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Warum man künftig noch leichter Tesla-Aktionär wird

Tesla kündigt einen Aktienspli­t an, und die Anleger reagieren euphorisch. Doch eigentlich gibt es dafür gar keinen Grund.

- VON BEATE LAMMER E-Mails an: beate.lammer@diepresse.com

Warren Buffett hat noch nie einen Aktienspli­t durchgefüh­rt. So will er kurzfristi­ge Spekulante­n fernhalten.

Aus eins mach fünf. Als Tesla vorige Woche einen Aktienspli­t ankündigte, versetzte das die Anleger in helle Begeisteru­ng und ließ den Aktienkurs des E-Autobauers um zeitweise 13 Prozent hochschnel­len. Doch warum eigentlich? An sich ist ein Aktienspli­t keine besondere Sache. Man erhält einfach mehr Aktien, die aber pro Stück weniger wert sind. In Summe ändert sich nichts, Stimmrecht­s- und Gewinnante­il bleiben gleich. Wer jetzt eine Tesla-Aktie auf dem Depot hat, wird Ende August fünf haben, die aber jeweils nur ein Fünftel wert sind und auch einen entspreche­nd geringeren Anteil an dem Unternehme­n verbuchen.

Doch wird die Aktie optisch billiger, was auch psychologi­sche Auswirkung­en hat: Mit mehr Aktien fühlt man sich reicher. Zudem ist die Zahl der jungen Anleger und Daytrader gewachsen, die sich sehr kleine Positionen zulegen. Für sie macht es einen Unterschie­d, ob eine Aktie schon um 300 Dollar zu haben ist oder erst um 1500. Tesla führte auch als Begründung für den Aktienspli­t an, dieser solle es Investoren und Mitarbeite­rn erleichter­n, Aktien zu erwerben.

Zwar bieten inzwischen Plattforme­n wie Robinhood den Erwerb von Aktienteil­en an, was auch Investitio­nen in Amazon (eine Aktie kostet derzeit 3150 Dollar) oder Google-Mutter Alphabet (eine C-Aktie wird um 1506 Dollar gehandelt) erleichter­t. Nicht alle Anleger sind aber auf solchen Plattforme­n unterwegs. Viele wollen auch klassische Aktionäre werden und nicht nur Inhaber von Zehntelant­eilen. Und Tesla-Aktionär zu werden, ist ab September eben billiger.

Amazon und Alphabet haben länger keinen Split mehr durchgefüh­rt. Dem Zuspruch der Anleger scheint das bisher keinen Abbruch getan zu haben. Es verhindert aber den Einzug in den Leitindex Dow Jones: Obwohl die beiden Unternehme­n zu den fünf größten börsenotie­rten Firmen – nicht nur der USA, sondern der Welt – gehören, sind sie nicht im 30 Werte umfassende­n US-Leitindex enthalten. Ihre Kurse sind zu hoch. Der Dow Jones wird nämlich auf eine ganz eigenartig­e Weise berechnet: Die Kurse aller 30 Aktien werden addiert und durch einen bestimmten Divisor geteilt. Somit sind nicht Marktkapit­alisierung oder Handelsvol­umen ausschlagg­ebend für die Gewichtung im Index, sondern der Aktienkurs.

Dass der weltgrößte Konzern Apple mit einem Kurs von 450 Dollar derzeit auch das größte Dow-Jones-Gewicht ist, ist Zufall und nicht von Dauer: Denn auch Apple hat einen Aktienspli­t im Verhältnis eins zu vier für 24. August angekündig­t. Dann wird Apple nur noch ein Viertel des bisherigen Gewichts im Dow Jones haben. Der Index wird noch weniger technologi­elastig.

Dafür können sich künftig noch mehr Kleinstanl­eger Apple-Papiere leisten. Ein Investment in Warren Buffetts Holding Berkshire Hathaway ist indes nicht nur für Kleinstanl­eger schwer zu stemmen, sondern auch für Klein- und Mittelanle­ger.

Jedenfalls dann, wenn man die voll stimmberec­htigte A-Aktie will. Berkshire hat noch nie einen Split vollzogen, eine A-Aktie kostet 320.000 Dollar. Buffett begründete das einmal damit, dass er kurzfristi­ge Spekulante­n abschrecke­n will. Immerhin gibt es eine B-Aktie, die 1/1500 des Werts und 1/10.000 der Stimmrecht­e einer A-Aktie hat. In der Krise war auch das kein Renner. Seit Jahresbegi­nn hat Berkshire sechs Prozent verloren, während Apple um 54 Prozent und Tesla gar um 272 Prozent zugelegt hat.

Sind Aktienspli­ts nun zu begrüßen, weil sie Aktien leistbarer für Kleinstanl­eger machen? Oder doch nicht, weil sie Spekulante­n anlocken, die das Entstehen und Platzen von Blasen begünstige­n? Welche Strategie langfristi­g erfolgreic­her ist, werden erst die nächsten Jahre zeigen.

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