Leben am Mars? Wenn, dann unter dem Eis
Geologie. Am Mars ist es zu kalt, die Atmosphäre ist zu dünn für Wasser an der Oberfläche. Aber wie entstanden dann die Täler? Vor allem durch Entwässerungskanäle unter Gletschern – was Leben wenigstens denkbar macht.
Gab (oder gibt) es Leben auf dem Mars? Das ist bis heute eine Frage geblieben, die Laien fesselt. Eine notwendige, wenn auch keineswegs hinreichende Voraussetzung dafür wäre das Vorkommen von flüssigem Wasser. Und hier knüpft das Rätsel an, das Geologen umtreibt: Die Oberfläche unseres Nachbarplaneten ist von knapp 60.000 Tälern durchfurcht. Aber dass Flüsse sie gegraben haben, scheint unwahrscheinlich: Alle Klimamodelle weisen darauf hin, dass es am Mars nie warm und feucht war, sondern stets so kalt und arm an Atmosphäre wie auf dem trockenen Wüstenplaneten von heute (abgesehen von der Startphase vor viereinhalb Milliarden Jahren, vor Bildung der Kruste, als er wie die gleich alte Erde von kochender Magma bedeckt war). Aber Flüsse an der Oberfläche sind nur eine der möglichen Ursachen von Erosion, die Täler bildet. Andere sind Grundwasser, die langsame Bewegung von Gletschern – oder Entwässerungskanäle, die sich unter der Oberfläche von Gletschern und Eisschilden bilden. Letztere bilden charakteristische Oberflächenstrukturen, die sich auf der Erde am besten auf Devon Island im Norden Kanadas studieren lassen. Und ganz ähnliche Strukturen zeigen sich beim Großteil der Täler auf dem Mars, wie nun Forscher rund um Anna Grau Galofre an der University of British Columbia entdeckt haben (Nature Geoscience, 3.8.).
Eisschicht schützt vor Sonnenwind
Lässt man die Bodensenken weg, bei denen spätere Überformungen die Spuren verwischt haben, sind grob zwei Drittel der Marstäler unter oder durch eine Eisschicht entstanden. Das passt gut mit dem vermuteten Klima zusammen. Bleibt noch das restliche Drittel, das nach Flusstälern aussieht.
Anders als die „sub-glazialen“und glazialen Formationen sind sie nicht über die ganze Oberfläche verstreut, sondern auf einen engeren Raum beschränkt. Die vorherrschende Theorie: Diese „Spezialfälle“wurden gar nicht von Wasser geformt, sondern durch flüssiges CO2 oder durch Wind.
Wenn es beim Nachbarn also auch in grauer Vorzeit keine Flüsse, Regenfälle und Ozeane gab: Schmilzt dann nicht die Hoffnung dahin, dort je Leben zu finden? Keineswegs, meinen die Studienautoren. Denn auf dem Mars konnte nur eine Eisschicht unter ihr liegendes flüssiges Wasser stabil halten. Sie schützt es vor dem Sonnenwind, den auf der Erde ein Magnetfeld abhält (der Mars hat das seine schon nach 500 Millionen Jahren verloren). Und Eis gibt es am Mars immer noch an den Polen, großteils als Trockeneis, also gefrorenes Kohlendioxid.
Vor zwei Jahren deuteten Forscher die Aufnahmen einer Sonde als unterirdischen See an seinem Südpol. Unter den heutigen Bedingungen müsste er freilich eine Brühe voller Natrium- oder Kaliumsalze sein, die den Gefrierpunkt herabsetzen.