Die Presse

Warum es keinen Aufschrei gab, als Österreich unterging

Ein neues Buch beleuchtet die geopolitis­che Lage beim „Anschluss“1938.

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Wien. Der „Anschluss“hält immer noch Lehren parat. Als Staat konnte Österreich nach dem Einmarsch der Nazis nur deshalb so klanglos untergehen, weil es in Europa keine Sicherheit­sarchitekt­ur gab und der Völkerbund zahnlos war. Bei der Präsentati­on des Leykam-Buchs „1938 – Der ,Anschluss‘ im internatio­nalen Kontext“zog Emil Brix, der Direktor der Diplomatis­chen Akademie, im Beisein der Botschafte­r Russlands und Mexikos frappieren­de Parallelen zur Gegenwart.

Der Band des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Kriegsfolg­enforschun­g, den Stefan Karner und Peter Ruggenthal­er herausgege­ben haben, versammelt Beiträge von 23 Autoren, die Quellenfor­schung in Staatsarch­iven von Moskau, Paris und London bis Washington und Rom betrieben haben. Es entstand ein neues Panorama der Außenansic­ht auf den „Anschluss“, wie Karner betonte.

Der Aufschrei blieb 1938 aus. Nur das ferne Mexiko, das übrigens die Spanische Republik mit Hirtenberg­er-Waffen unterstütz­e, protestier­te im Völkerbund schriftlic­h gegen das „Attentat“auf das Völkerrech­t. Frankreich, Großbritan­nien, die USA und die Sowjetunio­n fanden zwar scharfe Worte, die indes folgenlos blieben. De facto akzeptiert­en sie den „Anschluss“. Für Stalin gab es damals keine österreich­ische Nation. Der Ständestaa­t stand, so der Historiker Hannes Leidinger, spätestens 1936 mit der Achse Rom-Berlin, isoliert da in Mitteleuro­pa. Auch daraus lassen sich noch heute Lehren ziehen.

 ??  ?? Stefan Karner/ Peter Ruggenthal­er 1938 Der „Anschluss“im internatio­nalen Kontext
Leykam-Verlag 332 Seiten 29,90 €
Stefan Karner/ Peter Ruggenthal­er 1938 Der „Anschluss“im internatio­nalen Kontext Leykam-Verlag 332 Seiten 29,90 €

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