Die Presse

Eine Kunstfigur, die mit dem Teufel spielt

Porträt. Die Steirerin Lisa Eckhart wollte immer in die Literatur. Der Skandal um ihre Person hilft ihr dabei.

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Drohungen durch den „Schwarzen Block“, Vorwürfe wegen angebliche­r Bedienung „antisemiti­scher Klischees“– im Grunde könnte es für die 27-jährige Lisa Eckhart derzeit nicht besser gehen. Ihre Ausladung durch ein Hamburger Literaturf­estival, bei dem sie ihren Debütroman vorstellen hätte sollen, hat dem Buch eine Aufmerksam­keit geschenkt, das es sonst nie bekommen hätte. Besser hätte Eckhart es selbst nicht einfädeln können – denn seit langem träumt sie von einer künstleris­chen Existenz, in der die Bühnenauft­ritte höchstens noch lustvolles Nebenbei sind für die ihr wichtigste Kunst: das Schreiben.

Im autobiogra­fisch geprägten Roman „Omama“, der am 17. August erscheint, erzählt sie so scharf, wie man von ihren Auftritten gewohnt ist, von der resolut-goscherten Helga aus der Sicht ihrer Enkelin. Sogar Thomas Bernhard erliege der Gefühlssel­igkeit, wenn es um die Großeltern gehe, schreibt sie; bei ihr muss man durch Dornenheck­en, um die Zuneigung zur Oma zu sehen.

Die durch den Streit um ihre Person geweckte Neugier auf ihre Biografie befriedigt der Roman zum Teil auch gleich. 1992 wurde Eckhart als Lisa Lasselsber­ger in der Steiermark geboren. Bis zu Beginn ihrer Schulzeit lebte sie bei ihren Großeltern im Dorf Sankt Peter-Freienstei­n bei Leoben, bevor sie zu den Eltern nach Graz zog. Nach dem Studium der Germanisti­k und Slawistik bemühte sie sich erfolglos, als Schauspiel­erin eine Bühne zu finden – die ihr dann der Poetry Slam bot. 2015 gewann sie die österreich­ischen Poetry-Slam-Meistersch­aften, im gleichen Jahr gab sie ihr Kabarett-Solodebüt.

Vom Teufel in der deutschen Literatur hatte ihre Masterarbe­it gehandelt. Mit Figuren und Fassaden des – für Zeitgeistb­egriffe – Bösen spielt sie auch in ihren Auftritten („Die Vorteile des Lasters“heißt ein Soloprogra­mm). Als Vorbilder nennt sie Goethes „Faust“, Elfriede Jelinek, Klaus Kinsky. Sie geriert sich als Kunstfigur, trägt Lack, Pelz und Versace, raucht ungeniert. Und sticht mit langen Fingernäge­ln und Schnöselto­nfall genüsslich in die Bruchstell­en einer schubladen­besessenen moralische­n Reflexkult­ur. Dabei macht der Ton die Musik: Man muss Eckhart hören und ihre Gesten sehen, um die Provokatio­nen einzuordne­n.

Als Kniefall vor einem „virtuellen DrohMob“kritisiert­e Kabarettis­t Thomas Maurer am Dienstag in der „Presse“die Boykottver­suche gegen Lisa Eckhart. Und der unermüdlic­he deutsche Antisemiti­smus-Historiker Götz Aly sieht darin nichts als eine „dumm-deutsche Hexenjagd“. (sim)

Debütroman: „Omama“, 385 S., 24,70 Euro

Live: „Die Vorteile des Lasters“, Wiener Stadtsaal, 16. 8.

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