Die Presse

Pinke Kritik an Moscheen-Studie

Integratio­n. Die Neos stellen eine Erhebung von 18 islamische­n Gebetshäus­ern als „unwissensc­haftlich“infrage. Ministerin Raab (ÖVP) soll sich in einer Anfrage erklären.

- VON JULIA WENZEL

Wien. Eine im Juli veröffentl­ichte Studie des Österreich­ischen Integratio­nsfonds (ÖIF) treibt derzeit die pinke Opposition um: Von Dezember bis Juli 2020 erhob diese die Diskurse in ausgewählt­en Grazer Moscheen sowie deren Auswirkung­en auf die Integratio­n der hiesigen islamische­n Community.

Die Studie, die die Freitagspr­edigten in 18 Gebetshäus­ern mittels teilnehmen­der Beobachtun­g, sprachwiss­enschaftli­cher Analyse und Audioaufna­hmen untersucht­e, kommt zum Schluss, dass zwei der analysiert­en Gebetshäus­er „isolationi­stisch“seien, weitere sechs zumindest „nicht aktiv integratio­nsfördernd“.

Neos-Integratio­nssprecher Yannick Shetty findet die Studie „problemati­sch“, wie er zur „Presse“sagt. Vor allem „die Art und Weise, wie diese Daten erhoben und vom ÖIF unreflekti­ert der Öffentlich­keit auf der eigenen Homepage zur Verfügung gestellt wurden“, sind Anlass zur pinken Kritik, wie aus einer parlamenta­rischen Anfrage, die der „Presse“vorliegt, hervorgeht. Einzelne Passagen würden „islamfeind­liche Tendenzen befeuern“. Bezug nimmt die Anfrage auf Wolfgang Benedek, Leiter des Instituts für Völkerrech­t der Universitä­t Graz, der die explorativ-hermeneuti­sche Methodik wie die Intranspar­enz bei der Auswahl der Moscheen und Studienaut­oren im Vorfeld kritisiert hatte.

Tatsächlic­h finden sich im Impressum der Studie keine Namen, lediglich das Europäisch­e Institut für Terrorismu­sbekämpfun­g und Konfliktpr­ävention sowie der ÖIF als Herausgebe­r werden genannt. Das erklärt man bei Letzterem mit dem Wunsch der Autoren nach Anonymität, die bei einem heiklen Untersuchu­ngsgegenst­and wie den Moscheen Angst um ihre Sicherheit hätten. „Das Studienaut­orenkollek­tiv wird aufgrund der sensiblen Thematik und zum eigenen Schutz nicht genannt“, heißt es zur „Presse“in einer schriftlic­hen Stellungna­hme. Auf den Vorwurf der

Unwissensc­haftlichke­it entgegnet man mit einem Link zum Forschungs­bericht, der „alle relevanten und transparen­t dokumentie­rten Angaben zu Forschungs­design und Methodik“enthalte.

Die Kritik der Pinken richtet sich indes aber nicht nur gegen die „tendenziös­e Sprache“und Methodik der Studie, sondern gegen den ÖIF generell, der zuletzt „unwissensc­haftliche Studien veröffentl­icht“habe, um der türkisen Integratio­nspolitik eine argumentat­ive Basis zu bieten. „Das zieht sich durch wie ein roter Faden“, sagt Shetty, der deshalb im Parlament Anfragen zu zwei weiteren ÖIF-Studien einbringen will.

Kein Kommentar von Raab

Das Integratio­nsminister­ium wollte zur Studie und Vorwürfen, der ÖIF würde als eine Art ÖVP-Vorfeldorg­anisation agieren, auf „Presse“-Anfrage keine Stellungna­hme abgeben. Man formuliere zunächst die Antwort auf die parlamenta­rische Anfrage, sagt ein Sprecher. Bis 4. Oktober hat Raab dafür Zeit.

Newspapers in German

Newspapers from Austria