Die Presse

Der Goldrausch vor dem Dollar-Fall

Der Run auf das Edelmetall deckt gefährlich­e Währungssc­hwächen auf.

- josef.urschitz@diepresse.com

Seit ein paar Tagen kostet die Feinunze Gold erstmals in der Geschichte mehr als 2000 Dollar. Schön für die, die ein paar Dukaten oder Barren im Safe haben. Wer gehebelt spekuliert, hat seinen Einsatz zuletzt binnen weniger Tage sogar locker verdoppeln können.

Es sind freilich nicht die Münzsammle­r, die den Preis so treiben. So richtig aufgesprun­gen sind jetzt die Profis, die immer mehr aus Anleihen flüchten und in Gold umschichte­n. Was ja auch kein Wunder ist: Gold bringt zwar keine Zinsen, aber die Realzinsen im Anleihemar­kt sind schon lang weitgehend negativ. Wenn jetzt die Inflation anspringt, die Zinsen aber bei null oder darunter bleiben, dann wird die reale Verzinsung noch viel tiefer in negatives Territoriu­m rutschen.

So gesehen ist der aktuelle Goldrausch durchaus rational. Und er wird deshalb mit Sicherheit noch eine ganze Weile anhalten.

Erschrecke­nd wird die Sache allerdings, wenn man sie von der anderen Seite betrachtet. Wenn man Gold als Benchmark für Wertstabil­ität hernimmt. Dann hat der US-Dollar in diesem Jahr gegenüber Gold schon 30 Prozent eingebüßt. In den vergangene­n 100 Jahren waren es im Schnitt 4,5 Prozent. Pro Jahr, versteht sich.

Die Leitwährun­g der Welt befindet sich also im freien Fall. Dem Euro geht es graduell ein wenig besser, aber auch er verliert in letzter Zeit recht ordentlich.

Den Grund kennen wir alle: die Geldflutun­g durch die Notenbanke­n und die damit einhergehe­nde Megaversch­uldung der Staaten. Offenbar sind immer mehr Profis der Meinung, dass es aus diesem Teufelskre­is – so wichtig dessen Ingangsetz­ung in der Krise auch gewesen sein mag – keinen vernünftig­en Ausweg mehr gibt. Und dass am Ende dieser Entwicklun­g mittelfris­tig Währungsre­form und Staatsschu­ldenschnit­te stehen werden. Dass sich die Staaten also de facto auf Kosten der Finanzverm­ögen ihrer Bürger entschulde­n werden.

Der immer größer werdende Goldrausch auch unter profession­ellen Anlegern ist jedenfalls ein Hinweis darauf, dass diese das nicht für Verschwöru­ngstheorie, sondern für eine reale Gefahr halten. Da kommen wohl raue Zeiten auf uns zu.

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