Rapper und die Wahrheit
Urteil: Kreative Slogans in Werbespots dürfe man nicht ganz ernst nehmen, sagt der OGH.
Wien. „Alle kaufen alles ein zum Hofer-Preis, alles meins, alles deins zum Hofer-Preis“, heißt es in einem Rap, mit dem eine Supermarktkette ihre Produkte bewirbt. Dazu gibt es einen Seitenhieb auf andere Geschäfte, heißt es in dem Rap doch auch: „Hofer-Preis, alles andere ist overpriced.“Ein Mitbewerber, der sich den Vorwurf überhöhter Preise nicht gefallen lassen wollte, klagte darauf. Marktschreierisch sei der Rap und Hofer betreibe damit unlauteren Wettbewerb, lautete der Vorwurf. Und so mussten die Gerichte nun die Frage klären, wie wörtlich man einen Rap in der Werbung nehmen darf.
Bereits das Oberlandesgericht Wien war zum Schluss gekommen, dass man den Text nicht so ernst nehmen dürfe und wies die Klage ab. Der Werbeslogan erfolge nämlich in kreativer Form: Mit zweifachem Reim sowie gemischt auf Deutsch und Englisch, wie das Gericht analysierte. Deswegen werde er von den Zuhörern nicht wörtlich genommen. Der Rap wolle im Kern eigentlich nur aussagen, dass es beim Hofer günstige Einkaufsgelegenheiten gebe.
Auch der Oberste Gerichtshof (OGH) betonte, dass es in der Werbung auf den Gesamtzusammenhang ankommt. Nur so könne festgestellt werden, ob sich dahinter eine „objektiv überprüfbare Tatsachenbehauptung“oder aber „nur eine rein subjektive, jeder objektiven Nachprüfung entzogene Meinungskundgebung“verbirgt. Entscheidend sei, wie das Publikum (also der mögliche Supermarktkunde) den Rap verstehe.
Wer reimt, darf mehr
Und diesbezüglich zeigten auch die Höchstrichter Verständnis für die Poesie des Discounters: „Bei Verwendung von Versen oder Reimen zu Werbezwecken sind dabei gewisse Übertreibungen vielfach kaum zu vermeiden“, meinte der OGH. Und generell müsse man Werbeankündigungen in Form von Versen oder Reimen milder als andere Aussagen beurteilen, betonten die Richter. Die solcherart aufgestellten Behauptungen seien meist nicht im strengen Sinne des Wortes auszulegen.
„Gerade die einprägsame, suggestive Wortfassung solcher Werbesprüche oder Werbeslogans macht dem Durchschnittspublikum leicht erkennbar, dass sie inhaltlich nichts Wesentliches aussagen und daher auch nicht wörtlich zu nehmen sind“, sagte der OGH (4 Ob 70/20b). Zu Recht sei die Vorinstanz daher davon ausgegangen, dass „bei den beanstandeten Werbeaussagen die besonders kreative Kombination von deutscher und englischer Sprache im Vordergrund stehe, die einen zweifachen Reim ermögliche, sodass die Aussage nicht wörtlich genommen werde“.
Auch wenn der Rap zuweilen in der Werbung laut gesungen wird, handelt es sich somit um keine marktschreierischer Anpreisung. Der Slogan darf weiter gerappt werden.