Kurz, Stöger, Hartinger-Klein: Ministeriumsaufträge in der Kritik
Bericht. Der Rechnungshof prüfte unter anderem die Islam-Kindergärten-Studie 2015 und die Kassen-Analyse 2016. Er fordert mehr Transparenz.
Wien. Der Rechnungshof (RH) hat sich mit den Beratungsleistungen der Ministerien befasst und seine Kritik daran am Freitag in einem Bericht veröffentlicht: Zwischen 2014 und Mitte 2018 haben die geprüften Ressorts, das Sozial- und das Außenministerium, Aufträge an externe Berater vergeben, obwohl im Haus das nötige Knowhow vorhanden gewesen wäre.
24 Vergaben und eine Förderung mit einem Vertragsvolumen von über 3,3 Millionen Euro hatte der Rechnungshof ausgewählt, 19 davon im Sozialministerium, sechs im Außenamt. Ergebnis: Die Prüfer empfehlen, den Bedarf an externen Leistungen vorab zu prüfen, den Auftragswert zu schätzen und zu dokumentieren. Pauschalentgelte sollten nur dann vereinbart werden, wenn bei Vertragsabschluss das Ausmaß der notwendigen Ressourcen klar absehbar ist. Und auch bei Direktvergaben sollten, um die Vorteile des Wettbewerbs zu nutzen, zumindest drei Angebote eingeholt werden.
Sozialministerium. Die 19 Vergaben des Sozialministeriums hatten ein Volumen von 2,9 Millionen Euro. 13 davon wurden direkt vergeben. Im Jahr 2016 etwa, unter Minister Alois Stöger (SPÖ), wurde die London School of Economics and Political Science (LSE) beauftragt, eine Effizienzanalyse des österreichischen Sozialversicherungssystems durchzuführen. Und zwar ohne Ausschreibung und ohne Vergleichsangebote. Die Auftragssumme umfasste – exklusive Umsatzsteuer – 630.000 Euro, ausbezahlt wurden schließlich 609.950 Euro (ebenfalls ohne Umsatzsteuer). Im August 2017 wurde die Studie schließlich vorgelegt, allerdings zu zwei Dritteln in englischer Sprache, was der Rechnungshof ebenfalls bemängelte.
Auch Stögers Nachfolgerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) holte fünf Tage nach ihrem Amtsantritt keine Vergleichsangebote für die gewünschte strategische Kommunikationsberatung ein. Das Unternehmen wurde Ende Dezember mündlich beauftragt. Die Tagsätze lagen zwischen 1480 und 2400 Euro, also im oberen Bereich der überprüften Beratungsleistungen. Der erste Auftrag verursachte Kosten in Höhe von 12.900 Euro (exklusive Umsatzsteuer).
Außenministerium. Im Außenministerium, das im Prüfungszeitraum vom heutigen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) geführt wurde und damals auch für die Integrationsagenden zuständig war, schlugen die fünf Aufträge und eine Förderung mit rund 380.000 Euro zu Buche. Alle waren Direktvergaben.
Die Evaluierung islamischer Kindergärten in Wien wurde im
Jahr 2015 mit 33.783 Euro (exklusive Umsatzsteuer) gefördert. Im Anschluss gab es Diskussionen, ob Studienautor Ednan Aslan (vom Institut für Islamische Studien der Universität Wien) von Mitarbeitern des Ministers inhaltlich beeinflusst worden sei. Der Rechnungshof sähe es daher gern, wenn künftig alle Studienfassungen wie auch wesentliche inhaltliche und redaktionelle Änderungswünsche des Ressorts nachvollziehbar dokumentiert würden. Zudem sollte bei derartigen Projekten im Vorfeld genau abgewogen werden, ob nicht eine öffentliche Auftragsvergabe vorzuziehen wäre.
Parlament. In beiden Ministerien stieß der Rechnungshof auf missverständliche Betragsdarstellungen und Formulierungen in der Beantwortung parlamentarischer Anfragen. In Zukunft sollten die Abgeordneten „umfassend“informiert werden. Positiv hoben die Prüfer hervor, dass beide Ressorts die jeweiligen Studienergebnisse auf ihren Websites veröffentlicht hatten. Überhaupt würde der Rechnungshof beim geplanten Informationsfreiheitsgesetz die ausdrückliche Verpflichtung zur Veröffentlichung von Studienergebnissen begrüßen. (pri/APA)