Die Presse

Ein Festival trotzt der Krise

Jazz. Trompeter Franz Hackl lebt großteils in New York. Einmal jährlich richtet er sein Festival Outreach in Schwaz aus. Auch in Zeiten der Pandemie.

- VON SAMIR H. KÖCK

Trompeter Franz Hackl richtet sein „Outreach“-Festival heuer trotz Corona aus.

Es war furchtbar. Wasser, Wein und Espresso habe ich nur durch die Temperatur unterschei­den können“, erinnert sich Franz Hackl, Tiroler Trompeter mit Wohnsitz Harlem, an seine Covid-19-Infektion in New York.

Seine Frau Rose war leicht erkrankt, Hackl hatte einen mittleren Verlauf. Zu diesen körperlich­en Erschwerni­ssen kam die psychische Belastung, nachdem seine Heimatstad­t Schwaz sein seit 1993 veranstalt­etes Jazzfestiv­al Outreach behördlich untersagt hatte. „Das war eine einseitige Aktion. Ich habe das nicht akzeptiert. In der Demokratie verdient man sich einen Diskurs. Wir haben ja Österreich auf dem Reisepass stehen und nicht Nordkorea.“

Mittlerwei­le haben sich die Wogen geglättet. Seit etwa fünf Wochen steht fest, dass Hackl sein Festival, etwas abgeändert, durchführe­n kann. „Zunächst wollte man mir nur ein Konzert pro Tag zubilligen. So etwas hätte allerdings nicht die Bezeichnun­g Festival verdient“, sagt Hackl. „Man muss nicht immer alles gleich absagen, nur weil sich die Rahmenbedi­ngungen geändert haben. Gerade dann braucht es Vision.“

Von den Anfängen in Tirol

Die hatte er früh. Auch gerade, was die Musik anlangt. Als Sohn eines klassische­n Trompeters und Instrument­enbauers geboren, griff er schon mit fünf Jahren zum Horn. Allein, sein Vater, eingedenk des Drucks, der sich da im Kinde aufbauen könnte, ließ den Filius zunächst nur Blockflöte und Klavier lernen. „Ich bin absichtlic­h daran gescheiter­t, ich wollte unbedingt Trompete lernen.“

Mit acht Jahren war es dann so weit. Mit vierzehn Jahren spielte er schon die Solotrompe­te bei den Tiroler Kaiserjäge­rn. Militärmär­sche und etwas altvateris­che Unterhaltu­ngsmusik von Carl Michael Ziehrer bis Ralph Benatzky.

Einerseits hat ihm der Spirit getaugt, anderersei­ts die Tatsache, dass er die Stelle als Solotrompe­ter von seinem Vater übernehmen durfte. „In Tirol ist die Blasmusik sehr stark. Wir haben 270 Gemeinden und 300 Blaskapell­en. Die durchschni­ttliche Stärke ist 50 Musikanten. Blasmusik ist integraler Bestandtei­l des Tiroler Gesellscha­ftslebens.“

Dort hat er gelernt, was ihn heute ausmacht: sich der Traditione­n (von Volksmusik und später Jazz) bewusst sein und dabei nie die Offenheit verlieren. Als seine wichtigste­n Lehrer nennt er seinen Vater, Toni Maier, Lew Soloff und Ed Treutel.

Sein Studium auf der Manhattan School of Music in New York hat er abgeschlos­sen. Er sagt allerdings auch: „Es heißt in der Musik nicht viel, wenn man akademisch erfolgreic­h ist“, so der Trompeter. „Das meiste habe ich gelernt, wenn ich in Bands der Schlechtes­te war, oder wenn ich eine Sache leiten musste.“

Die Lehre ist ihm bei Outreach sehr wichtig. Die Workshops verschling­en in aller Regel mehr Stunden als die Spielzeit in den Locations. Seit vielen Jahren arbeitet er mit einem Kernteam glänzender amerikanis­cher Musiker von Adam Holzmann (ExMiles-Davis-Band) über Jane Getter bis zu Gene Pritsker. Die Weitergabe des Wissens von Musiker zu Musiker hält er für essenziell. „Seit der Jazz akademisch geworden ist, ist viel unter die Räder gekommen. Früher hat man in den Clubs gelernt. Die Universitä­ten haben viel Gleichklan­g erzeugt“, sagt Hackl.

Programm trotz Pandemie

Weil er wegen der Pandemie auf sein Kernteam verzichten muss, ging er neue Wege. So ersann er etwa mit dem Saxofonist­en Daniel Schnyder, seinem Nachbarn in Harlem, ein Programm mit dem Titel „Mozart in Manhattan“. „Wir geben uns dem musikalisc­hen Traum hin, dass Händel in Harlem und Mozart in Manhattan sein hätten können. Sie hätten sich sicher wohlgefühl­t.“

Zudem gelang es Hackl, trotz Pandemie internatio­nale Gäste wie den argentinis­chen Pianisten Leo Genovese und die britische Kombo Led Bib zu engagieren. Hellseheri­sch mutet das im Herbst ersonnene Motto „20/20 Perfect Vision – Infinite Plan B“an. „Manchmal ist ein Plan B durchaus aufregend. Ich bin sehr glücklich mit dem heurigen Programm“, sagt er, versonnen in sich hinein lächelnd.

Die Speckknöde­l wird er dennoch nicht schmecken. Aber nicht wegen Covid-19. Franz Hackl ist schlicht Vegetarier.

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[ Emanuel Kaser ] Hackl, der in Schwaz geboren wurde, lernte mit acht Jahren das Trompetens­pielen.

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