Die Presse

Hilferuf: Freiwillig­e Helfer fehlen

Ehrenamt. Aus Angst vor Corona haben viele (ältere) Mitarbeite­r der Wiener Vinziwerke aufgehört.

- VON MIRJAM MARITS

Wien. Schon beim Lockdown im März fielen von einem Tag auf den anderen Dutzende Helfer aus: Nun, in einer zweiten Welle quasi, haben die Wiener Vinziwerke wieder ein großes Personalpr­oblem: Denn angesichts steigender Corona-Infektions­zahlen haben viele der älteren Helfer, die selbst zur Risikogrup­pe zählen, ihr Ehrenamt aus Angst vor einer Ansteckung aufgegeben. Allein im Vinziwerk in Meidling haben aktuell 50 ältere Ehrenamtli­che aufgehört.

Hinzu komme, sagt eine Sprecherin der Vinziwerke, dass auch viele jüngere Helfer nun wieder an die Unis zurückkehr­en und keine Zeit mehr haben, mitzuhelfe­n. Dass zudem der VinziPort – eine Notschlafs­telle für Obdachlose aus EU-Ländern – Ende Juli vom Rennweg in die Leebgasse in Favoriten gezogen ist, habe auch dazu geführt, dass einige Ehrenamtli­che nicht mehr kommen, da ihnen der Weg zu weit ist.

Kurz gesagt: Die Vinziwerke suchen dringend nach – jungen – freiwillig­en Helfern. Nicht nur in Wien, auch in Graz, fehle es derzeit überall: Empfangs-, Nacht- oder Kochdienst­e können aktuell kaum noch besetzt werden.

Eine spezielle Ausbildung brauche man nicht, es gehe – trotz Corona-Abstandhal­tens – darum, da zu sein, zuzuhören. Eine Partie Karten zu spielen, frische Bettwäsche auszuteile­n. „Wir finden“, heißt es, „für jeden eine Einsatzmög­lichkeit.“(Infos: www.vinzi.at oder vinziwerke.wien@vinzi.at)

Auch die Caritas sucht

Für jeden Standort gebe es ein eigenes Corona-Sicherheit­skonzept, beim Betreten wird die Temperatur gemessen, für die Freiwillig­en gibt es FFP2-Masken, Handschuhe, am Empfang Trennschei­ben.

Auch die Caritas Wien war zu Beginn des Lockdowns im März mit einem plötzliche­n Wegfall hunderter, älterer Helfer konfrontie­rt: Allein bei den Wiener „Le+o“-Ausgabeste­llen, bei denen

Armutsgefä­hrdete Lebensmitt­el bekommen, sind „rund 80 Prozent der Freiwillig­en weggefalle­n. Das war eine große Herausford­erung“, sagt Klaus Schwertner, Generalsek­retär der Caritas Wien.

Allerdings: Nach einem Aufruf, sich freiwillig zu engagieren, meldeten sich 4200 junge Menschen, „etliche davon sind dann auch sehr rasch zum Einsatz gekommen“, etwa bei der Corona-Nothilfe-Hotline der Caritas. Auch die Vinziwerke konnten nach einem Aufruf im März über den Sommer gut über die Runden kommen, bis nun erneut weite Teil der Ehrenamtli­chen aufgehört haben.

Einen Engpass wie bei den Vinziwerke­n gibt es bei der Caritas aktuell zwar nicht, „wie die nächsten Wochen und Monate werden, ist aber ganz schwer zu prognostiz­ieren“. Generell beobachte man, dass sich viele Helfer nicht mehr langfristi­g, sondern oft nur einige Monate verpflicht­en. Daher sucht die Caritas ständig nach weiteren, ehrenamtli­chen Mitarbeite­rn.

Und das nicht nur in sensiblen Bereichen wie der Hospizarbe­it, sondern auch bei Tätigkeite­n, die man ohne große Einschulun­g übernehmen kann. Wer sich etwa bei der – während der Pandemie gegründete­n – Plattform „Füreinand“(fuereinand.at) registrier­t, bekommt per Mail Infos, wo gerade Hilfe benötigt wird. Und auch für das „Plaudernet­z“der Caritas (plaudernet­z.at) werden Helfer gesucht. „Es ist keine Krisenhotl­ine, keine psychologi­sche Beratung“, sagt Schwertner. „Es geht einfach darum, die Menschen ins Gespräch zu bringen.“

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[ APA/Fohringer ] Im Vinziwerk in Meidling, das Obdachlose­n eine Unterkunft bietet, sind 50 ältere ehrenamtli­che Helfer ausgefalle­n.

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