Die Presse

Terror mit dem Hackbeil auf die Meinungsfr­eiheit

Frankreich. Bei Angriff vor früherer Redaktion der Satirezeit­schrift „Charlie Hebdo“wurden zwei Journalist­en schwer verletzt. Zusammenha­ng mit Terrorproz­ess liegt nahe.

- Von unserem Korrespond­enten RUDOLF BALMER

Paris. Der Ort und der Zeitraum des Angriffs waren nicht zufällig gewählt. Unweit der ehemaligen Redaktion der französisc­hen Satirezeit­schrift „Charlie Hebdo“in Paris wurden Freitagmit­tag zwei Menschen von einem Mann mit einem Hackbeil attackiert. Die beiden, eine Frau und ein Mann, wurden dabei schwer verletzt, sind aber außer Lebensgefa­hr.

Sie sollen nach Angaben einer Kollegin vor dem Gebäude geraucht haben. Es handelt sich um Mitarbeite­r der TV-Produktion­sfirma Premi`eres lignes, deren Arbeitsräu­me sich in dem Haus befinden, in dem am 7. Jänner 2015 die Brüder Kouachi einen Terrorangr­iff auf die Redaktion von „Charlie Hebdo“verübt haben. Elf Menschen kamen damals ums Leben.

Seit drei Wochen läuft in Paris der Prozess gegen ihre mutmaßlich­en Helfer. Dies ließ unweigerli­ch die Vermutung aufkommen, dass zwischen der Messeratta­cke und dem „Charlie Hebdo“-Prozess ein Zusammenha­ng bestehen könnte. Das Terrornetz­werk al-Qaida hatte mit einem Anschlag gedroht.

Kurz nach dem blutigen Angriff nahm die Polizei an der Place de la Bastille einen Tatverdäch­tigen fest. Der Mann soll wegen seiner seiner blutbeflec­kten Kleidung die Aufmerksam­keit auf sich gezogen haben. In den französisc­hen Medien war zunächst von zwei Tätern die Rede. Der zweite Verdächtig­e soll indessen unbeteilig­t gewesen sein. Mehrere Zeugen haben anscheinen­d den Vorfall mit ihrem Handy gefilmt. Zudem erhielten die Ermittler wertvolle Informatio­nen dank der Videoüberw­achung in diesem Quartier, das sofort abgeriegel­t worden war.

Auch schwer bewaffnete Soldaten sind dabei zum Einsatz gekommen. Rund um den Tatort wurden alle Schulen angewiesen, sich sicherheit­shalber bis auf Weiteres hinter verriegelt­en Toren zu verschanze­n. Denn es war auch noch von einem „verdächtig­en

Objekt“die Rede. Die Befürchtun­g, dass es eine Bombe sein könnte, konnte freilich rasch ausgeräumt werden.

Premier Jean Castex, Innenminis­ter Ge-´ rald Darmanin sowie die Pariser Bürgermeis­terin, Anne Hidalgo, begaben sich umgehend an den Tatort. Als Tatwaffe wurde ein Hackbeil sichergest­ellt, wie Fleischhau­er es verwenden. Bei dem Täter soll es sich um einen 18-jährigen Pakistani handeln, der bisher nicht auffällig gewesen ist.

„Ich habe nur ein Wort dazu: Horror!“

Kaum Zweifel an einem Zusammenha­ng mit dem islamistis­chen Terror hat dagegen Marika Bret, die Personalch­efin von „Charlie Hebdo“. Sie erklärte: „Das ist ein regelrecht­er Tiefschlag. Ich habe nur ein Wort dazu: Horror!“Sie ist im Vorfeld der Gerichtsve­rhandlung gegen 14 mutmaßlich­e Helfer und Helfershel­fer der Terroriste­n von 2015, die beim Schusswech­sel mit der Polizei getötet worden waren, selbst kürzlich in so massiver Weise bedroht worden, dass sie ihre Wohnung verlassen und umziehen musste.

Zu Prozessbeg­inn hat die Wochenzeit­ung zudem die Mohammed-Karikature­n wieder auf der Titelseite abgedruckt, die als angebliche Provokatio­n Anlass für den Anschlag gewesen sind, von „Charlie Hebdo“aber als Symbol der Meinungsfr­eiheit verteidigt werden. Rund 100 Redaktione­n publiziert­en in Frankreich vor wenigen Tagen einen Appell zur Verteidigu­ng der von Fanatikern bedrohten Pressefrei­heit.

Solidaritä­tsbekundun­gen kamen aus Europa, darunter von EU-Ratschef Louis Michel und Giuseppe Conte, dem italienisc­hen Premier.

 ?? [ AFP ] ?? Alarmstimm­ung in Paris. Bei dem Angriff gegen TVJournali­sten vor der ehemaligen Redaktion von „Charlie Hebdo“war eine Sondereinh­eit der Polizei im Einsatz.
[ AFP ] Alarmstimm­ung in Paris. Bei dem Angriff gegen TVJournali­sten vor der ehemaligen Redaktion von „Charlie Hebdo“war eine Sondereinh­eit der Polizei im Einsatz.

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