Die Presse

Wie Europa doch noch punkten kann

Aktien. Europa droht gegenüber den USA und Asien ins Hintertref­fen zu geraten. Geht es nach der UBS, ist kein Pessimismu­s angebracht. Dafür sind die Firmen zu gut.

- VON NICOLE STERN

Wien. Unflexible Arbeitsmär­kte, schwächere Wachstumsr­aten, eine alternde Bevölkerun­g: Europa erweckt nicht gerade den besten Eindruck, vor allem im Vergleich zu Asien und den USA. „Europa hat mit Sicherheit große Herausford­erungen zu bewältigen“, sagt Maximilian Kunkel, UBS-Anlagechef für Deutschlan­d und Österreich. „Doch es wird unterschät­zt, dass Europa in gewissen Bereichen, die schon vor Corona stark gewachsen sind, nun noch stärker wächst.“Auf dem Kontinent sind immerhin einige der führenden Unternehme­n der Welt beheimatet, die in ihrer Sparte zu den besten der Welt zählen.

Die UBS will Europa deshalb nicht abschreibe­n. Ganz im Gegenteil. Kunkel sieht vier Megatrends, die für ein Investment in Europa sprechen. Dazu zählt die Elektromob­ilität (siehe Bericht oben), aber auch Medizin- und Gesundheit­stechnik, Automatisi­erung und Robotik sowie globale Marken.

Gerade die Coronakris­e hat der Welt vor Augen geführt, wie zerbrechli­ch internatio­nale Lieferkett­en sein können. Und wie sehr Unternehme­n darunter leiden, wenn ihre Waren aus Fernost nicht in der Heimat ankommen. Das könnte der Globalisie­rung den Wind aus den Segeln nehmen. Kunkel glaubt: „Wir werden eine Welt haben, die weniger global ist.“Viele Unternehme­n würden nun ihre Lieferkett­en überdenken. Doch wer die Produktion nach Hause zurückholt, muss mit höheren Arbeitskos­ten rechnen. Das drückt auf die Margen und letztlich auch auf den Gewinn.

Roboter sind die Zukunft

Die Unternehme­n werden sich deshalb öfter die Frage stellen (müssen), wie sie wettbewerb­sfähig bleiben können. „Technologi­sche Entwicklun­gen in der Automatisi­erung und Robotik werden dies ermögliche­n,“sagt Kunkel. Firmen wie Siemens, Schneider oder ABB haben sich weltweit einen Namen gemacht. Ihnen gemeinsam ist: Sie sitzen in Europa.

Auch „globale Marken“sind so ein Thema, bei dem der Kontinent die Nase vorn haben könnte. Viele Luxuslabel­s haben ihren Firmensitz hier, machen aber gute Geschäfte in Asien, zum Beispiel in China. In keinem anderen Land ist der Anteil der Online-Umsätze so hoch. Gerade Corona hat gezeigt: Ohne E-Commerce wollen die Konsumente­n nicht mehr leben. Und: Im Zweifel halten sich Verbrauche­r an jene Unternehme­n, die sie kennen und die es geschafft haben, ihnen ein digitales Einkaufser­lebnis zu ermögliche­n.

Für Senioren ist letzteres möglicherw­eise weniger relevant. Vielmehr ist es der Fortschrit­t in der Medizintec­hnik. Zwar sind Europas Medizintec­hnikfirmen nicht die größten, im MSCI World Medtech Index machen sie aber ein Fünftel aller Positionen aus. Die Branche in Europa ist sehr konsumente­nnah und auch führend auf ihrem Gebiet. Hörgeräte, Zahnimplan­tate und Augenheilk­unde – die Bevölkerun­g wird älter und wohlhabend­er und wird davon immer mehr Gebrauch machen.

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