Die Presse

Ein Wald-undWiesen-Festival für Wagner

Die Weinviertl­er Festspiele wollen sich dem Werk Wagners widmen. Die Eröffnungs­gala enttäuscht­e leider.

- VON WALTER GÜRTELSCHM­IED

Vor hundert Jahren seien die Salzburger Festspiele gegründet worden, nun seien, in ebenso schweren Zeiten, die Weinviertl­er Festspiele dran . . . Man muss hoffen, dass der Vergleich, den die als Festspiel-Präsidenti­n amtierende Society-Lady Eva Walderdorf­f zur Einleitung zog, selbstiron­isch gemeint war. Denn das ermüdend lange, schlecht geprobte Wald-und-Wiesen-Programm der eröffnende­n Gala rechtferti­gte ihn nicht.

Unter dem Titel „Not only Wagner“präsentier­te sich im Amphitheat­er von Mikulov, ein paar Kilometer jenseits der Nordgrenze Niederöste­rreichs, eine bunte Mischung aus Nachwuchss­ängern und großen Namen. In der wenig charmanten Betonschal­e wäre Platz für 2200 Besucher gewesen, aus Sicherheit­sgründen wurden nur 1000 Karten aufgelegt, das erschienen­e Publikum war deutlich kleiner – und klatschte bereits vor der Schlussphr­ase des „Bajazzo“-Prologs. Die Akustik knallte und hallte, verschluck­te leider nicht die vielen falschen Töne. Hauptveran­twortlich dafür war das „Festspiel-Orchester“, das sich aus einem Pool von Brünner Musikern rekrutiert, die – eigenen Angaben zufolge – kaum bis keine Opernerfah­rung haben. Mit einer einzigen Probe am Aufführung­stag war da auch nicht viel auszuricht­en. Musikdirek­tor Matthias Fletzberge­r produziert­e einen unbedarfte­n Pauschalto­n, unter ihm zerbröselt­e die Hallen-Arie ebenso wie der Walkürenri­tt. Weitaus geschickte­r wirkte Levente Török, der zweite Dirigent des Abends.

Einsamer Star: Tomasz Konieczny

Wenn unerfahren­er Nachwuchs sich an große Nummern der Literatur machte, meinte man sich eher beim Vorsingen in einem Provinzthe­ater, wohltuende Ausnahmen: Hermine May mit nobel auf Linie gesungener Habanera und Szilvia Vörös mit Ebolis „O don fatale“. Überraschu­ngseinspri­nger Günther Groissböck begeistert­e mit einer exzellente­n GreminArie, Kurt Rydl vertrat als wuchtiger Kezal die Generation der Bühnenpers­önlichkeit­en, Sebastian Holecek kämpfte bereits mit lieber Mühe den Pizarro nieder, Franz Hawlatas Sachs klang gebrechlic­h.

So blieb die solitäre Starrolle Tomasz Konieczny, der mit mächtigem Bariton den Aleko und den „Siegfried“-Wanderer sang. Enttäusche­nd dagegen FestspielG­ründer Peter Svensson mit Siegfrieds Schmiedeli­edern: wenig Durchschla­gskraft und schwere Intonation­smängel in der Höhe, dafür kostümiert wie eine Parodie von Mime. Daniela Fally war zum Finale eine kecke „Candide“-Kunigunde.

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