Fonds erholten sich im Mai
Fonds.
Die Presse: Wie geht es Ihnen nach dem Lockdown?
Helmut Gragger: Wir hatten die ganze Zeit über offen. Aber es war spannend anzusehen. Am Freitag und Samstag davor gab es Hamsterkäufe, am Montag sind unsere Umsätze in der Innenstadt um 70 Prozent eingebrochen. Das ist bis heute nicht viel besser geworden.
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Während der Ausgangsbeschränkungen war es populär, sein eigenes Brot zu backen. Haben Sie das gespürt?
Nein, weil wir in einer sehr kleinen Nische sind. In der Bäckerei am Nordbahnhof sind die Umsätze sogar gestiegen, weil die Leute zu Hause waren statt im Büro. Und in Berlin, unserem größten Geschäft, haben wir so viel Brot gebacken wie noch nie, weil die Regale im Supermarkt leer gekauft waren.
Mussten Sie Leute kündigen? Nein, aber wir haben sechs von 70 Mitarbeitern auf Kurzarbeit gestellt. Unter dem Strich haben wir etwa 30 Prozent weniger Umsatz. Mir war relativ früh klar, dass da etwas passiert. Meine Bank wollte mir keinen Kreditrahmen geben, dann habe ich reagiert: die
Schichten getrennt, damit wir, falls jemand krank wird, nicht komplett stehen. Wir haben auch nicht um Coronahilfen angesucht, von der Kurzarbeit einmal abgesehen.
Wieso nicht?
Weil es zu kompliziert ist, sich ständig ändert und es sehr strenge Auflagen gibt, wofür man das Geld ausgeben darf. Nur bei der Gebietskrankenkasse haben wir um Stundung der Beiträge angesucht.
Finden Sie, dass zu laut nach Geld gerufen wird?
Nein, was mich beschäftigt, ist, dass Unternehmer in die Rolle der Bittsteller geraten sind. Das ist unangemessen. Als Unternehmer ist man selbstbewusstes, eigenständiges Handeln gewohnt. Es ist nun einmal so, dass Handwerks- und Gastronomiebetriebe nicht endlos Cash-Reserven haben. Es fehlt die Klarheit, wie es weitergeht.
Sie kennen Krisen aus Ihrem eigenen Lebenslauf, waren gleich zu Beginn einmal insolvent.
Das war mein großer Vorteil. Wenn du Bäckereiunternehmer bist, ist das Leben ein Auf und Ab. Mal läuft es, dann wieder nicht. Vor drei Jahren ist mein Geschäftspartner, mit dem ich alles aufgebaut habe, gestorben. Da fragt man sich: Wie geht es weiter?
Und wie geht es weiter?
Solche Erfahrungen helfen einem, dass man bei Problemen nicht den Kopf in den Sand steckt, sondern überlegt, was man tun kann. So wie jetzt in der Coronakrise.
2010 haben Sie die Bäckerei in der Spiegelgasse eröffnet, ein Jahr vor Josef Weghaupt. Trotzdem ist der „Joseph“heute viel bekannter. Warum?
Ich bin Bäcker, mir war das Wichtigste, dass wir Brot mit dem Holzofen backen. Vermarktung war für mich Neuland. Ich bin komplett naiv nach Wien gekommen und habe geschaut, dass ich ein gutes Brot mache. Der Joseph hat gutes Brot gemacht und die Marke dazu. Marketing war nie meine Stärke.
Dann haben schnell die großen Bäckereiketten nachgezogen, mit schicken Geschäften und hochwertigen Produkten. Wie hart ist der Wettbewerb?
Wir haben einen Holzofen, da denken alle, das ist ein Verrückter, der kann eh nicht so viel produzieren. Uns berühren diese Ketten überhaupt nicht. Wir haben 80 Prozent Stammkunden. Aber die Jungen wie Gragger, Joseph und Öfferl haben das Thema Brot stark gemacht. Wir haben die Lorbeeren in den Medien eingestreift. Aber die Profiteure des Brot-Hypes waren die Großen. Sie haben mit den Preisen nachgezogen, das Image aufpoliert, ihre Produkte verbessert. Und sie können viel effizienter produzieren als wir Kleinen. Auf der anderen Seite des Marktes gibt es beim Diskonter eine Semmel um 15 Cent. Und das ist noch teuer: In Berlin bekommt man die beim Türken um neun Cent.
Gibt es im Supermarkt wirklich Teiglinge aus China?
Nein. Es werden tatsächlich Backwaren aus China importiert. Aber das geht nicht in den Lebensmittelhandel, das kann sich niemand leisten. Sie verschwinden meines Wissens in den Großkantinen.
Sie haben eine Bäckerlehre gemacht und hatten eine harte Lehrzeit. Was war so schlimm?
Der Umgang war sehr rau. Du hast schon einmal in der Woche eine abgefangen. Aber das war damals so. Bäcker und Fleischer waren harte Berufe. Aber es war die einzige Stelle, die frei war. Eigentlich wollte ich Tischler lernen.
Wie ging es Ihnen damit ?
Für mich persönlich war es gut, ich habe arbeiten gelernt. Irgendwann im zweiten Lehrjahr habe ich zurückgeschlagen, dann habe ich nie wieder eine gekriegt.
Sind Sie für Ihre Lehrlinge ein strenger Meister?
Überhaupt nicht, weil ich diesen Zugang nicht schätze. Wir haben etwa zehn Lehrlinge im Jahr. Ich finde, man sollte wieder mehr Junge ausbilden, die Schwächen haben. Heute schaut man sehr auf die Zeugnisse. Wer Schwächen hat, wird ausgemustert. Aber wenn man sich Zeit für sie nimmt, hat man später gute Handwerker.
Und die bleiben im Betrieb?
Ja, sie sind auch treuer. Vielleicht können sie die Rezeptur nicht ausrechnen, dann muss man sie halt unterstützen. Aber in einer Bäckerei geht es sehr viel um Gefühl, und das können sie lernen.
Ihr Vater war Hilfsarbeiter, Ihre Mutter starb, als Sie zehn Jahre alt waren. Woher hatten Sie die 100.000 Schilling, mit denen Sie Ihre erste Bäckerei finanzierten? Ich habe zwei Jahre lang bei Nestle´ in der Produktentwicklung gearbeitet, bin viel gereist und habe gut verdient. Ich war schon gut in meinem Fach. Und für den Rest habe ich Schulden gemacht.
Sie haben auch Bäckereien im Senegal, im Kongo, in Uganda und in Thailand. Warum?
Ich habe das System Bäckerei immer hinterfragt. Es wird immer mehr von der Industrie gestaltet. Sie baut die Maschinen, entwickelt die Backmittel. Das schafft Abhängigkeit. In diesen Ländern ist das Bäckersterben viel intensiver als bei uns, weil sich kleine Bäckereien das Equipment und die Energie nicht mehr leisten können. Großkonzerne halten Marktanteile von bis zu 80 Prozent. Ich wollte das neu denken. Und habe einen Solarofen erfunden und einen, den man mit Abfall betreiben kann. Damit sparen wir die Hälfte der Energie. Das hat alles super funktioniert – nur mit dem Management hatten wir immer Probleme.
Wieso, was ist passiert?
Der Zugang zu Arbeit ist gut, die Hierarchien sind strenger als bei uns. Frauen werden nicht so akzeptiert, die Älteren schaffen den Jungen an. Natürlich abhängig von der Gegend. Das Problem ist, wenn jemand eine Führungsposition
eröffnete 2010 eine Bäckerei in der Wiener Spiegelgasse. Heute hat er mehrere Filialen in Wien und Berlin, sein Stammsitz ist im oberösterreichischen Ansfelden. In Österreich setzt er mit 70 Mitarbeitern rund 3,4 Millionen Euro im Jahr um, in Berlin sind es vier Millionen Euro mit 40 Mitarbeitern. 2015 eröffnete Gragger eine Bäckerei in Senegal, später kamen Bäckereien in Uganda, im Kongo, in Thailand dazu, eine ist in Nigeria geplant.
Wien. Die heimischen Investmentfonds haben im Mai wieder moderate Kursgewinne verzeichnet und zumindest auf Zwölfmonatssicht ihre Verluste ausgemerzt. Die durchschnittliche Einjahresperformance lag im arithmetischen Mittel bei plus 0,13 Prozent, nach minus 3,18 Prozent im Monat davor. Dabei standen mit Ende Mai 762 Fonds im Plus, fünf blieben unverändert, und 752 notierten im Minus. Auf Fünfjahressicht belief sich das Plus im Schnitt auf 0,69 Proübernimmt, glaubt der oft, das heißt, nicht mehr arbeiten. In Senegal hat der Manager drei Monate lang die Bäckerei aufgebaut, dann hat er das Geld genommen und ist für drei Monate nach Frankreich gereist.
Also planen Sie eher nicht, nach Afrika zu übersiedeln.
Spannend wäre es schon. Die Möglichkeiten, ein Unternehmen aufzubauen, sind viel besser als in Österreich. Und der monetäre Erfolg ist das Hundertfache von dem, was man hier schafft. Unternehmertum wird damit verbunden, wie viel Geld du verdient hast, ob du reich geworden bist. Ich bin seit 22 Jahren selbstständig und nicht einmal annähernd reich. Allein die Filiale in der Spiegelgasse hat 800.000 Euro gekostet, und da ist ja nichts, ein Geschäft, zwei Backöfen, fertig. Die Auflagen sind sehr hoch bei uns und damit der Einstieg. In Afrika macht man einfach.
Was bedeutet reich sein für Sie? Gute Frage. Wenn man keine finanziellen Sorgen mehr hat. Das hat sich nicht verändert. Mir geht es nicht schlecht, aber ich habe immer noch finanzielle Sorgen. Einmal mehr, einmal weniger.