Die Presse

Nicht alles läuft glatt für den Strippenzi­eher des Nahen Ostens

Vereinigte Arabische Emirate. Mohammed bin Zayed al-Nahyan, der Kronprinz der Emirate, gilt als einer der mächtigste­n Männer der Region. Von Libyen bis hinein ins saudische Königshaus hat er seine Hände mit im Spiel. Aber mit seinem Hyperaktiv­ismus macht

- Von unserem Korrespond­enten THOMAS SEIBERT

Abu Dhabi/Istanbul. Als US-Präsident Donald Trump vor einigen Tagen mit einem Kronprinze­n im Nahen Osten über die Weltpoliti­k plauderte, sprach er nicht mit dem saudischen Thronfolge­r Mohammed bin Salman, alias MBS, sondern mit Mohammed bin Zayed al-Nahyan, dem starken Mann der Vereinigte­n Arabischen Emirate. Trump und der Kronprinz, genannt MBZ, redeten über die Lage in der Region und den Konflikt in Libyen, in dem die Emirate eine wichtige Rolle spielen.

Obwohl MBZ auf den ersten Blick nur der Herrscher eines Ministaate­s mit nicht einmal zehn Millionen Einwohnern ist, zählt er zu den einflussre­ichsten Männern der Region. Als Golfstaat, der sich von der Abhängigke­it vom Öl befreien und Investoren aus aller Welt anlocken will, sind die Emirate inzwischen wesentlich weiter gekommen als Saudiarabi­en. Dubai, die größte Stadt der Emirate, ist ein Zentrum des internatio­nalen Handels, Flugverkeh­rs und Finanzsekt­ors.

Letzte Woche schossen die Emirate die erste arabische Mars-Sonde ins All. Auch politisch haben sich die Emirate unter MBZ zu einem überregion­al bedeutende­n Akteur entwickelt. Die „New York Times“nannte Mohammed bin Zayed al-Nahyan „den mächtigste­n arabischen Herrscher“überhaupt.

MBZ, ein in Großbritan­nien ausgebilde­ter Hubschraub­erpilot, hat die Streitkräf­te seines Landes mit teuren US-Waffen ausgerüste­t. Er ist ein entschiede­ner Gegner der Muslimbrud­erschaft, der ältesten Bewegung des politische­n Islam. MBZ, Saudiarabi­en und Ägypten sehen die Muslimbrüd­er als Gefahr für die jeweiligen Herrschaft­ssysteme. Sein zweiter Hauptfeind ist der Iran. Enge Beziehunge­n zu Trump sind für MBZ ein Mittel, um seine Ziele zu erreichen.

Katar-Boykott war ein Misserfolg

MBZ, der seit 2004 Thronfolge­r ist, mischt nicht nur in Libyen mit. Auch im Jemen, in Syrien, in Somalia und im Golf-Disput mit Katar sind die Emirate aktiv. Seine Politik macht ihn zu einem Gegner der Türkei, die neben Katar die wichtigste Verbündete der

Muslimbrüd­er ist. Folglich stehen die Emirate und die Türkei im Libyen-Konflikt auf gegnerisch­en Seiten.

Im Nahen Osten bleibt Mohammed bin Salman der wichtigste Partner von MBZ. Politische Beobachter schreiben dem 59-jährigen Prinzen einen entscheide­nden Einfluss auf die Karriere des jungen saudischen Thronfolge­rs zu. Eigentlich war ja ein Vetter von MBS, Mohammed bin-Nayef, als nächster saudischer König vorgesehen. Bin-Nayef, ein Ex-Innenminis­ter, hatte viele Freunde in den USA, doch mit MBZ in den Emiraten kam er nicht zurecht. Der setzte deshalb alles daran, eine Thronbeste­igung des früheren Ministers in Riad zu verhindern. Schon 2015 sagte MBZ demnach im Gespräch mit US-Regierungs­vertretern über bin-Nayef: „Er kann nicht König sein. Er wird nicht König sein.“Zwei Jahre später musste bin-Nayef zugunsten von Mohammed bin Salman als Thronfolge­r zurücktret­en.

Trotz seiner Macht läuft für MBZ längst nicht alles glatt. Der von ihm mitinitiie­rte Boykott gegen Katar ist ein Misserfolg, das kleine Emirat konnte nicht in die Knie gezwungen werden. Der Iran ist durch USSanktion­en zwar geschwächt, hat aber weiter großen Einfluss im Irak, in Syrien, im Libanon und Jemen. Zudem sind die Beziehunge­n zwischen MBZ und Mohammed bin Salman nicht immer konfliktfr­ei. So zogen sich die Emirate aus dem Krieg im Jemen zurück und unterstütz­ten südjemenit­ische Separatist­en – sehr zum Ärger der von den Saudis angeführte­n Kriegskoal­ition.

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[ AFP ] Kronprinz Mohammed bin Zayed al-Nahyan.

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