Banken locken Börsenhändler mit Freibier
Börse. Die Händler wollen nicht ins Büro und gefährden so die Qualität der Arbeit, sagen die Banken. Nun bieten sie Goodies.
Frankfurt/London/Wien. Mit kostenlosen Sandwiches und Freibier am Feierabend locken Geldhäuser in London ihre Mitarbeiter zurück in die Büros. Speziell Händler sollen möglichst bald wieder in die City zurückkehren, auch weil interne Kontrolleure sie so besser beaufsichtigen können.
Seit Mitte März arbeiten Banker weltweit wegen der Coronapandemie vom Küchentisch aus. Doch die Furcht vor einer zweiten Welle wächst, und keine Bank will zu schnell Arbeitsbedingungen lockern. Institute in Deutschland sind zurückhaltend mit Rückholplänen. „Diese Krise ist noch lange nicht vorbei“, warnte DeutscheBörse-Chef Theodor Weimer kürzlich bei der Vorlage der Quartalszahlen. „Wir sind auf dem Weg zurück zur Normalität, aber die Rückkehr in die Büros bleibt freiwillig. Es wird nur schrittweise gehen.“
In London arbeiten ganz wenige Mitarbeiter wieder in Büros, in New York kein Einziger. In Frankfurt hat die Deutsche Börse immerhin rund ein Drittel der 2500 Beschäftigten zurückgeholt. Auch bei der Deutschen Bank sind am Konzernsitz in Frankfurt rund 800 der 2500 Angestellten vor Ort. Die meisten der 88.000 Beschäftigten der größten deutschen Bank arbeiten aber weiter im Home-Office.
Druck auf Wertpapierhändler
Doch bei den Wertpapierhändlern erhöhen Banken allmählich den Druck. „Der Aufbau von Kontakten und Wissen ist speziell für neue Mitarbeiter wichtig, und das geht nur im Büro“, sagte Ram Nayak, bei der Deutschen Bank verantwortlich für den Anleihe- und Währungshandel. „Die Handelssäle füllen sich aber nur langsam.“
In London sollen laut einem internen Memo im September weitere Deutsche-Bank-Händler zurück an ihre Schreibtische gehen. Auch bei der genossenschaftlichen DZ Bank sind es vor allem die Händler, die zurückkehren sollen. „Durch die Arbeit im Home-Office leidet häufig der Informationsaustausch“, erläuterte eine Sprecherin. „Gerade wenn man schnell reagieren muss, ist es hilfreich mitzukriegen, was um einen herum passiert. Die Händler sitzen nicht ohne Grund im Großraumbüro.“
Mehrere Insider verweisen auch darauf, dass die ComplianceAbteilungen zunehmend Sorge haben, den Überblick über die Abschlüsse der Händler zu verlieren. Managern falle es zudem schwer, das individuelle Arbeitspensum zu bewerten, das ein wichtiger Gradmesser für Bonuszahlungen ist. Die britische Aufsichtsbehörde FICC warnte vor versehentlich falsch gebuchten Wertpapierorders, auch „Fat-Finger-Trades“genannt, und den Gefahren durch häusliche Gewalt und höheren Drogenkonsum.
Lockmittel
Um den Mitarbeitern die Arbeit im Büro wieder schmackhaft zu machen, bietet die US-Bank Goldman
Sachs ihren Leuten Insidern zufolge kostenloses Essen in ihrem Londoner Büro an. Die Schweizer UBS versucht mit Friday-Night-Drinks den Zusammenhalt in den Händlerteams zu stärken. Um die Pendlerei mit öffentlichen Verkehrsmitteln und die Ansteckungsgefahr zu reduzieren, gibt es bei vielen Banken Kooperationen mit Fahrradoder Rolleranbietern. Im Londoner Finanzviertel Canary Wharf entstehen mehr Parkplätze für Autos.
Gassi gehen mit dem Hund
Doch viele Banker haben mittlerweile Gefallen gefunden an der Arbeit zu Hause. „Die Mehrzahl ist froh über das Home-Office“, sagt Nils Wilm, Chef der Personalberatung Bankenwelt. „Sie beschreiben ihre Arbeit oft als produktiver und sie genießen es, zwischendurch einkaufen oder mit dem Hund Gassi gehen zu können.“(Reuters)