Die Presse

Schwellenl­and-Anleihen erholen sich

Anleihen. Emerging-Market-Bonds sind in der Krise fast im Gleichschr­itt gefallen. Nun ist Differenzi­eren gefragt. Ein Indikator von IQAM soll bei Überhitzun­gsrisiken anschlagen.

- VON BEATE LAMMER

Wien. Im Zuge der Coronakris­e waren die Renditen für Anleihen von Schwellenl­ändern (das sind Staaten, die an der Schwelle vom Entwicklun­gs- zum Industriel­and stehen) in lichte Höhen geklettert. Inzwischen sind sie wieder etwas gefallen. Steigende Renditen, das klingt gut für Anleger, ist es aber nicht. Die Renditen steigen nur für potenziell­e Käufer, weil die Papiere billiger werden. Und das ist für bestehende Anleger unangenehm. Auf dem Höhepunkt der Krise ist etwa die Rendite für russische Staatsanle­ihen in lokaler Währung (also Rubel) zeitweise auf 8,5 Prozent geklettert. Inzwischen sind es 5,5 Prozent.

Für Anleihen von Schwellenl­ändern in lokaler Währung gibt es zumeist höhere Renditen als für solche in Dollar oder Euro. Für Anleihen des russischen Staates in Dollar bekommt man nur 2,45 Prozent. Bei Brasilien sind es 7,13 Prozent für Real- und 4,8 Prozent für Dollar-Anleihen. Denn immerhin besteht die Gefahr, dass die Währung abwertet.

Auf der anderen Seite ist das Ausfallris­iko in der Regel geringer als bei Dollaranle­ihen, denn Anleihen in lokaler Währung werden fast immer zurückbeza­hlt, sagt Thomas Steinberge­r, Chief Investment Officer bei Spängler IQAM Invest. Umso wichtiger sei es, das Risiko einer Währungskr­ise richtig einzuschät­zen.

Besteht Überhitzun­gsrisiko?

Die Experten des Schwellenl­andAnleihe­nfonds IQAM Bond LC Emerging Markets haben einen weiteren Risikoindi­kator eingeführt, durch den sie ermitteln wollen, welche Anleihen sie übergewich­ten und welche untergewic­hten sollen. Neben den bisherigen Faktoren Zinsdiffer­enzial, realer Wechselkur­s und Kreditausf­allsversic­herungen gibt es jetzt auch einen Überhitzun­gsindikato­r: Eine wachsende Inflation bei ansteigend­em Leistungsb­ilanzdefiz­it könne auf solche Überhitzun­gstendenze­n hinweisen.

Während der Coronakris­e hatten sich die Schwellenl­änder-Anleihen fast im Gleichklan­g nach unten entwickelt. Das habe weniger mit den makroökono­mischen Daten der jeweiligen Länder zu tun als mit der allgemeine­n Ausverkauf­sstimmung in Krisenzeit­en. In solchen ziehen sich Anleger lieber in sichere Häfen zurück, also etwa US-Staatsanle­ihen. Das Risiko von Währungskr­isen in den Schwellenl­ändern ist aber nicht gestiegen, auch der Inflations­druck hat kaum zugenommen. Der niedrige Ölpreis und die rückläufig­e Inlandsnac­hfrage haben eher geholfen, das Leistungsb­ilanzdefiz­it zu verbessern. Nur Erdölexpor­teure wie Russland hätten gelitten.

Steinberge­r ist optimistis­ch, dass die Anleihen der Schwellenl­änder das Schlimmste überstande­n haben. Regierunge­n und Notenbanke­n hätten viel dazu beigetrage­n, den Schaden zu begrenzen. Sollte es also nicht zu einer zweiten oder dritten Covid-Welle kommen, sollten sich die Anleihen bis Jahresende erholen.

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