Wie Europa doch noch punkten kann
Aktien. Europa droht gegenüber den USA und Asien ins Hintertreffen zu geraten. Geht es nach der UBS, ist kein Pessimismus angebracht. Dafür sind die Firmen zu gut.
Wien. Unflexible Arbeitsmärkte, schwächere Wachstumsraten, eine alternde Bevölkerung: Europa erweckt nicht gerade den besten Eindruck, vor allem im Vergleich zu Asien und den USA. „Europa hat mit Sicherheit große Herausforderungen zu bewältigen“, sagt Maximilian Kunkel, UBS-Anlagechef für Deutschland und Österreich. „Doch es wird unterschätzt, dass Europa in gewissen Bereichen, die schon vor Corona stark gewachsen sind, nun noch stärker wächst.“Auf dem Kontinent sind immerhin einige der führenden Unternehmen der Welt beheimatet, die in ihrer Sparte zu den besten der Welt zählen.
Die UBS will Europa deshalb nicht abschreiben. Ganz im Gegenteil. Kunkel sieht vier Megatrends, die für ein Investment in Europa sprechen. Dazu zählt die Elektromobilität (siehe Bericht oben), aber auch Medizin- und Gesundheitstechnik, Automatisierung und Robotik sowie globale Marken.
Gerade die Coronakrise hat der Welt vor Augen geführt, wie zerbrechlich internationale Lieferketten sein können. Und wie sehr Unternehmen darunter leiden, wenn ihre Waren aus Fernost nicht in der Heimat ankommen. Das könnte der Globalisierung den Wind aus den Segeln nehmen. Kunkel glaubt: „Wir werden eine Welt haben, die weniger global ist.“Viele Unternehmen würden nun ihre Lieferketten überdenken. Doch wer die Produktion nach Hause zurückholt, muss mit höheren Arbeitskosten rechnen. Das drückt auf die Margen und letztlich auch auf den Gewinn.
Roboter sind die Zukunft
Die Unternehmen werden sich deshalb öfter die Frage stellen (müssen), wie sie wettbewerbsfähig bleiben können. „Technologische Entwicklungen in der Automatisierung und Robotik werden dies ermöglichen,“sagt Kunkel. Firmen wie Siemens, Schneider oder ABB haben sich weltweit einen Namen gemacht. Ihnen gemeinsam ist: Sie sitzen in Europa.
Auch „globale Marken“sind so ein Thema, bei dem der Kontinent die Nase vorn haben könnte. Viele Luxuslabels haben ihren Firmensitz hier, machen aber gute Geschäfte in Asien, zum Beispiel in China. In keinem anderen Land ist der Anteil der Online-Umsätze so hoch. Gerade Corona hat gezeigt: Ohne E-Commerce wollen die Konsumenten nicht mehr leben. Und: Im Zweifel halten sich Verbraucher an jene Unternehmen, die sie kennen und die es geschafft haben, ihnen ein digitales Einkaufserlebnis zu ermöglichen.
Für Senioren ist letzteres möglicherweise weniger relevant. Vielmehr ist es der Fortschritt in der Medizintechnik. Zwar sind Europas Medizintechnikfirmen nicht die größten, im MSCI World Medtech Index machen sie aber ein Fünftel aller Positionen aus. Die Branche in Europa ist sehr konsumentennah und auch führend auf ihrem Gebiet. Hörgeräte, Zahnimplantate und Augenheilkunde – die Bevölkerung wird älter und wohlhabender und wird davon immer mehr Gebrauch machen.