Gesetz: Politik muss Lehrer schützen
Masken. Wenn Pädagogen wegen fehlender Schutzmaßnahmen angesteckt werden, drohen Amtshaftung und sogar strafrechtliche Folgen.
Wien. Während die Lehrergewerkschaft eine generelle Maskenpflicht für Lehrer und Schüler forderte, schloss Bildungsminister Heinz Faßmann eine Maskenpflicht im Klassenzimmer aus. Aber kann das der Minister festlegen? Dahinter steht nicht nur wie vielerorts gedacht eine politische, sondern auch eine rechtliche Frage. Laut einem Gesetz hat der Staat die Pflicht, seine Beamten vor gesundheitlichen Schäden zu bewahren.
Aber was kann den Verantwortlichen drohen, wenn ein Lehrer wegen mangelnden Schutzes durch Schüler angesteckt wird? „Der Dienstgeber hat für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz seiner Bediensteten in Bezug auf alle Aspekte zu sorgen, die ihre dienstliche Tätigkeit betreffen“, heißt es in Paragraf drei des Bundes-Bedienstetenschutzgesetzes. Dieses gilt für AHS- und BHSLehrer unmittelbar, aber auch die Regeln für Pflichtschullehrer verweisen auf diese Bestimmung.
Und in ihr heißt es weiter: „Der Dienstgeber hat die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit sowie der Integrität und Würde seiner Bediensteten erforderlichen Maßnahmen zu treffen, einschließlich der Maßnahmen zur Verhütung arbeitsbedingter Gefahren, zur Information und zur Unterweisung sowie der Bereitstellung einer geeigneten Organisation und der erforderlichen Mittel.“
„Wie ohne Schutz bei Strom“
„Eine Maske im Unterricht ist absurd und Kindern nicht zumutbar“, hatte der Bildungsminister aber dem „Standard“erklärt. „Herr Professor Faßmann macht es sich da ein bisschen zu leicht“, entgegnet Verwaltungsrechtsexperte Christian F. Schneider im Gespräch mit der „Presse“. „Der Minister muss Gefahren für das Lehrpersonal abwenden“, analysiert der an der Uni Wien lehrende Privatdozent und Rechtsanwalt.
Dabei reiche es nicht aus, nur darauf zu verweisen, dass es in der Vergangenheit wenig Ansteckungen in Klassen gegeben habe. Faßmann müsse sich mit aktuellen Gutachten und Experteneinschätzungen befassen, die Situation immer neu beurteilen und im Zweifel die sicherere Variante wählen, sagt Schneider. Sonst könnten dem Minister sogar strafrechtliche Folgen drohen, meint Schneider. „Das ist, als ob jemand seinen Arbeiter zu einem Starkstrom schickte und sagte, er solle das ohne die nötige Schutzausrüstung machen“, meint der Jurist.
Tatsächlich könnte bei Versäumnissen an Schulen der Tatbestand der fahrlässigen Körperverletzung greifen, sagt Hubert Hinterhofer, Professor für Strafrecht an der Uni Salzburg. Den Dienstgeber treffe durch das Bedienstetengesetz eine Garantenstellung. Er müsse also die Gefahren für Lehrer abwenden, sonst würden strafrechtliche Konsequenzen drohen.
Aber auch schadenersatzrechtliche Folgen sind möglich. Beamtete Bundeslehrer könnten also eine Amtshaftungsklage gegen den Bund anstreben, erklärt Zivilrechtsprofessor Andreas Kleteckaˇ von der Uni Salzburg. Vertragsbedienstete haben diese Möglichkeit in dem Fall nicht. Bei ihnen greift das Dienstgeberhaftungsprivileg, laut dem der Arbeitgeber nur haftet, wenn er vorsätzlich Mitarbeiter an der Gesundheit geschädigt hat.
Minister: Erfülle alle Pflichten
Aber selbst Fahrlässigkeit könnte man dem Minister nur vorwerfen, wenn Maskenpflicht im Klassenzimmer tatsächlich medizinisch geboten wäre. Faßmann verweist gegenüber der „Presse“darauf, dass es um eine Güterabwägung gehe (Infektionsschutz versus störungsfreier Unterricht). Er habe für rechtliche Fragen auch zu jeder Zeit dokumentiert, warum welche Entscheidung getroffen wurde. „Das kann ich eindeutig nachweisen“, sagt der Minister.
Wenn es nötig ist, müssten Masken wieder getragen werden, bis man in der Klasse auf dem Platz ist, betont das Ministerium. Auch bei der Justiz im Gerichtssaal dürfe man sie aber am Platz abnehmen, argumentiert Faßmann. Es sei schwierig, mit Maske zu lehren, und auch die Mimik sei beim Unterricht wichtig.
Und wenn die Kinder im Unterricht Masken tragen müssten, sei Home-Schooling vorzuziehen, betont das Ministerium.