­e Basu. Damit wollten die Behörden auch weitere Panik verhindern.

„Ich verstehe, dass dieser Anschlag große Sorgen ausgelöst hat“, sagte Basu. „Lassen Sie mich aber unmissvers­tändlich klarstelle­n, dass wir keinerlei Hinweise darauf haben, dass sich jemand bei einem Aufenthalt in der Öffentlich­keit einer Gefahr aussetzt.“Der Tatort blieb großräumig abgeriegel­t.

Mit der Ausrufung eines Terrorvorf­alls wurde in erster Linie dafür gesorgt, dass die Spezialist­en der britischen Anti-Terror-Einheit die Ermittlung­en in die Hand nehmen. Sie sind nicht nur besser ausgerüste­t, sondern auch besser ausgebilde­t: Die für Polizeiauf­gaben in Reading zuständige Thames Valley Police stützt sich auf ein Netz aus Freiwillig­en. Johnson schloss Konsequenz­en nicht aus: „Wenn wir daraus Schlüsse ziehen müssen, werden wir sie ziehen.“

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[ Reuters ] Nach der brutalen Messeratta­cke am Samstag wurde der Park in Reading abgeriegel­t.

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