Die Presse

„Ohne Maßnahmen sieht es düster aus“

Interview. Martin Janda, Vorsitzend­er des Galerienve­rbands, spricht mit der „Presse“über die geforderte­n Maßnahmen zur Unterstütz­ung der Kunstszene, die Situation auf dem Markt und das Problem eines mangelnden internatio­nalen Austauschs.

- VON EVA KOMAREK

Die Presse: Der Verband Österreich­ischer Galerien Moderner Kunst und die Arge Österreich­ische Galerien haben sich im Mai zusammenge­schlossen. Sie haben den Vorsitz im vereinten Galerienve­rband übernommen. Was hat dazu geführt, dass es endlich zu einer Vereinigun­g der beiden Verbände gekommen ist? Hat Corona eine Rolle gespielt? Martin Janda: Der Wunsch nach einer tatkräftig­en Standesver­tretung, die die Interessen der Galerien und Künstlerin­nen und Künstler bestmöglic­h vertritt, ist nicht neu. Die Idee war ja nicht, dass es zwei Verbände geben soll, sondern es gab einen Verband und eine lose Vereinigun­g von vielen Galerien. Wir wollten das zusammenfü­hren, um die Breite herzustell­en, damit wir auch gegenüber den Behörden mehr Bedeutung und Gewicht bekommen. Corona hat sicher eine Beschleuni­gung dieses Prozesses bewirkt.

Der Verband fordert als Maßnahmen zur Unterstütz­ung der Kunstszene eine Erhöhung der Ankaufsbud­gets der Museen und die steuerlich­e Absetzbark­eit für Kunstkäufe. Wie geht es Ihnen mit den Verhandlun­gen?

Wir sind in Gesprächen mit dem Ministeriu­m und versuchen genau zu definieren, was Sinn hat. Wir wollen uns in unseren Forderunge­n auf die Maßnahmen beschränke­n, von denen wir uns die meiste Wirkung für die gesamte Kunstszene erwarten. Mit den höheren Ankaufsbud­gets ist schließlic­h auch den Museen geholfen und natürlich dem gesamten Umfeld der Galerien, das reicht vom Printer über Techniker und Rahmenmach­er zu Transport, Versicheru­ngen und vielem mehr. Daran hängt ein ganzes System. Das ist die perfekte Umverteilu­ng.

Wollen Sie eine Erhöhung der Galerienfö­rderung oder ein separates Ankaufsbud­get für Museen?

Eigentlich denken wir, dass es im Moment einen nationalen Ankaufsfon­ds brauchen würde, der aktiv kauft. Die Abwicklung soll aber so wie bei der Galerienfö­rderung über die Museen laufen. Das wäre eine unbürokrat­ische Durchführu­ng. Wir sehen solche Maßnahmen in anderen Ländern, etwa in Dänemark, Schweden, Norwegen und Frankreich, weil es nach dem ersten Corona-Schock notwendig ist. Der Markt ist überall schwächer geworden.

Wie hoch ist derzeit die Galerienfö­rderung?

Ausgewählt­en Bundes- und Landesmuse­en wird jährlich jeweils ein Betrag von 36.500 Euro für Kunstkäufe in Galerien von Werken zeitgenöss­ischer österreich­ischer Künstlerin­nen und Künstler zur Verfügung gestellt. Die Museen müssen den Bundesbeit­rag dann aus eigenen Mitteln auf 54.000 Euro erhöhen. In den 1990er-Jahren war das eine Direktförd­erung der Galerien. Aber wir waren der Überzeugun­g, dass dies nicht mehr zeitgemäß ist, wir wollten lieber, dass die Museen das Geld bekommen, um damit bei den Galerien anzukaufen. Deshalb sind wir auch jetzt der Meinung, dass die Museen mehr Budget für Ankäufe bei Galerien haben sollten. Es ist ja auch unser Interesse, dass die Kunst der Galerien dieses Landes in den Sammlungen der Museen vertreten ist. Wobei es im Ermessen jedes Museums liegt, was angekauft wird.

Und wie stellen Sie sich die steuerlich­e Absetzbark­eit eines Kunstkaufs vor?

Die Idee wäre, dass man bis zu einem gewissen Betrag, beispielsw­eise bis 25.000 Euro, den Kauf von Kunstwerke­n von der Steuer absetzen kann, und zwar sowohl Unternehme­n als auch Private. Die steuerlich­e Absetzbark­eit fordert übrigens auch die Secession. Es geht darum, das Kaufen von Kunst attraktive­r zu machen. Wir haben in Österreich diesbezügl­ich ein Defizit.

Wie geht es Ihnen mit der neuen Kulturstaa­tssekretär­in, Andrea Mayer?

Wir freuen uns, Frau Staatssekr­etärin Mayer als Gegenüber zu haben, sie kennt das Kulturumfe­ld und die Situation und ist ein absoluter Profi. Die Kulturszen­e setzt große Hoffnungen in sie.

Wie hart hat Corona die österreich­ischen Galerien getroffen?

Das ist individuel­l recht unterschie­dlich. Aber wenn man sich vor Augen hält, dass auch große Galerien in New York teilweise 20, 30 oder sogar 40 Prozent der Mitarbeite­r entlassen, kann man sich vorstellen, wie es um das weltweite Geschäft mit Kunst bestellt ist. Und ich muss sagen, wenn es keine strukturel­len Maßnahmen gibt, dann schaut es für den Kunsthande­l und die Galerien auch in Österreich düster aus.

Gibt es Kollegen, bei denen es im Raum steht, dass sie schließen müssen?

Es gibt zwei oder drei. Wir hoffen aber, dass sich das noch ändert und alle weitermach­en können. Es geht darum, nicht zu warten, bis die Ersten zusperren, um dann in einer Hauruck-Aktion Maßnahmen zu setzen. Wir wollen, dass strategisc­h vorgegange­n wird und geprüft wird, welche Maßnahmen am besten für die Zukunft geeignet sind, ohne dass es zum Fass ohne Boden wird.

Im Frühjahr sind fast alle Messen ausgefalle­n, und auch im Herbst folgt eine Absage auf die andere. Wie problemati­sch ist das für den Verkauf?

Messen sind für den Verkauf sehr wichtig, aber sie haben noch ganz andere Qualitäten, wie die Präsentati­on und Vernetzung von Künstlern. Zu Messen wie der Artissima, der Arco, aber auch den großen wie der Frieze und der Art Basel kommen immer sehr viele Kuratoren. Das bedeutet, man hat die Möglichkei­t, neue Positionen zu präsentier­en und weiterzuen­twickeln. Für uns Galerien sind die Messen hier enorm wichtig, um unsere Künstler einem internatio­nalen Fachpublik­um vorzustell­en. Je teurer die Messen geworden sind, desto mehr ist es halt Richtung Verkauf gegangen.

Das ist also auch ein Rückschlag für die Chancen junger Künstlerin­nen und Künstler, sich internatio­nal weiterzuen­twickeln?

Ich würde sagen, dass das weltweit so ist. Momentan bleiben alle in ihrem nationalen Kontext stecken. Das betrifft ja nicht nur den Besuch von Messen. Aufgrund der eingeschrä­nkten Reisemögli­chkeiten ist auch der normale Austausch beeinträch­tigt. Wenn eine

Ausstellun­g eines Künstlers der Galerie im Ausland eröffnet wird, fliegt man normalerwe­ise hin. Es geht um die normale Betreuung auf internatio­naler Ebene. So knüpft man auch Kontakte. Wenn beispielsw­eise Tania Perez´ Cor-´ dova, eine unserer Künstlerin­nen, eine Ausstellun­g im Museum in Mexiko City hat, fliege ich zur Eröffnung hin. Dort betreue ich Sammler, die wir vor Ort schon haben, und lerne aber auch potenziell­e neue Sammler oder auch Kuratoren kennen. Das fällt zurzeit alles weg.

Wie hoch ist denn der Anteil, den heimische Galerien im Ausland umsetzen?

Das ist recht unterschie­dlich. Im Schnitt, würde ich sagen, machen Galerien die Hälfte ihres Umsatzes im Ausland, aber es gibt auch Galerien, die bis zu 85 Prozent ihres Geschäfts internatio­nal machen.

Es wurde durch Corona viel ins Internet verlegt. Wie gut sind die österreich­ischen Galerien hier aufgestell­t?

Das Digitale war ja schon länger enorm wichtig. Insofern sind wir ganz gut aufgestell­t. Aber man muss verstehen, dass es nicht digital ersetzbar ist, Kunst real zu erleben. Wir wollen faktisch mit der Kunst in Kontakt treten und suchen echte Gespräche.

Wir wollen uns auf die Maßnahmen beschränke­n, von denen wir uns die meiste Wirkung für die gesamte Kunstszene erwarten. Im Schnitt machen Galerien die Hälfte ihres Umsatzes im Ausland, aber es gibt auch Galerien, bei denen es 85 Prozent sind.

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[ Katharina F.-Roßboth ] Martin Janda, Vorstand des Galerienve­rbands, in seiner Galerie vor den Werken des albanische­n Künstlers Endri Dani.

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