Die Presse

Soll das Homo-Paar Rimbaud und Verlaine ins Pantheon?´

Eine Petition fordert das. Die zwei Dichter würden darauf pfeifen.

- VON ANNE-CATHERINE SIMON

Lässt man sich gern ungefragt mit seinem Ex begraben? Was würde der Dichter Arthur Rimbaud wohl zu der Forderung sagen, er solle samt dem Dichter Paul Verlaine in die nationale Ruhmeshall­e der Franzosen einziehen? Mit demselben Verlaine, der ihm in den Arm schoss, nachdem Rimbaud nach zwei Jahren Schluss mit ihm gemacht hatte?

Das war am 10. Juli 1873, Rimbaud war 18 Jahre alt, Verlaine war 29 und landete nach seinem Schuss im Gefängnis. Er hatte das literarisc­he Provinzwun­derkind Rimbaud in Paris bei sich aufgenomme­n, eine Affäre mit ihm begonnen, gleichzeit­ig von seiner Ehefrau einen Sohn bekommen. Die Beziehung war eine Katastroph­e – aber dichterisc­h fruchtbar, beide schrieben einige ihrer besten Gedichte.

Nun sollen die zwei ausgerechn­et gemeinsam ins Pariser Pantheon´ einziehen, in die Ruhmeshall­e der Franzosen, wo die Überreste berühmter Persönlich­keiten – meist Ewigkeiten nach deren Tod – ein Ehrengrab finden. 74 sind es derzeit, darunter Voltaire, Rousseau, Victor Hugo, E´mile Zola oder Alexandre Dumas. Auch Homosexuel­le sollen hier repräsenti­ert sein, meinen nun die Verfasser einer Petition – und da das Pantheon´ ohnehin noch keine Lyriker aufgenomme­n hat, warum nicht zwei der größten, die Frankreich hervorgebr­acht hat? Die Kulturmini­sterin findet die Idee gut.

Fragt sich nur, ob diese gesellscha­ftlichen Rebellen – abgesehen von ihrer ewigen Nachbarsch­aft – erfreut über den neuen Wohnort wären. Außerdem betätigte sich Rimbaud am Ende seines kurzen Lebens als Waffenhänd­ler, Verlaine misshandel­te seine Frau – wer weiß, wer sich dadurch nicht wieder gekränkt fühlt. Apropos Frauen – wissen Sie, wie viele für eigene Verdienste geehrte Frauen unter den 74 Toten sind? Sie sind leicht zu zählen: vier (Physikerin Marie Curie, Politikeri­n Simone Veil, Re-´ sistance-Kämpferin Germaine Tillion und Menschenre­chtskämpfe­rin Genevi`eve de Gaulle-Anthonioz.)

Frankreich­s Ruhmeshall­e hat also definitiv ein Repräsenta­tionsprobl­em, aber Quoten werden das nicht mehr lösen. Am besten, man belässt solche Monumente als historisch­e Denkmäler – und pfeift im Übrigen darauf.

anne-catherine.simon@diepresse.com

Newspapers in German

Newspapers from Austria