Autofreie Innenstadt: Bezirkschef-Kritik an Hebeins Plan
Interview. Markus Figl (ÖVP) ist von der Verordnung der Grün-Chefin enttäuscht.
Die Presse: Stehen für Sie als Bezirksvorsteher alle Signale auf Grün, nachdem Vizebürgermeisterin Birgit Hebein die Verordnung für eine, wie es die GrünChefin nennt, autofreie Innenstadt vorgelegt hat?
Markus Figl: Wir haben das sehr kurzfristig auf den Tisch bekommen. Es gibt eine gewisse Enttäuschung, weil die Punkte, die wir gefordert haben, noch nicht erfüllt sind.
Was fehlt?
Die Kontingentlösung fehlt, die wir immer vonseiten des Bezirkes gefordert haben. Wir brauchen die Erhöhung des Kontingents der Bewohnerparkplätze außerhalb des Ringes, der erste Bezirk endet ja an der Zweierlinie, von 20 auf 30 Prozent. Das ist uns zugesichert worden, um negative Effekte in dieser Glacis-Zone, in der Pufferzone abzufedern. Außerdem: Leute, die keinen eigenen Pkw haben, dürfen laut der Verordnung nicht einmal innerhalb des Ringes zufahren. Ich habe sofort Anrufe erhalten, wie den von einer 95-jährigen Dame, die wissen möchte, ob die 60-jährige Tochter sie mit dem Auto betreuen kann, sie zu einem Ausflug abholen kann, sie mit Essen versorgen kann. Das sind Dinge, die möchten wir gelöst haben.
Fühlen Sie sich von der Vizebürgermeisterin getäuscht?
Ich würde bei enttäuscht bleiben. Ich bin in der Politik, um zu kämpfen. Ich kämpfe nach wie vor für die verkehrsberuhigte Innenstadt, das ist das große Ziel. Dafür haben wir auch im Bezirk eine große Mehrheit. Ich kämpfe für eine Lösung, die für die Menschen, die hier leben, eine gute Lösung ist. Ich will die Verbindungen nicht abschnüren, sondern, dass wir mit der Mobilität leben können, dass wir nach wie vor eine bewohnte Innere Stadt haben, dass wir einen bewohnten Stadtkern haben.
Die Lösung, die Vizebürgermeisterin Hebein vorgeschlagen hat, ist also keine gute Lösung.
Würde ich auch sagen. Wir haben von Beginn an unsere Forderungen gehabt, und unter diesen Prämissen haben wir mit der Frau Vizebürgermeisterin gesagt: Jawohl, wenn sie uns verspricht, dass das auf diesem Weg funktioniert, dann ist das für uns in Ordnung. Unsere Beschlusslage im Bezirk ist ja eine Machbarkeitsstudie. Das gleiche Ziel: eine verkehrsberuhigte Innere Stadt zu erreichen auf einem elektronischen Weg. Wenn das anders auch funktioniert, sind wir sehr offen.
Die jetzige Lösung können Sie aber offenbar nicht mittragen. Wir haben als Bezirk immer gesagt, dass wir nur einer Lösung zustimmen, wenn das Ziel einer bewohnbaren Inneren Stadt voll erfüllt ist. Dass wir nicht alle glücklich machen werden damit, ist völlig klar.
Das Ziel ist jetzt also verfehlt?
Wir können dann erst zustimmen, wenn dieses Ziel erfüllt ist.
Bereuen Sie nachträglich den gemeinsamen Pressetermin mit Vizebürgermeisterin Hebein, wo eine Verkehrslösung für die Innenstadt vereinbart schien?
Wir sind insofern einen guten Schritt weiter, als es auch Gespräche mit dem Herrn Bürgermeister gab, der sich auch zu einer verkehrsberuhigten Innenstadt bekannt hat. Wir sind sehr weit gekommen, was die Diskussion selbst betrifft. Wenn die Coronakrise nicht gewesen wäre, hätten wir die Diskussionen nicht jetzt, sondern im März gehabt, was mir lieber gewesen wäre, weil die Situation entspannter gewesen wäre. Jedem ist jetzt klar, was das Ziel der Inneren Stadt ist. Es war mir immer klar, dass das kein ganz einfacher Weg ist. Wir haben einen Diskussionsprozess innerhalb der Inneren Stadt gehabt, der zwei Jahre gedauert hat.
Nochmals: Bereuen Sie den Auftritt mit der Vizebürgermeisterin, die immer wieder von einer autofreien Innenstadt spricht? Ich habe immer von einer verkehrsberuhigten Innenstadt gesprochen.
Die autofreie Innenstadt ist also abgesagt?
Ich habe dieses Wort nie verwendet.
Sehen Sie das als Marketinggag der Grünen?
Da müssen Sie die Grünen selbst fragen.
Und wenn ich Sie frage?
Ich beschäftige mich weniger mit anderen.
Wird durch eine derartige Bezeichnung und damit einhergehende Polarisierung ein Kompromiss erleichtert?
Sagen wir so: Wenn ich ein bestimmtes Wording verwende, dann überlege ich mir etwas dabei. Polarisierung nützt immer den starken Befürwortern und den starken Gegnern. Ich bin Sachpolitiker, ich möchte ganz sachlich eine Diskussion führen. Das Mascherl ist nicht ganz so wichtig wie der Inhalt.
Rechnen Sie mit einer Lösung vor dem 11. Oktober?
Ich habe bewusst nie ein Datum genannt.