Die Geldflüsse der Commerzialbank
Bankskandal. Am Tag vor der Sperre zog die Commerzialbank Mattersburg bei der Nationalbank 7,5 Millionen Euro ab. Es gab auch zahlreiche Behebungen und Überweisungen. Ist das erlaubt?
Wien. „Es gab offensichtlich 24 Stunden davor, also am Morgen oder am Abend davor, Geldverschiebungen in einer Größenordnung zwischen fünf und zehn Millionen Euro. Da würde ich mir von einem kritischen Journalismus erwarten, das zu recherchieren.“
Diesen Auftrag gab Burgenlands Landeshauptmann, Hans Peter Doskozil, den österreichischen Medien am Montag bei einer Pressekonferenz. Eigentlich hätte er erklären sollen, wieso die im Besitz des Landes stehende Regionalmanagement Burgenland (RMB) von den Bilanzfälschungen der Commerzialbank Mattersburg vorab wusste und kurz vor Sperre der Bank durch die Finanzmarktaufsicht (FMA) vergeblich versuchte, ihr Guthaben abzuziehen. Aber Doskozil nutzte die Gelegenheit, um diese Fährte zu legen – die auf Anfrage von seinem Team nicht konkretisiert werden konnte.
FMA informierte Ermittler
„Die Presse“ist der Sache nachgegangen: Es gab tatsächlich eine Buchung in der Größenordnung, und zwar in der Höhe von 7,5 Millionen Euro am Morgen des 14. Juli, also am letzten Geschäftstag, bevor die FMA der Commerzialbank den Betrieb untersagte. Der Auftraggeber war aber keine Privatperson und kein Unternehmer, sondern: die Commerzialbank. Die auszahlende Stelle: die Oesterreichische Nationalbank (OeNB).
Jede österreichische Bank hat ein Konto bei der OeNB, auf dem sie ihr Geld parken kann. An dem besagten Morgen beauftragte die Commerzialbank die OeNB, sieben Millionen Euro auf das Konto einer anderen Bank zu überweisen und orderte 500.000 Euro an Bargeld, um ihre Bankomaten befüllen und Filialen zu versorgen. Das ist der normale Geldkreislauf, nichts Ungewöhnliches. Die Überweisung wurde aber der Staatsanwaltschaft gemeldet. Der Grund: Es gab Gerüchte, Commerzialbank-Kunden hätten von der Schließung vorab erfahren und ihr Geld rasch in Sicherheit gebracht. So hat die OeNB die Zahlungsströme erhoben und an die FMA weitergeleitet, die sie wiederum den Ermittlern zur Verfügung gestellt hat.
Wäre Auszahlung anfechtbar?
Das wirft eine weitere Frage auf: Darf man als Bankkunde in einem solchen Fall überhaupt noch versuchen, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen? Und muss man im Fall einer Insolvenz das behobene Geld wieder zurückzahlen? Das fragte „Die Presse“den Kreditschutzverband (KSV 1870). Zu beantworten ist es vorerst nur losgelöst vom aktuellen Fall, dessen Faktenlage ja längst nicht klar ist.
Demnach ist es zwar legitim, wenn man als Kunde versucht, sein Geld noch zu retten. Bei jedem Bank Run passiert genau das. Es gibt aber Konstellationen, in denen eine Anfechtung solcher Transaktionen durch den Masseverwalter zumindest denkbar ist. Etwa im Fall einer „Gläubigerbegünstigung“durch den Schuldner. Oder aber, wenn der Gläubiger wusste oder wissen musste, dass der Schuldner bereits zahlungsunfähig ist. „Das Anfechtungsrecht hat nichts mit legal oder illegal zu tun“, betont KSV-Experte Alexander Klikovits. Es gehe dabei vielmehr darum, die Gläubigergleichbehandlung zu wahren. Wobei es bei einer Bankenpleite ohnehin den Sonderfall der Einlagensicherung gibt, für die quasi eine „gesetzliche Bevorzugung“gilt.
Aber selbst wenn eine Anfechtung theoretisch möglich wäre, muss der Masseverwalter seine Rückforderung gegebenenfalls einklagen – und dann auch beweisen können, dass tatsächlich ein Anfechtungsgrund vorliegt. Vor allem beim Wissen um die Zahlungsunfähigkeit wird das meist schwierig sein. Bloße Gerüchte, dass der Schuldner in Schieflage sei, reichen da nicht.
Besteht jedoch ein enges Naheverhältnis zwischen Schuldner und Gläubiger, tritt eine Beweislastumkehr ein. Dann muss der Gläubiger beweisen, dass er von der bereits bestehenden Zahlungsunfähigkeit nichts gewusst hat. „Schwierig wird es immer für den, der die Beweislast trägt“, resümiert Klikovits.