Das neue Leben der Finanzämter
Hausgeschichten. Die Konzentration an einem Standort hat vielen einstigen Finanzämtern neue Bestimmungen beschert – als Wohngebäude, Office oder Stadtentwicklungsprojekt.
Wie drei Finger ragen die Türme des Projektes Triiiple am Donaukanal in Wien in die Höhe. Im kommenden Jahr soll das Waterfront-Projekt von Soravia und ARE fertiggestellt und die mehr als 500 Wohnungen sowie rund 670 MikroApartments in den über 100 Meter hohen Türmen bezogen werden. Dass sich an diesem Platz bis 2016 das alte Hauptzollamt befunden hatte, daran denken nur noch wenige. Ebenfalls abgerissen wurde das alte Finanzamt in der Nussdorfer Straße 90. An seiner Stelle steht heute ein Neubau mit 140 Wohnungen und Tiefgarage.
Kreativszene und Forschung
Doch nicht jedes Finanzamtsgebäude, das in den späten 2000erJahren aufgegeben wurde, hat dieses Schicksal erlitten. So residiert beispielsweise in den beiden sogenannten Brückenkopfgebäuden am Linzer Hauptplatz seit dem Vorjahr die Kunstuni Linz. Rund 28 Millionen Euro hat die Bundesimmobiliengesellschaft BIG in die rund vier Jahre dauernde Sanierung und Erweiterung der beiden markanten Gebäude, die ab 1940 errichtet worden waren, investiert. Die denkmalgeschützten Häuser sind ein typisches Beispiel für die Architektur der NS-Zeit: gebaut, um die Macht der Verwaltung zu betonen. Außen wuchtig und eindrucksvoll, innen durch die recht niedrige Raumhöhe aber weder besonders hell noch weitläufig.
Während das äußere Erscheinungsbild weitgehend unverändert blieb, wurden im Inneren, geplant von Architekt Adolf Krischanitz, umfassende Veränderungen vorgenommen: Beide Gebäude wurden um zwei eingeschoßige Glasaufbauten mit Aussicht über die Stadt erweitert. Weiters wurden je zwei neue Stiegenhäuser errichtet, die nun viel natürliches Licht ins Innere bringen und die Gebäude bis ins Dachgeschoß erschließen. Darüber hinaus wurden die Oberflächen saniert, die Haustechnik erneuert und die Statik ertüchtigt.
Die Kunstuni Linz ist nicht die einzige Universität, die ein vom Finanzministerium aufgegebenes Gebäude nützt: Gleiches gilt für die Universität für angewandte Kunst in Wien. Im Zuge ihrer Erweiterung wurde das, ebenfalls unter Denkmalschutz stehende, ehemalige Zollamt in der Vorderen Zollamtsstraße 7 für ihre Bedürfnisse adaptiert. Das in seinen ältesten Teilen spätbarocke ehemalige Palais Strozzi in der Wiener Josefstädter Straße hat eine besonders wechselvolle Geschichte hinter sich: Es fungierte nach seiner Zeit als Wohnpalais auch als Cholera-Notspital, Mädchenpensionat und von 1940 bis 2012 als Finanzamt, bevor 2015 das IHS (Institut für Höhere Studien) einzog.
Büros geblieben sind auch nach der 2019 abgeschlossenen Sanierung die Räume im früheren Finanzamt in der Kempfstraße 2–4 in Klagenfurt. Dabei wurde stark in das Gebäude eingegriffen: Das Haus wurde teilentkernt und generalsaniert, die gesamte Haustechnik sowie sämtliche Versorgungsstränge des Hauses wurden erneuert. Zudem wurde das Gebäude teilklimatisiert. Durch den Ausbau der bestehenden Liftanlage und Ergänzung durch einen zweiten Liftstrang ist nun das gesamte Bürohaus barrierefrei erschlossen.
Ämter und Wohnungen
Neue Mieter sind unter anderem das Berufliche Bildungs- und Rehabilitationszentrum (BBRZ) sowie das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV). Das Bürohaus in der Kempfstraße 2–4 ist nur eine von drei Liegenschaften, die mit der Zusammenlegung der Finanzstandorte im Finanzzentrum Klagenfurt frei geworden waren. Der „Salzburger Hof“in der Dr.-Herrmann-Gasse, die frühere Finanzlandesdirektion, wurde zwischen Oktober 2015 und Juni 2018 in drei Bauabschnitten saniert und ist ebenfalls neu vermietet. Der repräsentative Altbau aus dem Jahr 1885 birgt nun Büros. Zu den Bestandsmietern zählen aktuell das Arbeitsinspektorat, die Familienund Jugendgerichtshilfe, das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie das Bundesministerium für Inneres.
In Kürze wird nun auch dem früheren Standort der Großbetriebsprüfung in der Kempfstraße 27 neues Leben eingehaucht, es sollen 50 Mietwohnungen errichtet werden. Die Geschäftsräumlichkeiten im Sockelgeschoß waren im Wohnungseigentum vergeben, nun hat man sich mit den Eigentümern geeinigt.