Pfingstfestival im August
Jazz. Mit Inntöne ist Posaunist Paul Zauner längst zu einer Fixgröße im europäischen Festivalkalender geworden. Tapfer trotzt er Corona.
Pfingsten vor Ostern, das wollte schon so mancher Wüterich wie in der Redewendung zeigen, ohne es wirklich realisieren zu können. Ein Pfingstfestival im August abzuhalten, das hingegen geht.
Paul Zauner, der seit 2002 sein Inntöne-Festival auf dem Bauernhof seiner Mutter abhält, hat sich die Courage dafür an unerwarteter Stelle geholt. „Nach einer Phase der leichten Depression, habe ich mich an Frau Rabl-Stadler und die Salzburger Festspiele gehalten. Nur nicht absagen, nur verschieben, war dann meine Devise.“Bedenkt man diese lange Phase der Unsicherheit, kuratiert Zauner ein Festival, das überraschend international ist.
Mit dem Klarinettisten Louis Sclavis kommt eine Größe aus Frankreich, mit Kirk Lightsey und Aga Zaryan ein Duo aus den USA, mit Jason Rebello ein britischer Pianist und mit dem Saxofonisten Zhenya Strigalev ein Musiker aus St. Petersburg.
Auffallend ist der große Anteil an Frauen. „Das ist ohne Absicht passiert. Ich rechne die Geschlechter nicht gegeneinander auf. Es ging einzig um die gute Musik“, sagt Zauner. Von der Bassistin Beate Wiesinger ist er genauso begeistert wie von der norwegischen Trompeterin Hildegunn Øiseth. „Die habe ich beim Surfen im Internet kennengelernt. Was die macht, das ist nicht nordisch fad, sondern geht richtig ins Gemüt“, schwärmt er, der seine Musiker am liebsten persönlich anspricht.
Änderungen im Booking
Im New Yorker Stadtteil Harlem ist er seit vielen Jahren ein bekanntes Gesicht. Vor allem in der Szene rund um das leider geschlossene St. Nick´s Pub. „Das hat sich rasch verselbstständigt“, sagt Zauner mit versonnenem Blick. „Nachdem die ersten von mir engagierten Musiker zurückgekehrt sind, hat sich eine tolle Mundpropaganda entwickelt.“Die legendäre US-Sängerin Paulette McWilliams, die er heuer bringen wollte, konnte wegen der Reisebeschränkungen leider nicht anreisen.
Zauner musste so manche Änderung im Booking vornehmen. „Der emotionale Beitrag der Amerikaner fehlt heuer größtenteils. Zum Ausgleich dafür habe ich Maria Mazzotta, eine Sängerin aus Kalabrien, engagiert. Ich beobachte sie schon eineinhalb Jahre. Der Süden Italiens steht auch für viel Gefühl.“Die Strategie, ein gutes Programm zu ersinnen, die steht seit
Jahren. „So ein Festival muss ausbalanciert sein. Sowohl Gefühl als auch Intellekt müssen stimuliert werden.“
Erstmals werden die Inntöne unter freiem Himmel ausgetragen. Statt in der Scheune wird die Bühne auf der Wiese dahinter stehen. „Wir planen für 750 Besucher. Mein Sohn und seine Freunde werden ein Schachbrettmuster in die Wiese mähen. Das garantiert optimale Platzausnutzung, und trotzdem sitzt niemand unmittelbar nebeneinander“, gibt sich Zauner optimistisch.
Nicht nur der Sohn, sondern die ganze Familie hilft mit. Vor allem Frau Mirja-Leena und Mutter Zauner. „Die Mirja hat einen ganz eigenen, gescheiten Blick auf die Dinge, und meine Mutter bringt ihren Hausverstand ein.“Zauner, der auch das Brucknerhaus und einen Club in Passau jazzig programmiert, hat früher an anderen Orten veranstaltet.
War die Mutter eigentlich ein wenig schockiert, als er 2002 mit seinen Jazzern ihren Bauernhof eroberte? „Eigentlich nicht. Sie meinte bloß, als sie jung war, hätte sie sich immer gedacht, dass man auf so einem Hof mehr machen könnte, als nur Kühe zu füttern.“
Musikalische Sternstunden
Seit damals gab es viele musikalische Sternstunden. Das erste ÖsterreichKonzert von Gregory Porter etwa, oder die schönen Darbietungen von Oumou Sangara, Kamasi Washington oder Michel Portal. Heuer hat auch Trompeter Franz Hackl, der Organisator des Tiroler Outreach-Festivals, einen Gig bei den Inntönen.
„Er ist seit 30 Jahren einer meiner besten Freunde. Wir haben einmal eine gemeinsame CD gemacht, die wurde vom ,Rolling Stone Magazine‘ in deren ,Guide of Jazz and Blues‘ unter die 500 besten Tonträger des Jahrhunderts gereiht. Und das noch dazu mit einer Fünf-Stern-Wertung. Uns verbindet, dass wir alles, was wir tun, mit Herz machen. Er ist ein grandioser Musiker.“Wichtiger Nachsatz: „Außerdem mag ihn meine Mama sehr gern.“