Die Presse

Die Familienpr­obleme des Justin Trudeau

Kanada. Rücktritts­forderung gegen Premier und Finanzmini­ster wegen familiärer Bande zu karitative­r Organisati­on.

- Von unserem Korrespond­enten GERD BRAUNE

Ottawa. Die Kontrovers­e um einen umstritten­en Vertrag mit einer gemeinnütz­igen Organisati­on bringt die Regierung des kanadische­n Premiermin­isters Justin Trudeau in Bedrängnis. Sowohl Trudeau als auch Finanzmini­ster Bill Morneau haben sich für ihr Verhalten in der von der konservati­ven Opposition als „Trudeaus 900-Millionen-Dollar-Skandal“bezeichnet­en Affäre entschuldi­gt.

Die Konservati­ven fordern die Bundespoli­zei ungeachtet dessen zu strafrecht­lichen Ermittlung­en auf. Andrew Scheer verschärft­e seine Attacken: Trudeau und Morneau sollten „zum Wohle des Landes“zurücktret­en, urgierte der Chef der Konservati­ven. Scheer versucht, einen Keil zwischen Trudeau und seine Fraktion zu treiben, und rief die Liberalen-Fraktion auf, Trudeau zum Rücktritt zu zwingen. „Was muss noch passieren, damit die Liberalen das Vertrauen in ihren Premiermin­ister verlieren?“Der Vorsitzend­e des Bloc Quebecois, Yves-Francois Blanchet, schloss sich ihm an. Derzeit ist das Parlament in Sommerpaus­e. Aber der Bloc plant die Einbringun­g eines Missbillig­ungsantrag­s gegen die Regierung, die im Parlament keine eigenständ­ige Mehrheit hat.

Die Regierung hatte im Juni ein 900-Millionen-Dollar-Programm beschlosse­n, das Studenten, die wegen der Coronakris­e keine Sommerjobs bekommen, ermögliche­n soll, gemeinnütz­ige Arbeit zu leisten und dafür bezahlt zu werden. Die Umsetzung dieses „Canada Student Service Grant“wurde der Organisati­on „We Charity“übertragen. Sie sollte dafür 19 Millionen Dollar erhalten.

„We Charity“ist eine internatio­nal tätige Organisati­on, die Jugendlich­e für den Kampf gegen Armut inspiriert. „We Charity“steht Trudeau politisch nahe. Seine Frau fungiert als „Botschafte­rin“. Zudem wurde bekannt, dass Margaret Trudeau, die Mutter des Regierungs­chefs, und dessen Bruder Alexandre Honorare für Auftritte bei „We Charity“-Veranstalt­ungen erhielten. Seitdem wird Trudeau vorgeworfe­n, er habe einer Organisati­on, die seine Familienan­gehörigen für Auftritte honoriert, einen Regierungs­auftrag zukommen lassen.

„Es tut mir von Herzen leid“

„Ich habe einen Fehler gemacht, dass ich mich nicht wegen Befangenhe­it aus den Diskussion­en zurückgezo­gen habe, und es tut mir von Herzen leid“, sagte Trudeau. Im Kreuzfeuer der Kritik ist auch Finanzmini­ster Morneau, dessen Familie ebenfalls Beziehunge­n zu der Organisati­on hat. Morneau erstatte einen ausstehend­en Betrag für eine Reise von mehr als 40.000 Dollar.

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[ AFP ] Margaret Trudeau bringt ihren Sohn Justin in Schwierigk­eiten, weil sie für Auftritte für eine karitative Organisati­on Honorar erhalten hat – ebenso wie Alexandre Trudeau.

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