„Querulant“im Gemeinderat hoheitlich beleidigt
Rechtsweg. Ein Mandatar, der in der Sitzung der Ortsvertretung verbal austeilte, konnte nicht dafür belangt werden.
Wien. Das Thema Blumentröge scheint in einer Tiroler Gemeinde emotional aufgeladen zu sein. Seit Jahren schwelt deswegen ein Konflikt zwischen einem Einwohner und dem Bürgermeister. Als man das Thema in der Gemeinderatssitzung debattierte, wurde ein Vertreter der Bürgermeisterpartei emotional. Der Mitbürger sei „seit sieben Jahren ein Querulant“. Und er sei ein „Querulant, der Blumentröge nicht wegmacht“, meinte der Mandatar. Der solcherart Angesprochene klagte nun den Mandatar auf Widerruf. Aber kann so eine Klage erfolgreich sein?
Der Lokalpolitiker rechtfertigte seine Äußerungen damit, dass der von ihm angesprochene Mann seit Jahren behördliche Eingaben zum selben Thema mache. Es gehe um auf öffentlichem Gut aufgestellte Blumentröge und um die Übernahme einer Wegfläche durch die Gemeinde. Die Beschlüsse des Gemeinderats dazu aber bekämpfe der Mitbürger ständig.
„Schon fünfmal beschlossen“
Wiederholt mussten Beschlüsse des Gemeinderats wegen Verfahrensfehlern auch aufgehoben werden. Und so sollte in dieser Sitzung wieder einmal der Beschluss gefasst werden, dass die strittige Wegfläche zur Gemeindestraße erklärt wird. Der Bürgermeister hatte den Antrag dazu eingebracht. Als dazu aber eine Diskussion im Gemeinderat aufkam, konnte das der nun geklagte Mandatar nicht fassen. Was es da noch zu fragen gäbe, meinte er. Schließlich habe man „das Ganze jetzt schon fünfmal einstimmig beschlossen“.
Juristisch interessant ist hier die Frage, ob eine zivilrechtliche Klage gegen den Mandatar der richtige Weg ist. Oder ob man nur die Gemeinde, und zwar im Zuge einer Amtshaftung für etwaige Schäden haftbar machen könnte, weil eines ihrer Organe für das Geschehene verantwortlich ist. Das Bezirksgericht Silz befand, dass die Klage gegen den Mandatar möglich ist. Aber es handle sich bei der Bezeichnung als „Querulant“um ein Werturteil, auf dessen Widerruf man keinen Anspruch habe. Das Landesgericht Innsbruck aber betonte, dass die Äußerung im Zuge einer Gemeinderatsdebatte zu einer Verordnung gefallen sei. Damit bestehe ein Zusammenhang zu einer hoheitlichen Aufgabe. Und daher gebe es nur die Möglichkeit der Amtshaftung.
OGH: Zweifellos Hoheitsbereich
Der Oberste Gerichtshof (1 Ob 70/20f ) schloss sich dem an: „Die Debatte, in welcher der Beklagte den Kläger als ,Querulanten‘ bezeichnet hatte, diente zweifellos der Vorbereitung der Beschlussfassung des Gemeinderats über die Erlassung einer Verordnung und ist daher dessen Hoheitsbereich zuzuordnen.“Der gewählte Rechtsweg war falsch, die Klage ist gescheitert.