Das war’s dann wohl mit der Stabilitätspolitik
Frankreich will nach der Krise nicht mehr zum Stabilitätspakt zurück.
Die französische Regierung habe nicht die Absicht, nach Corona wieder zu den Regeln des derzeit ausgesetzten EU-Stabilitätspakts zurückzukehren, sagte der Europa-Staatssekretär der Grande Nation diese Woche. Da stellt sich zuerst die Frage: Wieso zurückkehren? Die haben die Stabilitätspaktregeln ohnehin nie eingehalten. Wie die meisten übrigen EU-Länder auch.
Auch Österreich beispielsweise hat kein einziges Mal alle Kriterien des Maastricht-Vertrags voll erfüllt. Konsequenzlos übrigens, denn geltendes EURecht hat – von Maastricht bis zu Dublin III – de facto den Status von unverbindlichen Empfehlungen. Womit ein nicht geringer Teil der aktuellen Probleme dieser Staatengemeinschaft erklärt ist.
Der auf den MaastrichtKriterien aufbauende Stabilitätspakt sollte die Euroländer zu einer soliden Haushaltspolitik zwingen. Dass er für die Zeit der Coronakrise und deren Nachwirkungen temporär aufgehoben wurde, ist plausibel. Dass jetzt große Mitgliedsländer ankündigen, nicht einmal zum Schein zu diesem Stabilitätsübereinkommen zurückkehren zu wollen, ist dagegen ein verheerendes Signal. Es ist die Abkehr von jeglicher Stabilitätspolitik.
Immerhin wird der Staatsschuldenstand der EU-Länder heuer im Schnitt die 100-Prozent-Marke überschreiten. Frankreich wird sogar auf die 120 Prozent zugehen. Bei solchen Schuldenständen ist eine nachhaltige Staatsfinanzierung auf Dauer nicht möglich. Es ist, wie das Münchener Ifo-Institut neulich in einer Analyse über die vergleichsweise äußerst soliden deutschen Staatsfinanzen festgestellt hat, eine Wette auf ewige Nullzinsen. Selbst kleine Zinserhöhungen bringen Staaten da schnell ins Wanken.
Ewige Nullzinsen sind aber unrealistisch. Die Münchener Wirtschaftsforscher meinen deshalb, es müsste nach der Krise recht kräftige Budgetüberschüsse geben. Das ist aber, siehe Frankreich, wenig realistisch. Wir tanzen offenbar weiter fröhlich zur Musik der TitanicKapelle und ignorieren das Leck einfach, das der Eisberg bereits geschlagen hat. Auch eine Strategie, wenn auch keine nachhaltige.