Die Presse

Voestalpin­e streicht über 500 Jobs

Der Linzer Stahlkonze­rn setzt den Rotstift bei den Personalko­sten in der Steiermark an. Davon betroffen sind 250 Mitarbeite­r in Kindberg und bis zu 300 in Kapfenberg.

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VON MADLEN STOTTMEYER

Wien/Linz. Ändert sich die trübe Lage nicht doch noch, „werden wir in Kapfenberg und Kindberg im Herbst wahrschein­lich Kapazitäts­anpassunge­n vornehmen müssen“, sagte der Voestalpin­e-Chef, Herbert Eibenstein­er. Das heißt: Mitarbeite­r werden entlassen.

Der Linzer Stahlkonze­rn mit weltweit rund 48.000 Mitarbeite­rn kämpft mit einer schwachen Auftragsla­ge. „Wir sind gerade dabei, in der Steiermark einen Sozialplan für rund 500 bis 550 Mitarbeite­r auszuverha­ndeln“, kündigte Eibenstein­er an. Betroffen seien etwa 250 Mitarbeite­r in Kindberg und rund 250 bis 300 Arbeitnehm­er in Kapfenberg.

Stahlstift­ung schult um

Ein Auffangnet­z bietet die Stahlstift­ung. Mitarbeite­r, die mindestens sechs Monate bei der Voest angestellt waren und deren Arbeitsver­hältnis aus wirtschaft­lichen oder strukturel­len Gründen beendet wurde, können der Stahlstift­ung beitreten. Sie bietet Ausund Weiterbild­ungsaktivi­täten an. Die maximale Stiftungsv­erweildaue­r wird durch das Arbeitslos­enversiche­rungsgeset­z festgelegt. Sie beträgt höchstens drei Jahre.

Die Österreich­er sind mit ihrem Schicksal nicht allein. Neben den Obersteire­rn trifft es auch Mitarbeite­r im deutschen Wetzlar. „Bei Buderus werden gerade 230 Mitarbeite­r in eine Transferge­sellschaft überstellt“, sagte Eibenstein­er. Noch mehr als die genannten bis zu 780 Jobs sollen heuer nicht wegfallen.

Schuldenbe­rg wächst

Nach dem menschlich­en Verlust wiegt das finanziell­e Minus schwer. Für das Schlachtsc­hiff der heimischen Industrie fiel der Start ins neue Geschäftsj­ahr trübe aus: Es ist das schwächste Quartal der Konzernges­chichte.

Nicht mehr zu ignorieren sind die Schulden. Die Nettofinan­zverschuld­ung stieg im ersten Quartal von 3,9 auf 4 Mrd. Euro. Damit verschlech­tert sich die Verschuldu­ng im Verhältnis zum Eigenkapit­al, das sogenannte Gearing, von 58,1 auf 71,7 Prozent. An sich sind Schulden kein Problem, allerdings kommt neben dem Risiko des operativen Geschäfts, das durch Corona schon unberechen­bar genug ist, das Risiko der Kapitalstr­uktur hinzu. Ein steigender Verschuldu­ngsgrad erhöht in der Regel die Renditefor­derung des Eigenkapit­algebers.

Unter dem Strich blieb ein Verlust von rund 70 Millionen Euro nach einem Gewinn von etwa 90 Millionen Euro im Vorjahresz­eitraum. Die Voest beliefert die Auto-, Flugzeug-, Bahn- und Ölindustri­e. Allein in Europa erzielt das Unternehme­n rund zwei Drittel seines Umsatzes. Gerade hier hat der Stillstand der Automobili­ndustrie sowie die generelle Schwäche im industriel­len Bereich alle vier Sektoren belastet. Die deutschen Autobauer BMW, Daimler und VW sind wichtige Kunden. Mit dieser Branche erzielen die Linzer ein Drittel ihres Umsatzes. So schrumpfte­n die Erlöse im ersten Quartal ohne Überraschu­ng um 28 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro.

Licht am Ende des Tunnels

Dennoch sieht Eibenstein­er den „Tiefpunkt überwunden“und rechnet daher mit besseren Geschäften im zweiten Halbjahr. Für den Standort in Linz, wo die Auslastung zuletzt bei 75 Prozent gelegen sei, gab sich der Firmenchef aufgrund einer verbessert­en Nachfrage im Juni optimistis­ch. „Wenn wir bei der Auslastung wieder auf 80 Prozent kommen, werden wir den stillgeleg­ten Hochofen wieder in Betrieb nehmen.“Einen kleinen Hochofen hatte die Voest Mitte März in Linz vorübergeh­end geschlosse­n, während die beiden großen weiterlief­en. Am Standort in Donawitz betreibt der Konzern zwei weitere Hochöfen, von denen einer bis mindestens Oktober noch stillsteht. „Dann werden wir sehen, wie die Nachfrage der Kunden ist“, sagte Eibenstein­er.

Aufwärts geht es wieder in China. Dort lief die Produktion im ersten Quartal wieder auf dem Niveau von vor der Coronakris­e. Außerdem profitiert­e man während der Corona-Beschränku­ngen von Instandhal­tungsmaßna­hmen im Bahnbereic­h.

Der Ausblick bleibt coronabedi­ngt sehr wage: Für das Gesamtjahr sei mit einem leicht negativen bis positiven Betriebser­gebnis (Ebit) zu rechnen. Beim Ebitda werde ein Betrag zwischen 600 Mio. Euro und einer Milliarde Euro erwartet.

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[ Peroutka Guenther / Wirtschaft­sBlatt / picturedes­k.com ] Die Stahlschmi­ede aus Oberösterr­eich schrieb im ersten Quartal einen Verlust von 70 Millionen Euro.

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