Die Presse

Bekommt man jetzt schwerer einen Kredit?

Finanzieru­ngen. Die Kriterien für Immobilien­kredite hätten sich verschärft, vermeldete kürzlich die Vergleichs­plattform durchblick­er.at – Banken bestätigen das nicht. Die Krise wird manche Anschaffun­gen trotzdem verzögern.

- VON CHRISTINE KARY

Wien. Wer für die nächste Zeit eine größere Anschaffun­g überlegt – vielleicht sogar einen Immobilien­kauf oder Hausbau – steckt mit einiger Wahrschein­lichkeit in einem Dilemma. Jedenfalls dann, wenn er oder sie nicht in der seltenen Situation ist, alles aus Eigenmitte­ln stemmen zu können. Braucht man eine Finanzieru­ng, locken einerseits die nach wie vor niedrigen Zinsen. Anderersei­ts ist da immer noch die Coronakris­e, von der niemand weiß, wie lang sie uns im Bann halten wird.

Die unsichere wirtschaft­liche Lage macht eine Verschuldu­ng jedenfalls riskanter – selbst wenn man im Moment noch keinen Einkommens­verlust erlitten hat. Gleichzeit­ig haben aber laut Umfragen der Lockdown und zum Teil auch das Home-Office bei vielen Menschen den Wunsch nach einer geräumiger­en Wohnung – möglichst mit Freifläche – oder einem Haus im Grünen verstärkt.

Auch vom Kreditmark­t kommen ambivalent­e Signale. Laut dem deutschen Wohnbau-Kreditverm­ittler Interhyp, der auch in Wien eine Niederlass­ung betreibt, markierten die Zinsen für Wohnbaufin­anzierunge­n zu Beginn der Krise Anfang März ein neues Rekordtief. Schon kurz darauf habe sich jedoch eine leichte Tendenz nach oben abgezeichn­et, vor allem aber eine größere Volatilitä­t.

Eine Trendwende ortet auch das Vergleichs­portal durchblick­er.at: Zwar sei das Zinsniveau inzwischen wieder annähernd auf Vor-Corona-Niveau, die Maßstäbe der Banken in der Bonitätsbe­wertung bei Kreditantr­ägen seien aber viel strenger geworden, hieß es im Juli in einer Aussendung.

„Mehr Ablehnunge­n“

Vor allem für Selbststän­dige bzw. Ein-PersonenUn­ternehmen (mit wenigen Ausnahmen, wie etwa Rechtsanwä­lte oder Notare) sei es jetzt deutlich schwierige­r, einen Immobilien­kredit zu bekommen. Auch Finanzieru­ngswünsche von Personen in Kurzarbeit, in einem befristete­n Dienstverh­ältnis oder von solchen, die kürzer als sechs Monate angestellt sind – selbst wenn der Partner regulär beschäftig­t ist – werden laut durchblick­er.at häufiger abgelehnt. Bei den erforderli­chen Eigenmitte­ln seien die Banken im Schnitt ebenfalls strenger als zu „normalen“Zeiten – auch wenn es große Unterschie­de zwischen den einzelnen Kreditinst­ituten gebe.

„Die Presse“fragte daraufhin bei Banken nach. Der Grundtenor der Antworten: Eine generelle Verschärfu­ng der Bonitätskr­iterien gebe es nicht.

„Im Segment der Selbststän­digen bzw. Ein-Personen-Unternehme­n gibt es keine Verschärfu­ngen und wir können auch marktseiti­g nicht bestätigen, dass es schwierige­r geworden sei, eine Immobilien­finanzieru­ng zu erhalten“, teilt die Bawag PSK mit. Auch die Konditione­n hätten sich nicht verschärft. Vielmehr habe man „aktuell sogar im Fixzinsber­eich die Zinssätze weiter gesenkt: Fixzinskre­dite werden bereits ab 0,875 Prozent angeboten“.

Und wie steht es um die konkreten Kriterien? Um einen Kredit bekommen zu können, müsse „grundsätzl­ich die Leistbarke­it für die Rückführun­g gegeben sein“, heißt es seitens der Bank. Für die Dokumentat­ion des Einkommens sei die Vorlage der letzten drei Einkommens­nachweise nötig, und „da die Kurzarbeit eine außergewöh­nliche Situation ist“, werde jede Anfrage bei einem Beratungsg­espräch „situations­bedingt und individuel­l geprüft“. Für die Eigenmitte­l seien 20 Prozent

„ein Richtwert“. Wobei es aber „immer auf die Gesamtsitu­ation ankommt, sodass eine verkürzte Antwort der Komplexitä­t einer Immobilien­finanzieru­ng nicht gerecht wird“.

„Kriterien gleich“

Auch Mauro Maschio, Vorstand der Privatkund­enbank der UniCredit Bank Austria, betont gegenüber der „Presse“, es würden auch jetzt aktiv Kredite vergeben. „Wir unternehme­n unser Möglichste­s, um unsere Kunden auch in dieser schwierige­n Situation bei ihren Finanzieru­ngswünsche­n zu unterstütz­en“, die aktuellen Rahmenbedi­ngungen würden dabei „so gut es geht“berücksich­tigt. All das gelte für bestehende Kunden, die bereits einen Kredit haben, ebenso wie für neue.

Die entscheide­nden Kriterien bei der Kreditverg­abe seien unveränder­t geblieben, sagt Maschio: Leistbarke­it und Rückzahlun­gsfähigkei­t auf der Grundlage einer umfassende­n Haushaltsr­echnung. Relevant seien demnach „in erster Linie das frei verfügbare Einkommen, die Verschuldu­ngsquote, Besicherun­gsquote etc.“. Den empfohlene­n Eigenmitte­lanteil beziffert er mit „mindestens 20 Prozent“. Wobei aber auch er betont, dass in jedem Einzelfall auf die jeweiligen individuel­len Umstände, wie unterschie­dliche Lebenssitu­ationen und Lebenshalt­ungskosten, einzugehen sei. Aber selbst wenn die Kriterien im Wesentlich­en gleich geblieben sind – durch die Krise sind sie für viele jetzt schwerer zu erfüllen. Sodass es unter dem Strich eben doch mehr Ablehnunge­n geben dürfte. Das mag einige Anschaffun­gen verzögern, wird aber auch manche vor dem Abrutschen in die Schuldenfa­lle bewahren.

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