Die Presse

„Die Bubis und Bobos wollen das Bundesheer einfach nicht“

Bundesheer II. Ex-Generalsta­bschef Edmund Entacher über die Reformplän­e im Verteidigu­ngsressort und die „Aushöhlung der Landesvert­eidigung“.

- VON ALEXANDER PURGER

Sie haben noch viel Kontakt zur Truppe. Wie ist die Stimmung dort nach den Ereignisse­n der vergangene­n Wochen?

Edmund Entacher: Es herrscht völlige Verunsiche­rung durch den Kurs der Ministerin. Die Soldaten erfüllen selbstvers­tändlich weiter loyal ihre Aufträge, aber viele sind sehr enttäuscht.

Worüber konkret? Was hat Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner falsch gemacht?

Meiner Einschätzu­ng nach sehr viel. Das fängt schon bei der Informatio­nspolitik an: Es ist offensicht­lich, dass ihr Generalsek­retär Dieter Kandlhofer eine Strategie des Kaputtspar­ens verfolgt, während die Ministerin behauptet, dass das alles nur Vorteile habe. Da geht doch die Glaubwürdi­gkeit vollkommen verloren! Noch dazu, wo Kandlhofer von der Öffentlich­keit weitgehend unbemerkt das jährliche Rüstungspr­ogramm außer Kraft gesetzt hat. Damit ist unklar, ob heuer überhaupt noch irgendetwa­s beschafft werden kann.

Was steckt dann hinter den aktuellen Reformplän­en?

Ich habe den Eindruck, dass die Landesvert­eidigung völlig ausgehöhlt werden soll, und zwar bis zur Ausschaltu­ng. Die Qualität der Debattenbe­iträge ist so lächerlich, dass ich vor Schmerz nicht mehr lachen kann. Wenn zum Beispiel wieder über die Reduktion der schweren Waffen gesprochen wird: Da haben wir ohnehin nur noch Quantitäte­n, die kaum der Rede wert sind. Offensicht­lich wird der Plan verfolgt, auf die Landesvert­eidigung gänzlich zu verzichten.

Wer verfolgt diesen Plan?

Meiner Meinung nach steckt ein moderner österreich­ischer Pazifismus dahinter. Man darf nicht alle in einen Topf werfen: Aber manche Bubis und Bobos in den Parteien wollen das Bundesheer einfach nicht. Und das ist ein wichtiger Teil der politische­n Klasse.

Politiker machen doch immer das, was die Mehrheit will, oder? Man könnte den Bürgern die Notwendigk­eit der Landesvert­eidigung durchaus verständli­ch machen. Man braucht nur die Frage zu stellen: Wollt Ihr, dass Österreich im Ernstfall nicht verteidigt wird? Denn ein Blick auf die Landkarte zeigt: Wenn Europa in einen militärisc­hen Konflikt gerät, dann ist Österreich mitbetroff­en. Weil es geografisc­h gar nicht anders geht.

Müsste der Generalsta­b gegen die Sparpläne aufstehen?

Das ist nicht seine Aufgabe. Aufgabe des Generalsta­bs ist es, Entscheidu­ngsgrundla­gen zu liefern. Das Kandlhofer-Papier ist ohne Mitarbeit des Generalsta­bs entstanden – und dementspre­chend ohne Tiefgang. Aus den Zeiten der Minister Mario Kunasek und Thomas Starlinger liegen umfangreic­he Papiere des Generalsta­bs vor, die außerorden­tlich fundiert sind.

Sehen Sie an den Reformplän­en auch etwas Positives?

Wenn es stimmt, dass in die Miliz, in die Pioniere und in die Cyberund ABC-Abwehr mehr Geld fließen, dann ist das positiv.

Was halten Sie davon, dass kein Ersatz für die alten Flieger Saab 105 gekauft wird?

Das halte ich für sehr schlecht. Bisher konnten die Luftraumüb­erwachung und die Pilotenaus­bildung zwischen teuren und billigeren Maschinen aufgeteilt werden. Das geht dann nicht mehr. Ebenso schlecht ist die Entscheidu­ng, die Eurofighte­r nicht nachzurüst­en. Das könnte unter Umständen dazu führen, dass sie gar nicht mehr einsetzbar sind.

Wie sehen Sie unterm Strich die Zukunft der Landesvert­eidigung? Das Heer erfüllt derzeit noch alle Aufträge. Es ist ein kleines österreich­isches Wunder, dass das bei diesen Rahmenbedi­ngungen noch so gut funktionie­rt. Aber Tatsache ist, dass die Katastroph­enhilfe nicht mehr in dem Ausmaß möglich ist wie früher. Und dass die militärisc­he Landesvert­eidigung heute nicht mehr darstellba­r ist. Das halte ich für gravierend, denn ohne Vorsorge kann man im Ernstfall nicht auf einen Knopf drücken. Da passiert dann nämlich nichts.

 ?? [ Fabry ] ?? Edmund Entacher.
[ Fabry ] Edmund Entacher.

Newspapers in German

Newspapers from Austria