Vögel nisten in Kunst
Street Art. In der Burggasse wird bis Freitag für das Festival Calle Libre ein Wandbild gemalt. In dort angebrachte Nistkästen sollen Mauersegler einziehen.
In Nistkästen an einem eigens gestalteten Wandbild sollen Mauersegler einziehen.
Eine noch unscheinbare Hauswand in der Burggasse 84 soll bald Street Art und Artenschutz vereinen: Auf 20 Metern Höhe entsteht bis Freitag ein Wandbild, in das 22 Nistkästen für Mauersegler integriert werden.
Schwindelfrei muss der Graffitikünstler Crazy Mister Sketch (der, wie in der Szene oft üblich, anonym bleiben will) dafür jedenfalls sein. Mithilfe einer Hebebühne sprüht er dort seit Montag drei Mauersegler an die Wand. „Am ersten Tag gab es gleich strömenden Regen“, erzählt er. Bis Freitagabend soll das Bild fertig sein, am Donnerstag werden die Nistkästen angebracht.
Viele der Nistplätze der Vögel sind in Wien durch Dachausbauten bedroht. Die Idee, die Street Art mit dem Schutz der Mauersegler zu verbinden, kam von Max Hoffmann, grüner Bezirksrat in Neubau. Das Street-Art-Festival Calle Libre, das diese Woche bis Samstag in Wien unter dem Motto „Future perfect“stattfindet, griff die Idee auf. Nun kann man das Projekt in der Burggasse als Live Painting beobachten – und dem Künstler täglich zusehen.
Heuer liegt der Fokus des Festivals auf lokaler Street Art. „Deshalb bin ich für das Projekt ins Spiel gekommen“, so Crazy Mister Sketch. Der Graffitikünstler ist bekannt dafür, im urbanen Raum mit ländlichen Elementen zu spielen. „Dieser Gegensatz hat mich schon immer interessiert“, sagt der 25-Jährige. Gern sprüht er deshalb Tiermotive, vor allem Vögel, an städtischen Hauswände. Auch im Hintergrund auf dem Wandbild selbst wird der Künstler eine düstere Stadtkulisse abbilden. „Sie wirkt abstoßend, gefährlich und wenig einladend für Tiere“, so der Tiroler, der sonst hauptsächlich im Westen Österreichs sprayt.
Mauersegler nisten in menschengemachten Umgebungen, etwa Dachgiebeln oder Mauerlöchern. „Vom Menschen war das zwar nicht vorhergesehen, für die Vögel funktioniert dieses Miteinander aber“, so Crazy Mister Sketch. Und: In einer optimalen Zukunft könne in der Architektur bewusst auf ein solches Zusammenleben hingearbeitet werden, meint er.
Auch die Nistkästen für die Vögel werden bemalt, damit sie sich möglichst ins Bild integrieren. Bewohnt werden diese wohl erst im nächsten Jahr. Denn die Zugvögel überwintern in Afrika.
Um die Mauersegler bei der Rückkehr anzulocken, werden vom Bezirk Klangattrappen aufgestellt, die den Schrei der Vögel abspielen. So sollen diese dann im Frühjahr zu den Nistkästen finden.
Segen der Hausbesitzer
Die 83-jährige Eigentümerin des Hauses stellte die Mauer für das Projekt zur Verfügung. Das Nachbarhaus, das ebenso ihr gehört, wurde schon bei der letzten Ausgabe des Festivals besprüht. „Die Skizze ist mit den Hausbesitzern abgesprochen“, erzählt Crazy Mister Sketch. „Aber alle sind hier sehr offen und lassen auch viel künstlerische Freiheit.“
Bis Freitag wird der Künstler noch täglich um die zwölf Stunden auf dem Kran stehen, um die Wand zu bemalen. „Es ist ein straffer Zeitplan, aber wir liegen gut in der Zeit.“Gefeiert wird das fertige Bild dann am Freitagabend im Karl-Farkas-Park – das Wandbild kann man dann von dort aus, aber auch vom Gehsteig sehen.