Dient der Dollar als Weltreservewährung aus?
Prognose. Der Status des US-Dollar als globale Reservewährung ist gefährdet, sagt Goldman Sachs. Es gibt einige Risken.
New york/Brüssel/wien. Die USGroßbank Goldman Sachs Group hat dieser Tage auf die in den USA plötzlich wachsenden Inflationssorgen hingewiesen und davor gewarnt, dass der US-Dollar Gefahr laufe, seinen Status als weltweite Reservewährung zu verlieren.
Der US-Kongress berät über eine weitere Runde von Fiskalimpulsen, um die von der Pandemie heimgesuchte Wirtschaft zu stützen, und die US-Notenbank Federal Reserve hat ihre Bilanz in diesem Jahr bereits um etwa 2,8 Billionen Dollar ausgeweitet. Die Strategen von Goldman warnten nun, dass die US-Politik in Bezug auf den Dollar Abwertungsängste auslöse. Infolgedessen könnte der Dollar seinen Status als dominante Kraft an den weltweiten Devisenmärkten einbüßen.
Zwar ist dies in den meisten Finanzkreisen immer noch eine Minderheitenmeinung – und die Goldman-Analysten sagen auch nicht, dass dies notwendigerweise passieren wird. Aber es trifft eine nervöse Stimmung, die in diesem Monat den Markt befallen hat: Anleger sind besorgt, dass das Anwerfen der Notenbankpresse in den nächsten Jahren eine Inflation auslösen wird. Sie haben dem Dollar den Rücken gekehrt und sich stark dem Gold zugewandt. So war dieser Juli für den Bloomberg Dollar Spot Index der schlechteste seit zehn Jahren.
Alarmglocken wegen Inflation
„Gold ist die Währung der letzten Instanz, insbesondere in einem Umfeld wie dem jetzigen, in dem die Regierungen ihre Fiat-Währungen und die Realzinsen auf Allzeittiefs drücken“, schrieben die Goldman-Strategen um Jeffrey Currie. Es gibt nun „echte Bedenken hinsichtlich der Langlebigkeit des USDollar als Reservewährung“.
Die Goldman-Studie zeigt, dass das anfängliche Zögern der Wall Street zu Beginn der Pandemie, die Alarmglocken bezüglich der Inflation zu läuten, nachlässt. In der Finanzkrise von 2008 hatten sich viele Analysten heftig in die Nesseln gesetzt mit ominösen Prognosen von rasch steigenden Preisen infolge der fiskal- und geldpolitischen
Stimuli. Nun zögerten viele, derartige Projektionen wieder abzugeben, insbesondere da die Wirtschaft in eine tiefe Rezession abgerutscht ist.
Rekordverdächtige Goldrallye
Aber nachdem Gold Rekordhochs erklimmt und die Inflationserwartungen von Anleiheinvestoren fast täglich steigen, allerdings von einem sehr niedrigen Niveau, ist die Debatte um die langfristigen Auswirkungen der Stimuli lauter geworden. Die 10-Jahres-Breakeven-Rate – die Differenz zwischen nominalen und inflationsgebundenen Anleiherenditen – ist von 0,47 Prozent im März auf etwa 1,51 Prozent gestiegen.
Die rekordverdächtige Rallye von Gold spiegelt die wachsende Besorgnis bezüglich der Weltwirtschaft wider. Goldman hat seine Zwölf-Monats-Prognose für Gold auf 2300 Dollar je Unze angehoben, von 2000 Dollar je Unze zuvor. Goldman steht mit seiner bullishen Sicht auf Gold bei Weitem nicht allein da. Die ultralockere Geldpolitik spreche „auf absehbare Zeit“für einen weiter steigenden Goldpreis, schreibt etwa die Commerzbank. Derzeit notiert das Edelmetall bei etwa 1970 Dollar je Feinunze und damit nah am neuen Allzeithoch von voriger Woche. (Bloomberg)