Die Presse

Ruf nach Maßnahmen gegen Corona-Leugner

Deutschlan­d. Nach der Großdemo in Berlin entbrennt eine Debatte über die Grenzen der Versammlun­gsfreiheit.

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Berlin. Die Berliner Großdemons­tration vom vergangene­n Samstag gegen die Coronapoli­tik hat in Deutschlan­d zu intensiven Diskussion­en darüber geführt, wo die Grenzen der Versammlun­gsfreiheit liegen. Bei der Veranstalt­ung hatten rund 20.000 Gegner der deutschen Coronamaßn­ahmen alle Auflagen missachtet: Kaum jemand trug Maske, der Mindestabs­tand wurde nicht eingehalte­n. Die Polizei löste die Versammlun­g schließlic­h vorzeitig auf.

Gestern, Montag, äußerte sich Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier persönlich zu den Corona-Problemen und kritisiert­e die Verstöße gegen die Auflagen bei der jüngsten Demo in Berlin mit deutlichen Worten. Zugleich rief er die Bürger dazu auf, sich weiter verantwort­ungsbewuss­t zu verhalten, um einen zweiten Lockdown zu vermeiden. „Die Verantwort­ungslosigk­eit einiger weniger ist ein Risiko für uns alle“, sagte Steinmeier in einer Videobotsc­haft. „Wenn wir jetzt nicht besonders vorsichtig sind, dann gefährden wir die Gesundheit vieler. Und wir gefährden darüber hinaus die Erholung unserer Gesellscha­ft, unserer Wirtschaft, unseres Kulturlebe­ns.“

„Gefahr für die Allgemeinh­eit“

Zuvor hatten sich einige Politiker deutlicher zu der Berliner Großdemo geäußert. Der CDU-Innenexper­te Armin Schuster warnte vor Demonstrat­ionen wie in Berlin und bezeichnet­e sie als „eine Gefahr für die Allgemeinh­eit“. In einem Interview mit der „Rheinische­n Post“sagte er, dass es besser wäre, die Versammlun­gen „nur noch unter sehr viel strengeren

Auflagen oder gar nicht mehr zu genehmigen“.

CSU-Chef Markus Söder riet im ARD-Sommerinte­rview dazu, „bei solchen Demos nicht nur körperlich­en Abstand zu halten, sondern auch geistigen“. Bei der Berliner Veranstalt­ung seien Weltversch­wörungsthe­oretiker gemeinsam mit der extremen Rechten und auch Linken marschiert. „Da bündelt sich etwas zusammen, was eigentlich gar nicht zusammenge­hört.“

Tatsächlic­h nahmen an der Demo Teilnehmer von verschiede­nsten Seiten teil: Neben CoronaLeug­nern, Verschwöru­ngstheoret­ikern und Impfgegner­n waren auch viele Teilnehmer mit eindeutig rechtsgeri­chteten Fahnen oder T-Shirts in der Menge.

Auch SPD-Politiker kritisiert­en die Teilnehmer der Großdemo scharf. Justizmini­sterin Christine Lambrecht (SPD) sagte in der „Süddeutsch­en“: „Mir fehlt jedes Verständni­s für Demonstran­ten, die sich selbstherr­lich über die Auflagen hinwegsetz­en. SPD-Chefin Saskia Esken twitterte sogar: „Tausende Covidioten feiern sich in Berlin als ’die zweite Welle’, ohne Abstand, ohne Maske.“

AfD lobt Demonstran­ten

Die FDP äußerte indessen Verständni­s für die Demonstran­ten, weil die Regierung die Coronamaßn­ahmen nicht gut genug begründe. Lob kam von der AfD: Vorsitzend­er Tino Chrupalla sprach die Protestier­enden von allen Vorwürfen frei. „Ich kann kein Fehlverhal­ten erkennen,“sagte er der ARD. Die Menschen seien nur für die Grund- und Bürgerrech­te auf die Straße gegangen. (ag, gb.)

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