Die Presse

Österreich wird seinen EU-Budgetraba­tt behalten

Europäisch­er Rat. EU-Ratspräsid­ent Michel legt einen Kompromiss­vorschlag für den EU-Haushalt 2021–2027 vor.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Brüssel. Am Freitag legte Charles Michel, Präsident des Europäisch­en Rats, seinen Vorschlag für den Haushaltsr­ahmen der Union in den kommenden sieben Jahren vor. Überraschu­ngen enthält dieses 63-seitige Papier nicht, wohl aber einige Bestätigun­gen bisheriger Annahmen. Erstens wird es mit Ausnahme einer ohnehin nicht mehr kontrovers­iellen Abgabe auf Plastikmül­l in naher Zukunft keine neuen EU-eigenen Einnahmequ­ellen geben. Das ist eine politische Niederlage für die Europäisch­e Kommission und ihren Budgetkomm­issar, Johannes Hahn. Sie hatten erst vor zwei Monaten vier neue EU-Abgaben mit viel medialem Aufwand präsentier­t.

Zweitens behalten die fünf am Pro-Kopf-Aufwand gemessen größten Nettozahle­r ihre Rabatte von den Mitgliedsz­ahlungen. Deutschlan­d (3,67 Milliarden Euro pro Jahr), die Niederland­e (1,58 Milliarden Euro), Schweden (798 Millionen Euro), Österreich (237 Millionen Euro) und Dänemark (197 Millionen Euro) sind in Michels Vorschlag für die Verhandlun­gen beim Europäisch­en Rat am kommenden Donnerstag und Freitag in Brüssel mit entspreche­nden Abschlägen von ihren Mitgliedsb­eiträgen bedacht. Für Österreich macht das in Summe, über die siebenjähr­ige Periode gerechnet, also rund 1,66 Milliarden Euro aus.

Zur Erinnerung: als die Vorarbeite­n an diesem Haushaltsr­ahmen für die Jahre 2021–2027 vor rund zwei Jahren begannen, war es in Brüssel und vielen Staatskanz­leien mehr oder weniger Konsens, dass das intranspar­ente System der Rabatte im Licht des Austritts der Briten aus der Union abgeschaff­t werden solle. Schließlic­h war der Britenraba­tt der Auslöser dafür, dass die genannten Nettozahle­r ebenfalls Vergünstig­ungen erhielten. Realpoliti­sch war dieses Bekenntnis zu Transparen­z jedoch nicht haltbar.

Unmut über EU-Kommission

In Summe macht Michels Budgetvors­chlag 1,074 Billionen Euro für die sieben Jahre aus. Das ist nur um rund 40 Milliarden Euro weniger als jener Betrag, auf den man sich beim letztlich gescheiter­ten ersten Anlauf im Februar eingepegel­t hat.

Michel hält an Art und Umfang des von der Kommission auf Basis eines französisc­h-deutschen Vorschlags entworfene­n Aufbaufond­s fest: 750 Milliarden Euro zusätzlich, davon 500 Milliarden Euro als Transfers. Doch die Art der Ausschüttu­ng will er nach Rücksprach­e mit den Regierunge­n ändern: 70 Prozent in den Jahren 2021 und 2022 auf Basis der Arbeitslos­enzahlen der jüngeren Vergangenh­eit, die restlichen 30 Prozent auf Basis der konjunktur­ellen Entwicklun­g seit Beginn der Coronakris­e. Die Kommission wird eingeladen, nächstes Jahr konkrete Vorschläge für eine Digitalste­uer, eine EU-Klimaabgab­e für Importe und eine Reform des Emissionsh­andelssyst­ems vorzulegen. Die sollten spätestens 2023 eingeführt werden und dazu dienen, zumindest einen Teil der Schulden für den Aufbaufond­s zurückzuza­hlen. Im Rat lässt man Kritik an der mangelnden Vorbereitu­ng der Kommission durchblick­en: „Wir sind zum Schluss gekommen, dass das jetzt nicht Teil der Lösung sein kann. Uns fehlen einfach die konkreten Zahlen von der Kommission.“

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