Bekommt man jetzt schwerer einen Kredit?
Finanzierungen. Die Kriterien für Immobilienkredite hätten sich verschärft, vermeldete kürzlich die Vergleichsplattform durchblicker.at – Banken bestätigen das nicht. Die Krise wird manche Anschaffungen trotzdem verzögern.
Wien. Wer für die nächste Zeit eine größere Anschaffung überlegt – vielleicht sogar einen Immobilienkauf oder Hausbau – steckt mit einiger Wahrscheinlichkeit in einem Dilemma. Jedenfalls dann, wenn er oder sie nicht in der seltenen Situation ist, alles aus Eigenmitteln stemmen zu können. Braucht man eine Finanzierung, locken einerseits die nach wie vor niedrigen Zinsen. Andererseits ist da immer noch die Coronakrise, von der niemand weiß, wie lang sie uns im Bann halten wird.
Die unsichere wirtschaftliche Lage macht eine Verschuldung jedenfalls riskanter – selbst wenn man im Moment noch keinen Einkommensverlust erlitten hat. Gleichzeitig haben aber laut Umfragen der Lockdown und zum Teil auch das Home-Office bei vielen Menschen den Wunsch nach einer geräumigeren Wohnung – möglichst mit Freifläche – oder einem Haus im Grünen verstärkt.
Auch vom Kreditmarkt kommen ambivalente Signale. Laut dem deutschen Wohnbau-Kreditvermittler Interhyp, der auch in Wien eine Niederlassung betreibt, markierten die Zinsen für Wohnbaufinanzierungen zu Beginn der Krise Anfang März ein neues Rekordtief. Schon kurz darauf habe sich jedoch eine leichte Tendenz nach oben abgezeichnet, vor allem aber eine größere Volatilität.
Eine Trendwende ortet auch das Vergleichsportal durchblicker.at: Zwar sei das Zinsniveau inzwischen wieder annähernd auf Vor-Corona-Niveau, die Maßstäbe der Banken in der Bonitätsbewertung bei Kreditanträgen seien aber viel strenger geworden, hieß es im Juli in einer Aussendung.
„Mehr Ablehnungen“
Vor allem für Selbstständige bzw. Ein-PersonenUnternehmen (mit wenigen Ausnahmen, wie etwa Rechtsanwälte oder Notare) sei es jetzt deutlich schwieriger, einen Immobilienkredit zu bekommen. Auch Finanzierungswünsche von Personen in Kurzarbeit, in einem befristeten Dienstverhältnis oder von solchen, die kürzer als sechs Monate angestellt sind – selbst wenn der Partner regulär beschäftigt ist – werden laut durchblicker.at häufiger abgelehnt. Bei den erforderlichen Eigenmitteln seien die Banken im Schnitt ebenfalls strenger als zu „normalen“Zeiten – auch wenn es große Unterschiede zwischen den einzelnen Kreditinstituten gebe.
„Die Presse“fragte daraufhin bei Banken nach. Der Grundtenor der Antworten: Eine generelle Verschärfung der Bonitätskriterien gebe es nicht.
„Im Segment der Selbstständigen bzw. Ein-Personen-Unternehmen gibt es keine Verschärfungen und wir können auch marktseitig nicht bestätigen, dass es schwieriger geworden sei, eine Immobilienfinanzierung zu erhalten“, teilt die Bawag PSK mit. Auch die Konditionen hätten sich nicht verschärft. Vielmehr habe man „aktuell sogar im Fixzinsbereich die Zinssätze weiter gesenkt: Fixzinskredite werden bereits ab 0,875 Prozent angeboten“.
Und wie steht es um die konkreten Kriterien? Um einen Kredit bekommen zu können, müsse „grundsätzlich die Leistbarkeit für die Rückführung gegeben sein“, heißt es seitens der Bank. Für die Dokumentation des Einkommens sei die Vorlage der letzten drei Einkommensnachweise nötig, und „da die Kurzarbeit eine außergewöhnliche Situation ist“, werde jede Anfrage bei einem Beratungsgespräch „situationsbedingt und individuell geprüft“. Für die Eigenmittel seien 20 Prozent
„ein Richtwert“. Wobei es aber „immer auf die Gesamtsituation ankommt, sodass eine verkürzte Antwort der Komplexität einer Immobilienfinanzierung nicht gerecht wird“.
„Kriterien gleich“
Auch Mauro Maschio, Vorstand der Privatkundenbank der UniCredit Bank Austria, betont gegenüber der „Presse“, es würden auch jetzt aktiv Kredite vergeben. „Wir unternehmen unser Möglichstes, um unsere Kunden auch in dieser schwierigen Situation bei ihren Finanzierungswünschen zu unterstützen“, die aktuellen Rahmenbedingungen würden dabei „so gut es geht“berücksichtigt. All das gelte für bestehende Kunden, die bereits einen Kredit haben, ebenso wie für neue.
Die entscheidenden Kriterien bei der Kreditvergabe seien unverändert geblieben, sagt Maschio: Leistbarkeit und Rückzahlungsfähigkeit auf der Grundlage einer umfassenden Haushaltsrechnung. Relevant seien demnach „in erster Linie das frei verfügbare Einkommen, die Verschuldungsquote, Besicherungsquote etc.“. Den empfohlenen Eigenmittelanteil beziffert er mit „mindestens 20 Prozent“. Wobei aber auch er betont, dass in jedem Einzelfall auf die jeweiligen individuellen Umstände, wie unterschiedliche Lebenssituationen und Lebenshaltungskosten, einzugehen sei. Aber selbst wenn die Kriterien im Wesentlichen gleich geblieben sind – durch die Krise sind sie für viele jetzt schwerer zu erfüllen. Sodass es unter dem Strich eben doch mehr Ablehnungen geben dürfte. Das mag einige Anschaffungen verzögern, wird aber auch manche vor dem Abrutschen in die Schuldenfalle bewahren.