Menschliche Fäkalien dürfen nicht kompostiert werden
Kompostverordnung. Ein Toiletten-Start-up und der Investor Hans Peter Haselsteiner wollen das ändern. Doch die Aussichten sind nicht rosig.
Wien. 100 bis 200 Gramm Stuhl scheidet ein Mensch durchschnittlich pro Tag aus. Das Start-up Öklo um den Gründer Niko Bogianzidis sieht darin ein Geschäft. Die im niederösterreichischen Wolkersdorf ansässige Firma verkauft und vermietet Komposttoiletten aus Holz, bei denen die Benutzer ihre Fäkalien mit Sägespänen bedecken − eine Alternative zu Mobilklos aus Plastik. Dabei komme weder Chemie noch Spülwasser zum Einsatz.
Etwa 35 Prozent an Öklo hält der Strabag-Chef Hans Peter Haselsteiner. Der Baulöwe hat schon mehr als eine halbe Million Euro investiert und bereits einige Baustellen mit den Öko-Dixis ausgestattet. Bisher kamen die mobilen Toiletten bei Großveranstaltungen auf dem Wiener Rathausplatz oder der Donauinsel zum Einsatz. Der Abfall muss bei einer Kläranlage entsorgt werden. Doch Öklo will ihn als Kompost weiterverkaufen.
Laut der Kompostverordnung auf Grundlage der §§2 Abs. 3a und 7 Abs. 12 des Abfallwirtschaftsgesetzes sind aber menschliche Exkremente kein zugelassenes Ausgangsmaterial. „Es gibt verschiedene Vorbehalte gegen menschliche Fäkalien, beginnend bei einem relativ hohen Anteil von Medikamenten-Wirkstoffen bis zu den hygienischen Problemen, weil die Sequenzierung bei der Kompostierung nicht sicherstellt, dass menschliche Keime beseitigt werden“, erklärt Andreas Moser, zuständig für Abfallwirtschaftsplanung, Abfallbehandlung und Altlastensanierung im Umweltministerium der „Presse“.
Sorge um Hygiene
Der Kot wird stark erhitzt, damit Medikamentenreste, Hormone und gefährliche Mikroorganismen zerstört werden. „Bei einer richtigen Prozessführung in der thermophilen Phase wird der Kompost weitgehend von schädlichen Pathogenen befreit“, räumt Moser ein. Aber trotzdem habe es im Jahr 2000, als die Verordnung verfasst wurde, „starke Bedenken“gegeben. Diese Bedenken gebe es nach wie vor.
Diese Sorgen teilt Erwin Binner vom Institut für Abfallwirtschaft der Boku Wien nicht. Der Wissenschaftler verglich im Labor den Öklo-Kompost mit herkömmlichem Kompost und konnte keine
Unterschiede feststellen. „Die seuchenhygienische Unbedenklichkeit des unter Zumischung von Fäkalien der Öklo GmbH hergestellten Kompostes“sei nachgewiesen, sagt Binner. Endokrine Substanzen seien während des Rotteprozesses weitgehend abgebaut worden. Diese Laborergebnisse sollen den Gesetzgeber nun umstimmen.
Denn der Verordnung steht eine Novellierung bevor. „Wir haben einen neuen Entwurf erarbeitet“, sagt Moser. Doch in der neuen Kompostverordnung sei „nicht vorgesehen“, menschliche Fäkalien als Ausgangsstoff zu erlauben. Moser begründet: „Die wesentlichen Bedenken, die in der alten Verordnung bestanden haben, sind nicht ausgeräumt.“
„Europäischer Meilenstein“
Hingegen sind erlaubte Ausgangsmaterialien unter anderem Festund Flüssigmist oder Kommunaler Klärschlamm. Im Jahr 2000 sei die Verordnung ein „europaweiter Meilenstein“gewesen, erklärt Moser. „Es gab keine vergleichbaren Regelungen. Es hat die Kompostierung auf ein sehr hohes Niveau gebracht in Österreich.“Nun soll die Verordnung nicht nur gekürzt, sondern auch an den modernen Stand der Technik und der Wissenschaft angepasst werden. So war Biokohle als Zuschlagstoff 2000 noch nicht zulässig. „Das ist heutzutage eine sehr beliebte Vorgehensweise, um Nährstoffe zu erhalten“, so Moser. Daher soll dies in Zukunft erlaubt sein.
„Am Ende bedarf es des politischen Willens“, sagt Philipp Wildberger, der bei Öklo für den Vertrieb und die Entsorgung zuständig ist. Er sei „optimistisch, dass die Vorteile im Sinne der Kreislaufwirtschaft“erkannt werden. „Das ist ein globales Thema“, sagt Wildberger.
Selbst einer der reichsten Menschen der Welt, Bill Gates, beschäftigt sich mit dem Thema. Er und seine Frau Melinda investierten schon mehr als 200 Mio. Dollar in die Entwicklung von Toiletten, die kein Wasser zum Spülen und keine Kanalisation brauchen. In vielen Entwicklungsländern lösen die in Exkrementen enthaltenen Bakterien, Viren und Wurmeier Krankheiten wie Durchfall, Cholera und Typhus aus. (mad.)