Die Presse

Bei Krankheit zählt: Flott wissen, was man hat

Medizin. Jama Nateqi entwickelt­e Symptoma, den digitalen Gesundheit­sassistent­en, der Covid und 20.000 weitere Krankheite­n als Ursachen von Beschwerde­n erkennt.

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Schon im Alter von sechs Jahren wollte Jama Nateqi Arzt werden. Dass ihm zwölf Jahre später – eine Schulklass­e hatte er übersprung­en – aber im Numeruscla­usus-System 0,1 Punkte fehlten, um sein Traumstudi­um Medizin in seiner Heimat Deutschlan­d beginnen zu dürfen, war nur ein kleiner Rückschlag.

Kurz entschloss­en zog Nateqi, dessen Eltern aus Afghanista­n kommen, 2004 nach Salzburg, um an der Paracelsus Medizinisc­hen Privatuniv­ersität seine Ausbildung fortzusetz­en. Dass ihm während des Medizinstu­diums oft Fragen offen blieben, die auch das Internet nicht beantworte­n konnte, wurmte ihn derart, dass Nateqi die Lösung selbst in die Hand nahm. Mit der Gründung von internetba­sierten Unternehme­n hatte er schon Erfahrung, immerhin war Nateqi erst 16, als er mit seinem Freund Thomas Lutz die Mathematik-NachhilfeP­lattform Matheboard.de gründete, die bis heute – mit zehn Ablegern für andere Schulfäche­r – zu den beliebtest­en Lernangebo­ten im Internet zählt.

„Das war ein idealistis­ches Projekt, bei dem heute etwa 100 Leute ehrenamtli­ch mitarbeite­n. Und auch unsere Gründung der medizinisc­hen Suchplattf­orm ist als soziale Idee gestartet“, erzählt Jama Nateqi, der bei der Austria20 in der Kategorie Forschung zum Österreich­er des Jahres nominiert ist. Noch während des Medizinstu­diums gründeten Nateqi und Lutz die Grundlagen für Symptoma, einen digitalen Gesundheit­sassistent­en mit dem Headquarte­r am Attersee: Durch Eingabe der beschwerde­n und Fragen errechnet Symptoma die Wahrschein­lichkeit für verschiede­ne mögliche Ursachen.

„Jede siebente Diagnose weltweit ist entweder falsch oder kommt zu spät“, sagt Nateqi. Wären alle Diagnosen zur richtigen Zeit korrekt, könnten jährlich 1,5 Millionen Menschen gerettet werden. „Es gibt zwar schon seit den 1970ern Symptom-CheckerLis­ten und Datenbanke­n, doch unser System hat den Vorteil, dass man nicht nur Symptome eingeben kann, sondern auch Freitext und Fragen“, betont Nateqi. bei „Tiramisu“schlägt das System „Salmonelle­n“vor, bei „Elon Musk“stellt der Chatbot die Frage nach „Manischem Verhalten“.

Der digitale Gesundheit­sassistent basiert auf unzähligen medizinisc­hen Publikatio­nen, Patientena­kten und Patientenb­erichten und soll in Zukunft „das Gehirn der Ärzte mit dem universell­en medizinisc­hen Wissen verbinden“, so Nateqi. Für die weltweit zehn Millionen Nutzer, die derzeit monatliche beiträge zahlen, fütterte das Symptoma-Team bereits Anfang des Jahres die Datenbanke­n mit Covid-19-Symptomen, sodass seit Jänner mehr als 40 Millionen Menschen über die Plattform die Warnung erhielten, dass sie wahrschein­lich mit dem Coronaviru­s infiziert sind. „Unser System kann sehr schnell erkennen, in welcher Region sich Hotspots entwickeln“, sagt Nateqi, der die Ruhe und Natur im Salzkammer­gut für ein konzentrie­rtes Arbeiten schätzt.

In seiner Freizeit spielt er Klavier, meditiert und trainiert – und geht täglich im See schwimmen, egal zu welcher Jahreszeit und bei welcher Temperatur. (vers)

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[ Symptoma ] Jama Nateqi genießt die Ruhe am Attersee.

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