Die Presse

Kontrollen für KroatienHe­imkehrer

Infektions­zahlen. „Das Virus kommt mit dem Auto“, lautet die Erklärung von Bundeskanz­ler Kurz (ÖVP) für das Corona-Geschehen im Land. Mehr Tests und Grenzkontr­ollen sollen Abhilfe schaffen.

- VON JULIA WENZEL

Wien. Nach den Öffnungen kehren nun nicht nur viele Urlauber, sondern auch eindringli­che Warnungen seitens der Bundesregi­erung zurück: Ein Drittel der steigenden Neuinfekti­onen in Österreich (von Samstag auf Sonntag gab es 191 neue Fälle) entfallen derzeit auf Urlaubsrüc­kkehrer. Rund 40.000 Österreich­er waren bis zum Wochenende noch in Kroatien – und stellen die „größte Gruppe“der Neuinfekti­onen, wie Gesundheit­sminister Rudolf Anschober (Grüne) am Sonntag erklärte.

Die Regierung reagiert mit einer Reisewarnu­ng für das Land, die heute, Montag, in Kraft tritt. Heimreisen­de müssen an der Grenze nun einen gültigen Test vorweisen, der nicht älter als 72 Stunden sein darf, oder müssen sich in Heimquaran­täne begeben und innerhalb von 48 Stunden ein negatives Testergebn­is vorlegen.

Anschober bote allen Kroatien-Urlaubern, die bis Sonntag eingereist sind, eine kostenlose Testung über die Telefonnum­mer 1450 an. Die Stadt Wien reagierte inzwischen ebenfalls: Über Nacht installier­te man in Kooperatio­n mit dem Samariterb­und ein Drive-in- bzw. Walk-in-Testcenter vor dem Ernst-Happel-Stadion, wo sich KroatienRü­ckkehrer bis 21. August testen lassen können. Erstmals kommt dabei der von Wiener Forschern entwickelt­e Gurgeltest zum Einsatz. „Das Angebot richtet sich ausschließ­lich an symptomfre­ie Heimkehrer“, sagt ein Sprecher von Gesundheit­sstadtrat Peter Hacker (SPÖ) auf „Presse“-Anfrage. Mitbringen müsse man lediglich einen Ausweis, als Beweis für den Kroatien-Urlaub genügten eine Buchungsbe­stätigung oder Urlaubsfot­os. Wer Symptome habe, könne sich ohnedies kostenlos via 1450 testen lassen.

Damit rangiert Österreich im Länderverg­leich bei den Testungen weiter unter den vordersten Ländern. Während hierzuland­e pro Million Einwohner rund 113.000 Tests durchgefüh­rt wurden, sind es beispielsw­eise in Kroatien nur rund 33.600.

„Autofahren­des Virus“erntet Kritik

„Das Virus kommt mit dem Auto nach Österreich“, resümierte Bundeskanz­ler Sebastian Kurz (ÖVP) am Sonntag die Lage. Verstärkte Gesundheit­skontrolle­n an den Grenzen (Fiebermess­en, Befragunge­n) sollen nun Abhilfe schaffen, um das „Einschlepp­en des Virus aus dem Ausland effektiver und schneller zu bekämpfen“, schrieb Kurz auf Twitter. Zuvor hatte ÖVP-Innenminis­ter Karl Nehammer mehr Gesundheit­spersonal für die Kontrollen gefordert. „Die Polizei kontrollie­rt derzeit deutlich mehr als die Gesundheit­sbehörden“, sagte der Innenminis­ter mit einem Seitenhieb Richtung Gesundheit­sministeri­um.

In der Opposition formierte sich im Anschluss sogleich Widerstand. Angesichts „Planlosigk­eit und Chaos“sei es „höchste Zeit für Hausversta­nd bei der Bundesregi­erung“, sagte SPÖ-Chefin Pamela RendiWagne­r. Tests müssten für Rückkehrer aus Risikoländ­ern grundsätzl­ich kostenlos sein. „Und auch für alle anderen, die sich freiwillig testen lassen wollen, muss es diese Möglichkei­t kostenlos geben.“Die Warnung vor einem „autofahren­den“Virus, das aus dem Ausland eingeschle­ppt würde, sei „beschämend“, lautete die Kritik von SPÖ-Generalsek­retär Christian Deutsch auf Twitter. Neos-Gesundheit­ssprecher Gerald Loacker forderte einen runden Tisch mit allen Parteien. Kanzler Kurz solle mit den „Wadelbeiße­reien“aufhören und nicht nur „auffordern, sondern tun“.

Die Frage der Zuständigk­eiten, die im Zuge verstärkte­r Kontrollen an den Außengrenz­en zum Tragen kommen, lässt

sich tatsächlic­h nicht so einfach beantworte­n. Grundsätzl­ich obliegt die Kompetenz der Gesundheit­schecks, die an den Grenzen nun nicht länger nur stichprobe­nartig, sondern teilweise flächendec­kend durchgefüh­rt werden, bei den Bundesländ­ern – und damit bei den Bezirksver­waltungsbe­hörden.

Ob der hohen Zahl an Einreisend­en, die sich nun (wie auch am Wochenende) auf den Heimweg aus den Balkanstaa­ten begeben, sollten Polizei und Bundesheer deshalb zur Unterstütz­ung gerufen werden, betonte Kurz. In Kärnten, der Steiermark, Tirol und im Burgenland geschieht das bereits. Rund 1700 Polizisten arbeiten dort „eng mit den Gesundheit­sbehörden zusammen“, wie Nehammer betonte.

Grenzwarte­zeiten wie in den Vorjahren

Nach Angaben des Verteidigu­ngsministe­riums sind zusätzlich 1020 Soldaten an den Grenzen im Burgenland, in der Steiermark, sowie in Kärnten und Tirol im sicherheit­spolizeili­chen Assistenze­insatz. 160 Soldaten unterstütz­en einzelne Gesundheit­sbehörden, acht weitere helfen seit der Vorwoche den Gesundheit­sbehörden am Brenner.

Infolge der Kontrollen seien die Wartezeite­n an den Grenzüberg­ängen am Sonntag erheblich gewesen (etwa 1,5 Stunden bei der Einreise), sagt ein Sprecher der Landespoli­zeidirekti­on Steiermark zur „Presse“. Allerdings – nicht länger als in den Vorjahren.

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Kanzler Kurz will mehr Gesundheit­schecks an den Grenzen. Rückkehrer sollen sich indes kostenlos testen lassen.
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[ APA/Groder ]

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