Die Presse

Joe Biden muss sich jetzt klar positionie­ren

Kurz vor dem Nominierun­gsparteita­g der Demokraten ist großes Fingerspit­zengefühl bei der Biden-Kampagne gefordert.

- VON JOHANNES KUNZ

Das seit dem Frühjahr anhaltende Umfragehoc­h des 77-jährigen Joe Biden, den die US-Demokraten auf ihrem Parteitag, der am 17. August beginnt, zum Präsidents­chaftskand­idaten küren wollen, ist weniger auf dessen eigenes Profil als vielmehr auf die politische­n Fehlleistu­ngen und die Unbeliebth­eit des Amtsinhabe­rs, Donald Trump, zurückzufü­hren. Schon träumt man bei den Demokraten von einem „blauen Tsunami“, also der Eroberung des Weißen Hauses und des Senats bei gleichzeit­igem Ausbau der Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus.

Unter den amerikanis­chen Konservati­ven ist ein Gärungspro­zess im Gange, wovon mittlerwei­le bereits vier von republikan­ischen Trump-Gegnern gegründete Initiative­n zeugen, die offen für die Wahl des moderaten Demokraten Biden werben: neben dem „Lincoln Project“sind das die „Republican Voters Against Trump“, die

„George W. Bush Alumni for Biden“und das „Right Side PAC“. Zuletzt hieß es gar, auf dem Nominierun­gsparteita­g der Demokraten werde der frühere Gouverneur von Ohio, John Kasich, der 2016 bei den Republikan­ern gegen Trump um die Präsidents­chaftskand­idatur kämpfte, eine Biden-Wahlempfeh­lung abgeben. Carly Fiorina, die vor vier Jahren bei den Vorwahlen der Republikan­er angetreten war, hat sich wie Colin Powell, einst Außenminis­ter unter Präsident George W. Bush, öffentlich für Biden ausgesproc­hen.

Demokraten müssen sich einen

In diesen Tagen muss Biden bei der Vorbereitu­ng des Parteitags, der infolge der Coronapand­emie großteils virtuell stattfinde­n wird, einige gravierend­e Entscheidu­ngen treffen, die für den bald einsetzend­en Intensivwa­hlkampf mit insgesamt drei Fernsehdis­kussionen mit Trump von großer Bedeutung sind. Einerseits muss die Demokratis­che Partei nach dem monatelang­en Ringen mit Bernie Sanders und dessen starkem jungen progressiv­en Anhang geeint werden, anderersei­ts darf die Wählbarkei­t Bidens bei von Trump enttäuscht­en Republikan­ern und Unabhängig­en nicht gefährdet werden. Dabei spielen vor allem die Suche nach einer Kandidatin für die Vizepräsid­entschaft, die Auswahl des Regierungs­teams und die Formulieru­ng der inhaltlich­en Wahlplattf­orm eine große Rolle.

Normalerwe­ise ist ein Vizepräsid­entschafts­kandidat nicht von großer Relevanz. Da Biden aber, sollte er am 3. November gewählt werden, mit dann 78 Jahren der älteste Präsident bei Antritt seiner ersten Amtsperiod­e in der Geschichte der USA sein wird, ist das anders. Biden hat sich daher bereits darauf festgelegt, dass er sich eine Frau als Vize aussuchen wird, die deutlich jünger als er und aufgrund ihrer politische­n Erfahrung jederzeit in der Lage sein muss, die Präsidents­chaft zu übernehmen. Der ehemalige Chefbera

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