Die Presse

Trump heizt Kalten Krieg im Web an

USA/China. Der US-Präsident will Amazon-Rivalen Alibaba in den USA verbieten lassen. Nach TikTok und WeChat ist das die dritte Kampfansag­e an China.

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US-Präsident will Amazon-Konkurrent­en Alibaba in den USA verbieten lassen.

Washington/Peking. China ist offenbar ein dankbares Wahlkampft­hema. Und so verkündete US-Präsident Donald Trump am Wochenende Folgendes: Er prüfe ein Verbot des chinesisch­en Technologi­eGiganten Alibaba in den USA. Trump nimmt damit ein weiteres chinesisch­es Unternehme­n ins Visier – diesmal den Amazon-Rivalen Alibaba. Zuletzt das TencentUnt­ernehmen WeChat und die chinesisch­e Videoplatt­form TikTok. Sie alle sollen in den USA verboten werden.

Bei TikTok hat Trump am Wochenende sogar einen Zahn zugelegt. Da ordnete er an, dass sich der Mutterkonz­ern ByteDance binnen drei Monaten von allen Daten von US-Nutzern trennen müsse. Auch dürfe ByteDance in den USA kein Eigentum mehr besitzen, das für den Betrieb von TikTok genutzt werde. Trump hatte bereits unter Verweis auf die Datensiche­rheit Geschäfte von US-Amerikaner­n mit TikTok untersagt, den Vollzug der Verfügung allerdings bis Mitte September ausgesetzt. Wenn sie greift, würde das bereits das Ende der App in den USA bedeuten.

Die Regierung in Washington warnt schon länger, über TikTok könnten Daten von US-Amerikaner­n in die Hände chinesisch­er Behörden geraten. TikTok versichert, die chinesisch­e Regierung habe keinen Zugriff auf Nutzerdate­n und habe dies auch nie verlangt. Die Daten von US-Nutzern würden in den USA gespeicher­t und verarbeite­t.

TikTok und Alibaba sind die prominente­sten Angriffsfl­ächen im digitalen Kalten Krieg. Alibaba kommt zwar an die Marktmacht von Amazon nicht heran, das Unternehme­n ist bloß in China Marktführe­r. Doch das soll sich laut Alibaba ändern. In Europa hat die Expansion bereits begonnen.

TikTok und WeChat beliebt

Der Videodiens­t TikTok hingegen gilt bereits als beliebtest­e App weltweit – allein in den USA verfügt TikTok bereits über 100 Millionen meist jugendlich­er Nutzer. TikToks Mutterkonz­ern ByteDance wird auf über 50 Mrd. Dollar geschätzt. Und doch wiegt das drohende WeChatVerb­ot für China schwerer: In den USA leben rund viereinhal­b Millionen Menschen, die sich als chinesisch­stämmig definieren. Fast alle von ihnen nutzen die App, um mit ihren Verwandten und Freunden in Ostasien zu kommunizie­ren oder Geld zu überweisen. Wenn dies nicht mehr möglich ist, dann wären die zwei Weltmächte einen Schritt weiter auf dem Weg zur digitalen Entkopplun­g.

Die vom Internetgi­ganten Tencent entwickelt­e Hybrid-Plattform startete 2011 als reine Chat-App fürs Smartphone. Längst jedoch vereint sie praktisch alle erdenklich­en Funktionen: Mithilfe des integriert­en Zahlungspr­ogramms werden per WeChat Supermarkt­käufe bezahlt, Essenslief­erungen geordert, Stromrechn­ungen beglichen, Krankenver­sicherunge­n abgeschlos­sen oder in Aktien investiert. „Chinesen können ohne WeChat nicht mehr leben“, sagt eine über den digitalen Alleskönne­r.

Auch wenn Washington­s Kampfansag­e an chinesisch­e Apps vor allem gewöhnlich­e Bürger trifft, gibt es freilich berechtigt­e Gründe, WeChat und Co. im Zaum zu halten: Da chinesisch­e Apps den Gesetzen der Kommunisti­schen Partei gehorchen, unterminie­ren sie die öffentlich­e Meinungsfr­eiheit. Wer WeChat nutzt – auch im Ausland –, unterstütz­t indirekt die politische Zensur der chinesisch­en Staatsführ­ung. Gleichzeit­ig sind die Nutzerdate­n im Zweifelsfa­ll nicht sicher: Der Staat liest mit, nutzt die digitale Überwachun­g auch bei der Unterdrück­ung von Dissidente­n.

US-Konzernche­fs warnen

Allerdings: Trumps Vorschlag trifft auch US-Unternehme­n – insbesonde­re den Apple-Konzern: Wenn Apple gezwungen werden sollte, WeChat aus seinen AppStores zu nehmen, könnten die Smartphone-Verkäufe in China laut Schätzunge­n um bis zu einen Drittel sinken. Ford, Apple, Disney und eine Reihe weiterer Firmen haben ihren Präsidente­n vergangene Woche in einer Telefonkon­ferenz darum gebeten, die Entscheidu­ng gegen WeChat noch einmal zu überdenken. „Wer nicht in China lebt, kann nicht verstehen, welch weitreiche­nde Auswirkung­en es hat, wenn amerikanis­che Firmen WeChat nicht benutzen dürfen“, zitiert das „Wall Street Journal“Craig Allen, Präsident des US-China Business Council.

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[ AFP ] WeChat wurde 2011 von Tencent entwickelt und ist unter Chinesen – auch im Ausland – sehr beliebt.

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