Bayer macht Rekordverlust
Der Glyphosat-Vergleich stürzt Bayer tief ins Minus. Auch für ein Verhütungsmittel braucht es Rückstellungen. Die Prognose wird gesenkt.
Leverkusen/Wien. Noch nie ist Bayer so tief in die roten Zahlen gerutscht: Rückstellungen für den Glyphosat-Vergleich in den USA haben dem deutschen Pharmaund Agrarchemiekonzern im zweiten Quartal einen Nettoverlust von 9,5 Mrd. Euro beschert. Im Vorjahreszeitraum stand noch ein Gewinn von 400 Mio. Euro zu Buche.
Von den Jahreszielen muss sich Vorstandschef Werner Baumann wegen der Coronakrise verabschieden. Das Pharmageschäft bringt nicht die erwarteten Umsätze, da wegen der Pandemie nicht notwendige Behandlungen verschoben wurden. Bayer rechnet nun mit einem währungsbereinigten Umsatzanstieg von bis zu einem Prozent auf 43 bis 44 (bisher: 44 bis 45) Mrd. Euro und einem bereinigten Ebitda von 12,1 (bisher: 12,3 bis 12,6) Mrd. Euro.
Bayer-Aktien fielen gestern um über drei Prozent. Im Rechtsstreit wegen des angeblich krebserregenden Unkrautvernichters Roundup, der den Aktienkurs schwer belastet hatte, hatte sich Bayer Ende Juni mit einem Großteil der Kläger geeinigt. Für den Vergleich und mögliche künftige Fälle werden insgesamt bis zu 10,9 Mrd. Dollar (9,3 Mrd. Euro) fällig. Die Klagewelle hatte sich Bayer mit der rund 63 Mrd. Dollar teuren Übernahme des Glyphosat-Entwicklers Monsanto eingehandelt. Zuletzt stieg die Zahl der Glyphosat-Kläger in den USA auf 56.200, rund 3700 mehr noch als Mitte April.
Riesige Sonderaufwendungen
Aber auch im Pharmageschäft sieht sich der Konzern mit einer Klagewelle wegen seiner umstrittenen Sterilisationsspirale Essure konfrontiert. Da das Unternehmen auch in diesem Fall einem Vergleich näher kommt, wurden Rückstellungen gebildet, wodurch Sonderaufwendungen von 1,245 Milliarden Euro im Pharmageschäft anfielen. Insgesamt summieren sich die Sonderaufwendungen im zweiten Quartal auf 12,5 Mrd. Euro. Auf der Kippe steht jedoch ein wichtiger Teil des Glyphosat-Vergleichspakets, denn der zuständige US-Bezirksrichter, Vince Chhabria, hatte Zweifel an dem Vorschlag für den Umgang mit künftigen Klagen geäußert. Zum Stand der Dinge äußerte sich der Vorstand nicht und erklärte nur, Bayer setze sich weiter für eine Lösung ein.
Im zweiten Quartal setzte Bayer 10,05 Mrd. Euro um, ein Rückgang von währungsbereinigt 2,5 Prozent. Der bereinigte Betriebsgewinn stieg dank Zuwächsen im Agrargeschäft um 5,6 Prozent auf 2,88 Mrd. Euro. (ag./est)