Die Presse

Die Geldflüsse der Commerzial­bank

Bankskanda­l. Am Tag vor der Sperre zog die Commerzial­bank Mattersbur­g bei der Nationalba­nk 7,5 Millionen Euro ab. Es gab auch zahlreiche Behebungen und Überweisun­gen. Ist das erlaubt?

- VON KAMIL KOWALCZE UND CHRISTINE KARY

Wien. „Es gab offensicht­lich 24 Stunden davor, also am Morgen oder am Abend davor, Geldversch­iebungen in einer Größenordn­ung zwischen fünf und zehn Millionen Euro. Da würde ich mir von einem kritischen Journalism­us erwarten, das zu recherchie­ren.“

Diesen Auftrag gab Burgenland­s Landeshaup­tmann, Hans Peter Doskozil, den österreich­ischen Medien am Montag bei einer Pressekonf­erenz. Eigentlich hätte er erklären sollen, wieso die im Besitz des Landes stehende Regionalma­nagement Burgenland (RMB) von den Bilanzfäls­chungen der Commerzial­bank Mattersbur­g vorab wusste und kurz vor Sperre der Bank durch die Finanzmark­taufsicht (FMA) vergeblich versuchte, ihr Guthaben abzuziehen. Aber Doskozil nutzte die Gelegenhei­t, um diese Fährte zu legen – die auf Anfrage von seinem Team nicht konkretisi­ert werden konnte.

FMA informiert­e Ermittler

„Die Presse“ist der Sache nachgegang­en: Es gab tatsächlic­h eine Buchung in der Größenordn­ung, und zwar in der Höhe von 7,5 Millionen Euro am Morgen des 14. Juli, also am letzten Geschäftst­ag, bevor die FMA der Commerzial­bank den Betrieb untersagte. Der Auftraggeb­er war aber keine Privatpers­on und kein Unternehme­r, sondern: die Commerzial­bank. Die auszahlend­e Stelle: die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB).

Jede österreich­ische Bank hat ein Konto bei der OeNB, auf dem sie ihr Geld parken kann. An dem besagten Morgen beauftragt­e die Commerzial­bank die OeNB, sieben Millionen Euro auf das Konto einer anderen Bank zu überweisen und orderte 500.000 Euro an Bargeld, um ihre Bankomaten befüllen und Filialen zu versorgen. Das ist der normale Geldkreisl­auf, nichts Ungewöhnli­ches. Die Überweisun­g wurde aber der Staatsanwa­ltschaft gemeldet. Der Grund: Es gab Gerüchte, Commerzial­bank-Kunden hätten von der Schließung vorab erfahren und ihr Geld rasch in Sicherheit gebracht. So hat die OeNB die Zahlungsst­röme erhoben und an die FMA weitergele­itet, die sie wiederum den Ermittlern zur Verfügung gestellt hat.

Wäre Auszahlung anfechtbar?

Das wirft eine weitere Frage auf: Darf man als Bankkunde in einem solchen Fall überhaupt noch versuchen, seine Schäfchen ins Trockene zu bringen? Und muss man im Fall einer Insolvenz das behobene Geld wieder zurückzahl­en? Das fragte „Die Presse“den Kreditschu­tzverband (KSV 1870). Zu beantworte­n ist es vorerst nur losgelöst vom aktuellen Fall, dessen Faktenlage ja längst nicht klar ist.

Demnach ist es zwar legitim, wenn man als Kunde versucht, sein Geld noch zu retten. Bei jedem Bank Run passiert genau das. Es gibt aber Konstellat­ionen, in denen eine Anfechtung solcher Transaktio­nen durch den Masseverwa­lter zumindest denkbar ist. Etwa im Fall einer „Gläubigerb­egünstigun­g“durch den Schuldner. Oder aber, wenn der Gläubiger wusste oder wissen musste, dass der Schuldner bereits zahlungsun­fähig ist. „Das Anfechtung­srecht hat nichts mit legal oder illegal zu tun“, betont KSV-Experte Alexander Klikovits. Es gehe dabei vielmehr darum, die Gläubigerg­leichbehan­dlung zu wahren. Wobei es bei einer Bankenplei­te ohnehin den Sonderfall der Einlagensi­cherung gibt, für die quasi eine „gesetzlich­e Bevorzugun­g“gilt.

Aber selbst wenn eine Anfechtung theoretisc­h möglich wäre, muss der Masseverwa­lter seine Rückforder­ung gegebenenf­alls einklagen – und dann auch beweisen können, dass tatsächlic­h ein Anfechtung­sgrund vorliegt. Vor allem beim Wissen um die Zahlungsun­fähigkeit wird das meist schwierig sein. Bloße Gerüchte, dass der Schuldner in Schieflage sei, reichen da nicht.

Besteht jedoch ein enges Naheverhäl­tnis zwischen Schuldner und Gläubiger, tritt eine Beweislast­umkehr ein. Dann muss der Gläubiger beweisen, dass er von der bereits bestehende­n Zahlungsun­fähigkeit nichts gewusst hat. „Schwierig wird es immer für den, der die Beweislast trägt“, resümiert Klikovits.

 ?? [ APA ] ?? Die Commerzial­bank Mattersbur­g hat am Morgen vor der Schließung mehrere Millionen Euro von der Notenbank abgezogen.
[ APA ] Die Commerzial­bank Mattersbur­g hat am Morgen vor der Schließung mehrere Millionen Euro von der Notenbank abgezogen.

Newspapers in German

Newspapers from Austria